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In der Schweiz ist erst ein Drittel der Unternehmen digital auf Kurs. Bei zwei Dritteln herrscht Handlungsbedarf. Zu diesem Schluss kommt eine neue Studie, die der Informatikverband SwissICT in Zusammenarbeit mit der Berner Fachhochschule und der Fachhochschule Nordwestschweiz erarbeitet hat und die die digitale Reife der Schweizer Wirtschaft und Verwaltung zum Untersuchungsgegenstand hat.

Viele Führungskräfte in Schweizer Unternehmen und VerwaltungenWie stellen sich die Frage, wie fit ihre Organisation ist, wenn es um die digitale Transformation geht. Die Antwort mit dem Blick nach innen und dem Vergleich mit der Branche liefert der digitale Reifegrad. In Kooperation mit SwssICT hat ein Team von Forschenden der Berner Fachhochschule BFH und der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW eine Studie mit dem Titel "Digital Excellence Report 2023" verfasst. Basierend auf der Selbsteinschätzung von Unternehmen und Verwaltungen wird der digitale Reifegrad für den Werkplatz Schweiz beleuchtet.

Erhoben wurden die digitalen Reifegrade der Unternehmen in einer Selbstbeurteilung auf Basis des "Digital Excellence Checkups" von SwissICT, mit dem sieben Reifedimensionen untersucht werden. Damit können Organisationen eine Selbsteinschätzung des digitalen Status quo vornehmen. Um den Handlungsbedarf der Digitalisierung zu ermitteln, wurden die Einschätzung der Relevanz und die Einschätzung der eigenen Maturität einander gegenübergestellt.

Das "Big Picture": Es herrscht Handlungsbedarf in allen Branchen
Die Autor:innen haben Daten von über 600 Schweizer Unternehmen und von über 1300 Befragungsteilnehmenden analysiert. Die Auswertung zeigt ein überraschend homogenes, aber gleichzeitig beunruhigendes Bild: In allen Branchen gibt es signifikanten Handlungsbedarf.
Ein Viertel der Organisationen hat einen sehr grossen Handlungsbedarf. In den Dimensionen "Strategie und Transformationsmanagement" sowie "Daten" besteht der grösste Handlungsbedarf. "Von allen Fragen, die die Teilnehmenden beantworteten, weist jene die schlechtesten Erfüllungswerte auf, die das Vorhandensein messbarer Transformationsziele im Unternehmen und die Zielverfolgung erhebt", bemerkt Prof. Bramwell Kaltenrieder, Projektleiter der Studie. "Dass bei zwei Dritteln der Unternehmen der digitale Status quo und die digitale Ambition noch auseinanderliegen, ist vor diesem Hintergrund nicht verwunderlich."

Die Details: grosse Unterschiede zwischen den einzelnen Unternehmen
Ein Drittel der Unternehmen ist auf Kurs. Ein Prozent der Organisationen ist sogar weit fortgeschritten, während ein Viertel der Unternehmen sehr grossen Handlungsbedarf hat. Es lassen sich damit drei Gruppen von Unternehmen unterscheiden, welche ähnlich gross sind. Jene auf Kurs, solche mit kleineren Problemen und Unternehmen mit grossen Problemen.

Die Gruppe der digital Fitten
Die erste Gruppe der Unternehmen (35 Prozent) kommt mit der digitalen Transformation gut zurecht. Sie meistern die Herausforderungen bislang erfolgreich – einige wenige sogar exzellent. Diese Gruppe der digital gut Aufgestellten wird dominiert durch Unternehmen, für welche die digitale Transformation mittelhohe Relevanz hat und die einen mittleren Maturitätsgrad erreicht haben.

Der Mittelbereich: mittlere bis hohe Relevanz und summierende Defizite
Die zweite Gruppe (39 Prozent) besteht aus Unternehmen, welche kleinere, aber sich summierende Defizite haben. Die eine Hälfte dieser Unternehmen sieht in der digitalen Transformation eine besonders hohe Relevanz, die andere Hälfte sieht eine durchschnittliche Relevanz.

Zum Schluss: grosser Gap zwischen Anspruch und Wirklichkeit
Die dritte Gruppe (26 Prozent) besteht aus Unternehmen, die weit entfernt vom anvisierten Transformationsgrad sind. Charakteristisch für Unternehmen mit grossem Handlungsbedarf ist, dass für sie die digitale Transformation überdurchschnittlich relevant ist, sie aber trotzdem zum letzten Fünftel in Bezug auf den Maturitätsgrad zählen. Christian Hunziker, Geschäftsführer von SwissICT, ist überrascht: "Aktuell steht die Schweiz in internationalen Rankings bei verschiedenen Themen weit vorne. Dass wir in der digitalen Transformation derart Handlungsbedarf haben, zeigt, dass es entsprechendes Engagement mehr denn je braucht!" Digitale Transformation bedeute Führungsverantwortung und der Report zeige, wie sensibel die Lage auf dem Werkplatz Schweiz sei, meint Hunziker.

Die sieben Dimensionen des "SwissICT Maturity Modells"
Nach diesen sieben Dimensionen wurde die Auswertung im Digital Excellence Report vorgenommen.
1. Strategie- und Transformationsmanagement stellt sicher, dass sich die Organisation langfristig erfolgreich in attraktiven Märkten behauptet. In dieser Dimension werden die konsequente Ausrichtung der Geschäftsstrategie auf neue Möglichkeiten von digitalen Technologien sowie die klare Planung, Steuerung und Führung der digitalen Transformation berücksichtigt.
2. Die Unternehmens- und Führungskultur bestimmen in hohem Masse, inwiefern zukunftsweisende Strategien und zwingende Veränderungen überhaupt umgesetzt werden können. In dieser Dimension werden die Offenheit der Mitarbeitenden gegenüber digitalen Technologien sowie das Verständnis für die Bedeutung und Konsequenzen von digitalem Wandel angestrebt.
3. Mittels Innovationsmanagement steigert die Organisation die Zufriedenheit ihrer Kunden und verbessert so ihre Position am Markt. In dieser Dimension wird die Nutzung von digitalen Technologien für die Erneuerung von Prozessen, Produkten, Dienstleistungen und Geschäftsmodellen geprüft.
4. Erfolgreiches Customer Experience Management steigert die Kundenzufriedenheit sowie die Abschluss- und Weiterempfehlungsrate. In dieser Dimension werden das Verständnis für Kundenbedürfnisse sowie die Ausrichtung des Kundenerlebnisses auf das veränderte Kundenverhalten geprüft.
5. Professionelle Prozessautomatisierung steigert sowohl die Effizienz als auch die Qualität von Prozessen. In dieser Dimension wird geprüft, ob wirtschaftliche Potentiale digitaler Technologien bei der Verbesserung und Automatisierung von Prozessen genutzt werden.
6. Professionelles ICT-Management beschleunigt Prozesse des Kerngeschäfts und bildet dazu die Grundlage für neue digitale Produkte, Services, Kommunikation und Transaktionen. Mit dieser Dimension wird geprüft, ob Betrieb und Entwicklung von digitalen Technologien auf die neuen Herausforderungen der digitalen Transformation ausgerichtet sind.
7. Mittels Datenmanagement wird neues Wissen generiert, um solidere Entscheidungen treffen zu können. Damit wird die Basis geschaffen für den Betrieb kompletter Wertschöpfungssysteme, die nicht vor der Organisationsgrenze halt machen. Mit dieser Dimension wird geprüft, ob die Organisation ein professionelles Datenmanagement lebt und ob Daten für die Erneuerung von Prozessen, Angeboten und Geschäftsmodellen genutzt werden.

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