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Seit vergangenem Jahr bieten Achim Dannecker und Hanspeter Knechtli, Dozenten an der Hochschule für Wirtschaft der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW, im Bachelor für Betriebsökonomie einen neuen Kurs an. Er soll die Lücke zwischen dem erlernten Fachwissen und der konkreten Anwendung in Unternehmen schliessen. ICTkommunikation befragte die beiden Dozenten zum neuen Lehrangebot.

Um was geht es bei Ihrem Kurs „IT als Business Enabler“ konkrete und was unterscheidet ihn von vergleichbaren Lehrangeboten?

Hanspeter Knechtli: In diesem Kurs nehmen die Studierenden die Rolle von Mitarbeitenden in einem Startup-Unternehmen (KMU) mit drei Abteilungen ein, das über einen Online-Shop Produkte der Informationstechnik (IT) und Unterhaltungselektronik vertreibt. Die Kernkompetenz des Handelsunternehmens liegt in der optimalen Nutzung der IT. Die Studierenden werden mit Businessanforderungen aus Sicht der Fachabteilungen konfrontiert und müssen diese umsetzen. Die Studierenden erarbeiten ihre Lösungen im Team und bringen ihre Projekte Schritt für Schritt weiter ¬- genau wie im echten Arbeitsleben.

Was ist dabei die Rolle der Dozierenden?

Achim Dannecker: Das Wissen, das die FHNW-internen und -externen Dozierenden zu den einzelnen Themen vermitteln, beruht auf den Erfahrungen, die sie in ihrer Berufspraxis sowie bei Beratungsmandaten machen. Aus diesen Erfahrungen leiten sich die Projektaufgaben der Studierenden ab. Dies hat zur Folge, dass die in Projektteams organisierten Studierenden sich nicht nur die spezifischen Inhalte, Konzepte und die Methoden aneignen, sondern auch gleich lernen, wie sie extern eingebrachtes Know-how in ihr Unternehmen überführen und nutzen können.

Was sind die Lernziele des Lehrgangs?

HK: Der Wissenstransfer des Erlernten in die Praxis findet praktisch in Echtzeit statt. Wir schliessen die Lücke zwischen dem erlernten Know-how und der konkreten Anwendung in einem Unternehmen. Da der Kurs die Teilnehmenden von Anfang intensiv in die Pflicht nimmt und sie innerhalb des Teams ihren Platz einnehmen müssen, sind sie von Beginn an involviert - und motiviert. Wir sprechen hier Studierende an, die überdurchschnittlich gefordert sein und sich überdurchschnittlich engagieren wollen.

AD: Unser Ziel ist, dass die Absolvierenden dieses Kurses in Unternehmen praktisch von Anfang an produktiv und kollaborativ arbeiten können; dass sie InpulsgeberInnen für innovative Projekte und in der Lage sind, in interdisziplinären Unternehmensprojekten aktiv mitzuarbeiten.

Sie haben den Lehrgang im September letzten Jahres lanciert. Wie lautet das bisherige Fazit?

AD: Wir sind sehr gut unterwegs. Uns freut es, wie deutlich sich der Wert und der Nutzen der Kollaboration abzeichnen. Im Unterschied zu anderen Veranstaltungen fordern wir nicht, dass alle dokumentieren, präsentieren und eine Sitzung leiten müssen. Die Teammitglieder können ihre Rollen ihren Stärken entsprechend festlegen. Aber sie müssen sie aushandeln, ein hohes Mass an Sozialkompetenz ist dabei gefragt. Und was am Schluss zählt, ist die Gesamtperformance als Team.

HK: Da verschiedene Leute gemeinsam an einem Projekt arbeiten, sind zum Beispiel Deadlines absolut verbindlich. Eine gute Kommunikation untereinander ist hierzu die Voraussetzung. Wir beobachten, dass der grösste Sprung beim Wissenszuwachs in der Zeit des gruppenindividuellen Coachings durch uns Dozierende erfolgt; denn darauf bereiten sich die Teams eingehend vor und formulieren ihre Probleme und Fragen aus, um vom Coaching optimal profitieren zu können.

Gibt es auch Punkte, die kritisch sind? Wo Sie sagen, das müssen wir ändern?

AD: Am Anfang gab es einige infrastrukturelle Schwierigkeiten, etwa mit der Kollaborationsplattform, unter anderem weil das Ganze auch für uns komplett neu war. Aber das war vergleichsweise schnell bereinigt.

HK: Und dann muss man sagen, dass der Aufwand für uns als Kursleiter enorm ist: die Koordination, das Coaching, die Feedbacks etc. Aber das wussten wir von Anfang an und das können respektive wollen wir nicht ändern. Die Studierenden profitieren davon; der Output und die Feedbacks der Studierenden geben uns Recht.

Dann machen Sie also weiter?

AD: Auf jeden Fall. Wir erhalten viele positive Rückmeldungen von Studierenden, aber auch von den Unternehmen, denen wir den Kurs vorstellen.

HK: Unser Ziel ist es, uns künftig noch stärker mit den Unternehmen zu vernetzen. Wir wollen, dass diese erkennen, dass Absolvierende dieses Kurses ein Alleinstellungsmerkmal besitzen und über die Expertise verfügen, innovative Projekte anzustossen und im Team erfolgreich durchzuführen.

Am selben Strick ziehen
Ich interessiere mich schon länger für Informatik-Themen. Als dann der Minor "IT als Business Enabler" zum ersten Mal angeboten wurde, meldete ich mich an. Einige meiner Freunde haben einen ökonomischen Hintergrund und arbeiten z.B. in einer Bank. Sie bestätigten mir, dass das im Kurs vermittelte Knowhow ungemein wertvoll für die Arbeit in der Berufswelt ist: z.B. Projektmanagement-Methoden und -Tools, Wissens- und Prozess-Management. Zudem ist es ein Gewinn, Fragen in Unternehmen aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten, eine vernetzte Sicht auf eine Aufgabenstellung zu haben. Mein Hauptfach ist Financial Management; da sind die Aspekte des Minors eine wunderbare Ergänzung.
Im Kurs bearbeiten wir im Laufe der beiden Semester vier Projektaufträge im Team. Die Projektleiterin/der Projektleiter wechselt jeweils, damit nicht immer dieselben Personen die Hauptverantwortung tragen. Ich erachte es bei der Teamarbeit vor allem als wichtig, dass alle Mitglieder involviert sind und am selben Strick ziehen. Nur so geht es vorwärts. Ich empfehle eine Teilnahme jenen Studierenden, die in diesem Kurs ebenfalls einen Mehrwert für ihr künftiges Berufsleben sehen.
(Adrian Hottiger, Bachelor Betriebsökonomie. 6. Semester)

Optimaler Einstieg ins Berufsleben
Die Anforderungen im Kurs sind hoch. Mir wurde die Funktion der Projektleiterin eines Teams übertragen. Wir bekamen den Auftrag, einen Firmenanlass zu organisieren, dabei hatte jedes der drei Teams eine unterschiedliche Aufgabe: Ein Team musste Keynote-Speakers suchen und verpflichten, ein anderes organisierte deren Betreuung und Unterkunft. Schliesslich ging es darum, eine Gesamtkoordination vorzunehmen. Es war nicht leicht, die Teilprojekte termingerecht zusammenzuführen. Nicht alle Teams hatten dabei dieselben Vorstellungen von Kollaboration.
Ein weiterer Auftrag umfasste das Wissensmanagement im Unternehmen. Welches Wissen ist wo im Unternehmen vorhanden? Wie kann es zusammengeführt, zugänglich und nutzbar gemacht werden? Mein Hauptfach ist Marketing. Zu wissen, wie man so etwas angeht, ist für mich sehr wertvoll. Auch Kundinnen und Kunden erzeugen Wissen, mit dem sich ein Unternehmen auseinandersetzen sollte. Das Ziel des Minors ist ja, dass man realistische Fragestellungen bearbeitet und somit optimal auf den direkten Einstieg ins Berufsleben vorbereitet ist. Ich denke, dass das funktioniert: Mit diesen Erfahrungen kann man sich in einem Unternehmen praktisch von Anfang an gut einbringen.
(Vanessa Rolli, Bachelor Betriebsökonomie. 6. Semester)

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Im Kurs von Achim Dannecker (l.) und Hanspeter Knechtli (r.) übernehmen die Bachelor-Studierenden die Rolle von KMU-Mitarbeitern (Foto: Darjan Hil)
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Vanessa Rolli, Bachelor Betriebsökonomie. 6. Semester