Von August 2019 bis Februar 2020 war die Arge "ITA-AIT-Parlament" durch das österreichische Parlament beauftragt, den Sachstand zu möglichen gesundheitlichen Risiken elektromagnetischer Felder des Mobilfunks mit besonderem Fokus auf die neue Generation des Mobilfunks "5G" in einer Kurzstudie zu erheben und zusammenzufassen. Diese liegt nun vor und verweist auf fehlenden Konsens der Risikobewertung und ortet weiteren Forschungsbedarf sowie die Notwendigkeit von neuen Formen des Dialogs über Unsicherheiten und Risiken von 5G.

Die vom Institut für Technikfolgen-Abschätzung (ITA) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) federführend durchgeführte Studie hatte zum Ziel, den Stand der Diskussionen bezüglich 5G auf Ebene relevanter internationaler wie nationaler wissenschaftlicher Gremien zu erheben. Die Autoren geben zu bedenken, dass es sich bei "5G" um einen Sammelbegriff handelt, der unterschiedliche Aspekte variabel kombiniert. Zudem sind derzeit wesentliche Eckdaten der mittel- bis langfristigen Implementierung von 5G-Technologie (Frequenzbereiche, Versorgungsinfrastrukturen oder Einsatzgebiete) noch sehr unklar, weshalb Aussagen über die Auswirkungen nur sehr begrenzt möglich sind. Wichtig erscheint ihnen, das Wissen über die Wirkungen von 5G laufend zu erweitern. Bei der Implementierung der Technologie könne man sich auf ein breites Spektrum von Handlungsoptionen stützen, um mit möglichen Risiken umzugehen bzw. sie so weit wie möglich zu vermeiden. Diese sollten von den beteiligten Akteuren berücksichtigt werden.

Zentrale Befunde zur Diskussion um 5G

Die vorliegende Studie kommt auf Basis der untersuchten Beiträge zur Mobilfunktechnologie und insbesondere 5G zu zentralen Befunden, die den derzeitigen Diskussionsstand um 5G kennzeichnen: So bestehen derzeit noch große Unterschiede der Risikobewertung seitens der einschlägigen Gremien, ein Konsens ist nicht absehbar. Einigkeit besteht jedenfalls darüber, dass akute, kurzfristige, individuelle Effekte für 4G unwahrscheinlich sind. Festzustellen ist laut der Studie jedoch ein nach wie vor breites Spektrum an Risikohypothesen für den Mobilfunk allgemein. Dessen elektromagnetische Felder wurde 2011 etwa durch ein anerkanntes Gremium als "potenziell krebserregend" eingestuft. Was die Risikohypothesen speziell zu 5G betrifft, so scheinen Wirkungen auf Augen, Haut und kleine Organismen möglich. Festgehalten wird weiter, dass es zu diesen Fragen noch große Wissenslücken und Unklarheiten gibt und dass daher weiterer Forschungsbedarf insbesondere zu 5G besteht.

Es zeigt sich auch Übereinstimmung darüber, dass sich die reale Expositionssituation der Bevölkerung durch die zunehmende Allgegenwart elektronischer Geräte (vom Babyphone über Kinderspielzeug bis hin zu Mobiltelefonen, Smart Metern, selbst-fahrenden Autos und dem Internet-of-Things) mit unterschiedlichsten Strahlungsimmissionen aus einer Vielzahl von Quellen weiter komplizieren und verschärfen wird. In der Diskussion über 5G zeigt sich auch eine Übereinstimmung bezüglich der allgemeinen Notwendigkeit vorsorgender Maßnahmen und einer verbesserten Risikokommunikation. Bezüglich der Art der empfohlenen vorsorgenden Maßnahmen herrscht hingegen Uneinigkeit.

Derzeit kein Konsens bezüglich des gesundheitlichen Risikopotenzials von 5G

Die Autoren der Studie kommen zu dem Schluss, dass derzeit keine eindeutige und konsensuale Feststellung des gesundheitlichen Risikopotenzials bezüglich etablierter Mobilfunkstrahlung absehbar ist. In Bezug auf 5G erscheint eine robustere Evidenzsituation zudem als nicht absehbar oder sogar unwahrscheinlich, da dafür anspruchsvolle Studien notwendig wären bzw. fehlen. Die Studienautoren empfehlen die Berücksichtigung eines möglichst breiten Spektrums an Handlungsoptionen in der evidenzbasierten weiteren Diskussion von Governance-Strategien und weisen zuerst auf die Anwendung von Schutzprinzipien der "umsichtigen Vermeidung" ergänzend zu bestehenden Grenzwertsetzungen hin. Geachtet werden müsse auch auf die Formulierung spezifischer Leitlinien im Kontext von Sendeanlagenbau des technischen Designs von Endgeräten und in der Gestaltung der Grundversorgungsinfrastruktur.

Angesichts des derzeitigen Wissensstandes seien weitere unabhängige, nationale und internationale Forschung in höchster Qualität zur Gewährleistung möglichst robuster Evidenz nötig sowie größere Klarheit und eine gezieltere Kommunikation zu den technologischen Details aller geplanten Ausbaustufen sowie zu den tatsächlich zu erwartenden Anwendungsbereichen und Expositionssituationen von 5G. In diesem Zusammenhang müsse man auch neue Wege der Unsicherheits- und Risikoinformation suchen. Zu berücksichtigen sei dabei, dass die Anwendung der neuen Technologie vor dem Hintergrund einer nicht endgültig auflösbaren Unsicherheit, Widersprüchlichkeit und Kontroversialität erfolgt. Daher gelte es, neue Wege für den Unsicherheits- und Risikodialog einzuschlagen, da ein hoher Bedarf an Austausch von Seiten unterschiedlicher Stakeholder bestehe.

Gleichzeit wird das Fehlen unabhängiger Institutionen für die Organisation und Moderation eines solchen inter- und transdisziplinären Austausches in Österreich konstatiert. Die Studie empfiehlt daher eine Evaluierung des bestehenden Risiko-Governance-Systems, z. B. in Hinblick auf die institutionelle Trennung und die Legitimationskriterien von Bewertung, Empfehlung, politischer Entscheidung und Management. Die gewonnenen Erkenntnisse können nun im Ausschuss für Forschung, Innovation und Digitalisierung mit der zuständigen Ministerin beraten werden.

Die Studie zu "5G und Gesundheit" ist auf der Website des Parlaments abrufbar:

www.parlament.gv.at/SERV/STUD/FTA/Einzelstudien/index.shtml



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