Symbolbild: Pixabay/Omegamind01 (KI-generated)

Die Einführung von Künstlicher Intelligenz (KI) in die Beschaffungsprozesse verändert zunehmend die Einkaufsstrategien von Unternehmen in der Schweiz. Insbesondere grosse Unternehmen setzen bereits verstärkt auf KI-Technologien, um ihre Abläufe zu optimieren, während kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) oft noch zögerlicher agieren. Eine Studie aus dem Jahr 2023* zeigt jedoch, dass der Anteil der Unternehmen, die KI in ihren Geschäftsprozessen einsetzen, innerhalb eines Jahres um 36 Prozent gestiegen ist. Dies unterstreicht das wachsende Potenzial, das KI für die Digitalisierung und Effizienzsteigerung in der Beschaffung bietet.

Patrick Sommer, Head of Consulting bei CNT Management Consulting Schweiz

Trotz dieser positiven Entwicklung bleibt die flächendeckende Implementierung von KI, insbesondere bei KMUs, eine Herausforderung. Häufig fehlen die finanziellen Mittel oder das technische Know-how, um das volle Potenzial der Technologie zu nutzen. Gleichzeitig wird jedoch deutlich, dass Unternehmen, die frühzeitig in den Ausbau ihrer digitalen Infrastruktur und in die Weiterbildung ihrer Mitarbeitenden investieren, langfristig von einer effizienteren Beschaffung und entscheidenden Wettbewerbsvorteilen profitieren können. Diese Vorteile erstrecken sich nicht nur auf die Effizienz der Lieferketten, sondern auch auf deren Nachhaltigkeit – ein Bereich, der in Zukunft zunehmend weiter an Relevanz gewinnen wird.

Mehr Effizienz und weniger Emissionen

Eines der wohl bedeutendsten Anwendungsfelder für Künstliche Intelligenz (KI) in der Lieferkette ist der Aspekt der Nachhaltigkeit. Denn KI kann die Bedarfsplanung erheblich verbessern, indem sie präzise Vorhersagen über den Materialbedarf trifft und so Überproduktion vermeidet. Dies führt nicht nur zu einer effizienteren Nutzung von Ressourcen, sondern minimiert auch Abfall und senkt die Kosten.
Auch im Transportsektor bietet KI durch optimierte Routenplanung erhebliche Einsparpotenziale. Algorithmen analysieren Echtzeitdaten zu Verkehr, Wetter und anderen Faktoren, um die effizientesten Routen zu berechnen. Das erlaubt eine signifikante Reduktion des Kraftstoffverbrauchs und der CO2-Emissionen, was nicht nur den ökologischen Fussabdruck der Unternehmen verringert, sondern auch ihre Betriebskosten optimiert.
Darüber hinaus ermöglicht die intelligente Steuerung von Flotten, den Energieverbrauch in Echtzeit zu überwachen und zeitgleich zu analysieren. KI-Systeme können Muster im Energieverbrauch identifizieren und Empfehlungen zur Reduzierung von Kosten und Emissionen geben. Die Integration von KI in das Flottenmanagement unterstützt auch die Wartungsplanung, indem sie frühzeitig auf potenzielle Probleme hinweist und so Ausfallzeiten minimiert. Insgesamt trägt die Integration von KI-gesteuerten Ansätzen zu einer nachhaltigeren und effizienteren Lieferkette bei, indem sie nicht nur ökologische Ziele fördern, sondern auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Unternehmen stärken.

Effektive Risikoanalyse durch KI

Neben der Effizienzsteigerung und der Reduktion von Emissionen, spielt KI auch eine zentrale Rolle im Bereich der Risikoanalyse. In der heutigen globalisierten und dynamischen Wirtschaft stehen Unternehmen vor der Herausforderung, komplexe Risiken in ihren Lieferketten effektiv zu managen. Denn die globale Vernetzung und Komplexität moderner Lieferketten machen sie anfällig für diverse Gefahren – von Naturkatastrophen über geopolitische Instabilitäten bis hin zu wirtschaftlichen Schwankungen. KI bietet hier grosse Vorteile, indem sie grosse Datenmengen verarbeitet und Muster erkennt, die auf potenzielle Gefahren hinweisen. Durch die Analyse von Echtzeit-Daten aus Quellen wie Wetterberichten, politischen Nachrichten, Finanzdaten und Lieferantenbewertungen können Unternehmen Unsicherheiten proaktiv identifizieren und managen.

Eine der zentralen Anwendungen von KI in der Risikoanalyse ist die sogenannte Predictive Analytics. Diese ermöglicht es Unternehmen, drohende Störungen oder Engpässe in der Lieferkette vorherzusagen. Durch die ständige Überwachung von Datenströmen kann KI beispielsweise erkennen, wenn gesellschaftliche Spannung, handelsbeschränkende Massnahmen oder Naturkatastrophen die Verfügbarkeit von Rohstoffen oder Produkten in bestimmten Regionen beeinträchtigen könnten. Diese Informationen ermöglichen es Unternehmen, frühzeitig alternative Beschaffungsquellen zu identifizieren oder Bestände strategisch anzupassen, um Engpässe zu vermeiden.

Supply Chain Mapping ist ein weiteres Instrument, das durch KI erheblich verbessert wird. Unternehmen können mit KI ihre gesamte Lieferkette transparent machen und ihre Abhängigkeiten von spezifischen Lieferanten oder geografischen Regionen besser verstehen. Durch diese umfassende Übersicht lassen sich sogenannte "Single Points of Failure" – also kritische Knotenpunkte in der Lieferkette – identifizieren und Massnahmen zur Diversifizierung oder Absicherung treffen.

Schliesslich wird auch der Einsatz von Natural Language Processing (NLP), einer Unterform der KI, immer wichtiger. NLP-Systeme können in Echtzeit Nachrichten und Berichte aus einer Vielzahl von Sprachen und Quellen analysieren, um potenzielle Risiken zu identifizieren. Dies ermöglicht es Unternehmen, nicht nur auf numerische Daten zu reagieren, sondern auch qualitative Informationen berücksichtigen, die ihre Lieferketten beeinflussen könnten.

Cloudbasierte Plattformen schaffen Transparenz

Um die digitale Transformation in der Beschaffung effektiv voranzutreiben, stehen Unternehmen verschiedene spezialisierte Programme zur Verfügung, die sowohl Effizienz als auch Nachhaltigkeit fördern. Cloudbasierte Lösungen wie SAP Ariba bieten hierbei eine wertvolle Unterstützung, indem sie Beschaffungs- und Lieferprozesse optimieren und gleichzeitig hohe Nachhaltigkeitsstandards gewährleisten. Diese Plattformen vernetzen Unternehmen mit einem globalen Lieferantennetzwerk und erleichtern die Einhaltung von Compliance-Vorgaben sowie ökologischen Standards. Die Implementierung von KI in der Beschaffung eröffnet Schweizer Unternehmen somit die Möglichkeit, ihre Geschäftsabläufe zu optimieren und gleichzeitig auf eine umweltfreundlichere Zukunft hinzuarbeiten. KMUs, die diesen Schritt frühzeitig gehen, können sich somit besser auf die Anforderungen der digitalen Transformation vorbereiten und von den zahlreichen Vorteilen der neuen Technologien profitieren.

Der Wert von Pilotprojekten für die KI-Integration

Ein wichtiger Aspekt dieser frühen Integration ist die Möglichkeit, durch Pilotprojekte stufenweise den Übergang zu KI-gesteuerten Prozessen zu erleichtern. Insbesondere bei KMUs, bietet sich ein schrittweiser Ansatz an. Denn Pilotprojekte ermöglichen es nicht nur die praktische Anwendbarkeit der Technologie im Unternehmenskontext zu testen, sondern erlauben auch eine graduelle Einführung, die den Veränderungsprozess für die Belegschaft erleichtert. Diese Projekte liefern ausserdem entscheidende Erkenntnisse, die für die anschliessende Skalierung und Anpassung der Prozesse genutzt werden können. Durch die Festlegung klarer Erfolgskennzahlen können Unternehmen zudem den Fortschritt ihrer KI-Initiativen besser überwachen und steuern, um eine zielgerichtete und effiziente Implementierung sicherzustellen.

Lieferketten sind globale Netzwerke (Symbolbild: Pixabay/Makabera)
Lieferketten sind globale Netzwerke (Symbolbild: Pixabay/Makabera)
Gastautor Patrick Sommer ist Head of Consulting beim digitalen Beratungsunternehmen CNT Management Consulting in Zürich, das sich auf SAP-Lösungen fokussiert (office@cnt-online.com, https://www.cnt-online.com/de/sap-beratung-ch)
Gastautor Patrick Sommer ist Head of Consulting beim digitalen Beratungsunternehmen CNT Management Consulting in Zürich, das sich auf SAP-Lösungen fokussiert (office@cnt-online.com, https://www.cnt-online.com/de/sap-beratung-ch)