Impression von der Knowledge 2024 (Bild: Kapi)

Die Partner- und Anwenderkonferenz "Knowledge" von Servicenow gilt als Flagschiff-Event für die IT-Service-Management-Industrie. Zur diesjährigen Veranstaltung pilgerten kürzlich über 20'000 Professionals nach Las Vegas, um die neuesten Ankündungen und Use-Cases live vor Ort mitzuerleben. Die wichtigsten Statements und Announcements werden nachfolgend nochmals zusammengefasst.

Im Zentrum der Knowledge 2024 standen logischerweise die Erweiterungen der Now-Plattform mit neuen generativen KI-Funktionen, die das Ziel verfolgen, die Arbeit für Mitarbeiter im Unternehmen durchgängig zu vereinfachen. Nach Meinung von Servicenow-Chef Bill McDermott wird künftig in jedem Unternehmen, in jeder Branche auf der ganzen Welt jeder einzelne Geschäftsprozess, jeder einzelne Arbeitsablauf mit generativer KI neu gestaltet.

Schon bei der letztjährigen "Knowledge" gab Servicenow in dieser Hinsicht erstmals eine Partnerschaft mit dem KI-Chip-Hersteller Nvidia bekannt und sprach darüber, wie sich generative KI auf Unternehmensabläufe auswirken würde. Im Oktover 2023 gab dann das vom ehemaligen SAP-Chef geführte Unternehmen die Lancierung des Now Assist-Tools bekannt, einer Konversationsschnittstelle, bei der die betrieblichen Informationen zusammenlaufen. Der Now-Assist kann Aufgaben erledigen, die bei der Erstellung von Low-Code-Apps helfen und die Arbeitsabläufe für Geschäftsbereiche wie IT, HR und Kundenservice automatisieren.

Generative KI auf allen Ebenen

Nun kündigte der Konzern mit Headquarters im kalifornischen Santa Clara eine massive Erweiterung seiner generativen KI-Funktionen an, einschließlich einer „Bring Your Own“-Modelloption (BYO), die nun in allen Now Assist-Portfolios verfügbar wird. Anwenderfirmen können dabei die Modelle und Allzweck-LLMs von Servicenow nutzen oder ihre eigenen Modelle in die Plattform einführen. Das neue "Bring Your Own" (BYO) LLM (Large Language Model) soll die KI-gesteuerten Transformationsreisen der Kunden weiter vorantreiben.

Für Entwickler führt Servicenow ausserdem neu zusätzliche GenAI-Funktionen wie Playbook-Generierung und App-Generierung im Köcher. Diese sollen die Entwicklung von Low-Code-Apps und digitalen Workflows in grossem Massstab beschleunigen, so das kalifornische Softwarehaus. Auch lancierte Servicenow Lösungen zur Generierung von Wissensartikeln, verfügbar in Now Assist für ITSM, CSM und HR Service Delivery. Diese sollen die Produktivität der Agenten durch schnelleren Wissensaustausch und Inhaltszusammenfassung steigern. Die generative KI erstellt hier automatisch Wissensartikel auf der Grundlage von Vorfall-/ Fallaufzeichnungen und Arbeitsnotizen. So fasst die in Now Assist für CSM verfügbare generative KI die Transkripte von Sprachanrufen zusammen, wenn ein Anruf endet, wodurch Zeit für Agenten gewonnen wird. Oder die in Now Assist für SPM enthaltene generative KI fasst das Feedback zusammen und analysiert und destilliert die Kommentare und Anfragen der Kunden, sodass Produktmanager Prioritäten schneller identifizieren und angehen können. Auch werden die Alarmgruppen als Teil von Now Assist für ITOM AIOps vereinfacht. IT-Teams erhalten Warnungen, die auf KI basieren, die Muster zwischen Vorfällen erkennt und so ein kontextbezogenes Bild davon liefert, was in allen Systemen und in der Infrastruktur passiert.

Mit Now Assist-Funktionen soll letztlich auch die Government Community Cloud (GCC) von Servicenow bedient werden und den Mitarbeitern des öffentlichen Sektors ermöglichen, das Kundenerlebnis zu verbessern und öffentliche Bedürfnisse schneller und effektiver zu erfüllen. Generative KI wird auch verwendet, um Katalogelemente auf Basis natürlicher Sprache zu erstellen. Und zwar mit dem Ziel, Entwicklern die Generierung einer kurzen Beschreibung und einer Reihe von Fragen mithilfe von Textaufforderungen zu ermöglichen (verfügbar in Now Assist for Creator).

Gemäss den Marktforschern von IDC (International Data Corporation) werden Unternehmen weltweit im Jahr 2024 voraussichtlich mehr als 40 Milliarden US-Dollar und bis 2027 mehr als 150 Milliarden US-Dollar für GenAI ausgeben. "GenAI ist eine einmalige Chance für Unternehmen. Allerdings ist KI nur so leistungsfähig wie die Plattform, auf der sie aufbaut. Servicenow bietet eine einzige KI-Plattform für die Geschäftstransformation, die genau auf diesen Moment zugeschnitten ist", rührt Jon Sigler, Senior Vice President of Platform and AI bei Servicenow, die Werbetrommel. "Wir haben eine der ehrgeizigsten GenAI-Roadmaps für Unternehmenssoftware und unsere Kunden sehen bereits einen erheblichen Nutzen aus ihren Now Assist-Implementierungen. Mit unseren neuesten Now Assist-Lösungen auf der Now-Plattform unterstützen wir Unternehmen dabei, die unternehmensweite Transformation voranzutreiben, damit sie ein neues Mass an Produktivität, Innovation und letztendlich geschäftlicher Wirkung erreichen können."

Mittlerweile durchdringt die Now-Plattform alle Abteilungen und integriert KI in die bestehenden Arbeitsabläufe von Unternehmen. Die Anwenderunternehmen hätten reagiert und Now Assist sei das am schnellsten verkaufte neue Produkt in der Geschichte von Servicenow, wurde auf der Knowledge verkündet. Wobei sich die GenAI-Strategie von Servicenow auf die Wahlmöglichkeiten und Flexibilität der Kunden fokussiere. Darauf ziele man eben auch mit der Ankündigung von "Bring Your Own" (BYO) LLM, das in allen Now Assist-Portfolios verfügbar sei. Mit BYO LLM könnten Unternehmen ihre KI-gesteuerte Transformation an ihre individuellen Bedürfnisse anpassen und hätten die Wahl und Flexibilität, entweder Servicenow-LLMs, ihre eigenen LLMs oder Allzweck-LLMs zu verwenden, heisst es.

Partnerschaften

Servicenowe kündigte im Rahmen der Knopwledge 2024 auch neue Partnerschaften und Kooperationen an. So etwa eine enge Zusammenarbeit mit Fujitsu im Bereich Healthcare und OT. Oder aus der bereits bestehenden strategischen Partnerschaft mit Nvidia sollen auf Now Assist basierende, interaktive Echtzeit-Avatare entstehen, die Nutzern eine zusätzliche Option für die Kommunikation mit virtuellen Agenten bieten sollen. Für viele Partner und Anwenderfirmen stand das Announcement der Integration des GenAI-basierten "Now Assist" mit Microsofts Copilot im Mittelpunkt. Das Produktivitätstool soll es Benutzern künftig ermöglichen, mithilfe von Daten in Microsoft 365 Echtzeiteinblicke zu gewinnen. "Mit der kombinierten Leistung von Now Assist und Microsoft Copilot bringen wir das Beste aus beiden Welten zusammen, um die Art und Weise zu verändern, wie wir arbeiten", konstatierte CJ Desai, President and Chief Operating Officer von Servicenow. Und Rajesh Jha, Executive Vice President of Experiences and Devices bei Microsoft, kommentierte: "Die nahtlose Integration unserer KI-gestützten Assistenten wird dazu beitragen, die Mitarbeiter- und IT-Produktivität zu steigern, Kontextwechsel zu reduzieren und die Ausführung alltäglicher Arbeitsaufgaben zu erleichtern, was den Wert der Technologieinvestitionen unserer Kunden steigert."

Copilot werde beispielsweise gemäss Desai in der Lage sein, Mitarbeiteranfragen an Now Assist in Microsoft Teams für Aufgaben wie die Lösung von Kundensupportproblemen oder die Verbindung mit Live-Agenten weiterzuleiten. Mithilfe von Kontextdaten aus Microsoft 365, einschliesslich E-Mails, Kalendern und Dateien, liefert Now Assist ausserdem Antworten auf Fragen von Benutzern und empfiehlt weitere Massnahmen. Die Integration soll ab Herbst 2024 allgemein verfügbar sein. Viele Anwenderunternehmen und vor allem aber auch Partner sahen in dieser Bündelung der GenAI-Kompetenz des Now Assist mit Microsofts Copilot das wohl wichtigste Announcement der diesjährigen Knowlege.

Schweizer Partner

An der Knowledge 2024 war auch die Schweiz gut vertreten. Über 80 Anwenderunternehmen und Partner nahmen daran teil. So etwa Terrence Schweizer, CDO (Chief Digital Officer) und Mitglied der Geschäftsleitung von Bithawk, mit einem mehrköpfigen Team. Die Digitalisierungsfirma Bithawk ist schwerpunktmässig auf Consulting, Engineering und Operations von IT-Infrastrukturen sowie IT- und Enterprise Service Management Lösungen ausgerichtet. Insgesamt beschäftigt das Unternehmen mit Hauptsitz in Sursee und weiteren Standorten in Basel und Winterthur 230 Mitarbeitende. Da bei Bithawk, das sowohl Kunde als auch Partner von Servicenow ist, seinen Schwerpunkt im Bereich der künstlichen Intelligenz auf Lösungen von Microsoft und Servicenow gesetzt hat, sieht Terrence Schweizer in der Verschränkung des Now Assists von Servicenow mit Microsofts Copilot eine für sein Unternehmen zentrale Ankündigung, die im IT-Business völlig neue Möglichkeiten eröffne. Da hier zwei verschiedene Arten von Künstlicher Intelligenz zusammenkämen, entstehe für die entsprechenden Kundenunternehmen ein additiver Nutzen.

Auch Christian Tübing, Gründer und Geschäftsführer der in Zug domizilierten Arctive, war mit mehreren Angestellten in Las Vegas vor Ort. Tübing hat im Zuge seiner Laufbahn bereits einige Startups aus der Taufe gehoben und zum Erfolg geführt und ist eigenen Angaben zufolge der erste Partner von Servicenow nicht nur in der Schweiz sondern im gesamten deutschsprachigen Raum. Er war auch schon bei der ersten „Knowledge“ dabei, die 2007 in San Diego stattfand. Damals sei die Knowledge von gerade einmal 260 Kunden und Partner besucht worden. Der Vergleich mit heute demonstriert eindrücklich den rasanten Aufstieg der kalifornischen Software-Perle, die dieses oder nächstes Jahr unter die Top 10 der grössten Softwareentwickler vorstossen wird. Die Applikationen von Arctive erweitern die Technologie von Servicenow und liefern den Kunden Tools, welche die Funktionalität der Anwendungs (-oberfläche) vereinfachen und ergänzende Bausteine für das Projektmanagement und die Automationen auch innerhalb des Service Portals gewährleisten sollen. Ein Vorzeigeprojekt ist dabei das sogenannte „NoCode PDF“, das Arctive für die SBB entwickelt hat. Dabei handelt es sich um eine integrierte und von Servicenow zertifizierte Lösung, die es auf einfache Weise erlaubt, Vorlagen aus dem Kundenfall heraus zu erstellen und diese mit Daten aus dem CSM zu befüllen um Dokumente wie Briefe per Knopfdruck als PDFs zu erzeugen und im Kundenfall vom CSM als Anhänge und in der Übersicht der Briefe zu speichern oder weiterzuverarbeiten. Dieses „NoCode PDF“ bietet Arctive auch auf dem globen App-Store von Servicenow an.

Auswirkungen auf Arbeitsplätze

Im Rahmen der Knowledge ging Bill McDermott während seiner Keynote auch auf die Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen von KI auf die Arbeitsplätze ein. „Es lässt sich nicht leugnen, dass KI die Art unserer Arbeit grundlegend verändern wird, insbesondere für Arbeitnehmer, die viel Zeit mit der Ausführung prozessbasierter Aufgaben verbringen,“ so der Servicenow-Chef. Dabei hat er aber auch auf einen Artikel des Time Magazine aus dem Jahr 1966 verwiesen, in dem behauptet wurde, dass mit dem Aufkommen von Computern 90 Prozent der Arbeitsplätze verschwinden würden, dass leitende Angestellte die einzigen sein würden, die noch Arbeit hätten, und dass der Staat die Arbeitnehmer künftig subventionieren müsse. Zu den Parallelen zu heute meinte McDermott: „Machen Sie sich darüber keine Sorgen. Heute, 90 Millionen Arbeitsplätze später allein in den Vereinigten Staaten, verändert die Technologie die Weltwirtschaft und wir stehen erst am Anfang. Dieser stehen gerade mitten in einer globalen Renaissance der Innovation. Wir stehen an der Schwelle zu etwas wirklich ganz Grossem.“

Terrence Schweizer, CDO (Chief Digital Officer) und Mitglied der Geschäftsleitung von Bithawk (Foto: Kapi)
Terrence Schweizer, CDO (Chief Digital Officer) und Mitglied der Geschäftsleitung von Bithawk (Foto: Kapi)
Christian Tübing, CEO und Gründer von Arctive (Bild: Kapi)
Christian Tübing, CEO und Gründer von Arctive (Bild: Kapi)