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Das enorme Human-Resources-Potenzial von Facebook weckt bei Recruitern starke Begehrlichkeiten. Aber wie lassen sich die richtigen Profile ausfindig machen, wie Kontakte knüpfen? Facebook bietet durchaus Möglichkeiten – allerdings muss man dazu anders vorgehen als bei Xing oder Linkedin.

Rund 1,4 Milliarden aktive Nutzer zählt Facebook heute. Das enorme Potenzial dieses Profil-Pools weckt selbstverständlich Begehrlichkeiten verschiedenster Art. So versuchen etwa sowohl Unternehmen als auch externe Recruiter, dieses umfangreiche Reservoir an potenziellen Arbeitskräften für die Suche nach geeignetem Personal anzuzapfen.

Um auf Facebook nach potenziellen Kandidaten Ausschau zu halten und Mitarbeiter über diesen Kanal zu rekrutieren, existieren verschiedene Ansätze: Die einen suchen mittels Social Graph nach passenden Kandidaten, andere erstellen eine eigene Fanpage, um sich als authentische Arbeitgeber zu präsentieren. Wieder andere schalten Werbeanzeigen, um ihre Bekanntheit zu steigern, oder sie nutzen Facebook-Gruppen für den Austausch mit potenziellen Kandidaten. Schliesslich wagen einige selbst die Direktansprache von potenziellen Kandidaten. Während das alles theoretisch in der Theorie für die Personalgewinnung sehr attraktiv klingt, stellt sich die Realität doch etwas schwieriger dar.

Wie lautet die korrekte Ansprache von Alice im Wunderland?

In der Tat gilt es bei der Rekrutierung über Facebook, die speziellen Eigenschaften des sozialen Netzwerks zu beachten:
Facebook ist primär ein privates Netzwerk. Sein Schwerpunkt liegt nicht auf Beruf und Karriere wie beispielsweise Xing oder Linkedin, im Vordergrund stehen vielmehr das Privatleben und das soziale Umfeld seiner Mitglieder. Hier werden Urlaubsfotos hochgeladen, um sie mit Freunden zu teilen, lustig-kreative Profilbilder hinterlegt.
Benutzer ersetzen ihren echten Namen oftmals durch Abkürzungen oder einen Kosenamen. Dies erschwert eine professionelle Ansprache. Wie soll ein Recruiter etwa jemanden ansprechen, der "Alice im Wunderland" heisst? Hallo Alice? Hallo Alice im Wunderland? Sehr geehrte Frau Alice im Wunderland? Kann er überhaupt sicher sein, dass es sich bei dem Besitzer des Profils um eine Frau handelt? Soll man der professionellen Ansprache treu bleiben oder auf das Du setzen und damit möglicherweise einen Bruch in der gesamten Unternehmenskommunikation begehen? Unternehmen und Marken haben meistens eine einheitliche Aussendarstellung und Reputation – ein Image, das berücksichtigt werden muss.

Die Anfrage landet im "Sonstiges"-Postfach

Die Privatsphäre-Einstellungen erlauben es den Mitgliedern zudem, für Personaler relevante Informationen wie den aktuellen Arbeitsplatz, Interessen und persönliche Vorlieben für Nichtkontakte unsichtbar zu machen. Wenn man aber weder den echten Namen weiss, noch einen Aufhänger hat, auf den man sich in seiner Nachricht beziehen kann, wird es schwierig, ein professionelles Anschreiben zu verfassen.
Die Kontaktaufnahme zu potenziellen Kandidaten, mit denen der Recruiter nicht befreundet ist (voraussichtlich der Normalfall), wird durch eine neuere Einstellung von Facebook zusätzlich erschwert: Nachrichten von Nichtkontakten werden von der Message-Funktion automatisch nur noch im "Sonstiges"-Postfach angezeigt – eine separate Ablage, die nur innerhalb der Desktop-Ansicht einzusehen ist. Aktuellen Zahlen zufolge greifen aber mittlerweile über 399 Millionen User ausschliesslich per Smartphone oder Tablet auf Facebook zu, Tendenz steigend. Die Zahl der reinen Desktop-Nutzer nimmt hingegen weiter ab.

Dienstleistungen statt Personalsuche

Ein aktives Sourcing ist aus den eben genannten Gründen also kaum durchführbar. Trotzdem gibt es für Rekrutierende Möglichkeiten, Facebook für die eigenen Zwecke zu verwenden, um potenzielle Bewerber zu erreichen und Kandidaten einen Mehrwert bieten zu können – Dienstleistungen anstelle von Personalsuche also. Eine Idee ist etwa die Einrichtung eines "Karriere-Chats", der es den Kandidaten erlaubt, Fragen rund um Bewerbung und Karriere zu stellen. So tritt man mit seinen Kandidaten in einen Dialog und baut eine Beziehung zu ihnen auf. Daraus entsteht ein für beide Seiten interessanter und gewinnbringender Austausch.

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Facebook aktiv für die Personalsuche zu nutzen, ist in der Praxis sehr schwierig. Eine Möglichkeit wäre die Einrichtung von \"Karriere-Chats\" (Bild: ict)
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Gastkommentator Dominik Rainer, Department Manager Permanent IT, Hays (Schweiz) AG