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Wenn die deutsche Bundeswehr künftig im Einsatz das Instrument des Cyberangriffs aus ihrem Werkzeugkasten zieht, könnte das so aussehen: Zunächst forschen die Soldaten den Feind im Internet aus und hören ihn ab. Dann könnte in einem bestimmten Moment der Gegner isoliert werden, dass er sich mit seiner Zentrale nicht mehr kurzschliessen kann, indem man die Kommunikation stört. Danach würde eine Einheit des Heeres eingreifen und sich – dann wieder ganz analog – dem Gegner widmen.

Zuständig für die Führung der Internet-Krieger wird das Cyberkommando der Bundeswehr sein, das Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen am gestrigen Mittwoch in Bonn in Dienst stellte.

Dem Kommando, das nahe der neuen Zentrale des zivilen Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) angesiedelt ist, werden zunächst 260 Soldaten angehören. Bis 2021 sollen ihm nach und nach weitere 13.500 Soldaten und 1500 zivile Mitarbeiter unterstellt werden. Eine ihrer Hauptaufgaben wird der Betrieb und Schutz der Bundeswehr-IT sein, die zu den grössten Computernetzen in Deutschland zählt und damit staatliche wie private Hacker anzieht. Allein in den ersten neun Wochen des Jahres seien die Bundeswehr-Rechner mehr als 284.000 Mal Ziel von Cyber-Attacken gewesen, sagte der Chef des Cyber-Kommandos, General Ludwig Leinhos.

Nur etwa 60 von Leinhos' Leuten werden zur operativen Einheit gehören, die mit einem entsprechenden Bundestagsmandat Cyberattacken fahren kann. Der Rest setzt sich aus IT-Experten zusammen, die heute über die ganze Truppe verstreut sind. Zudem werden weitere Einheiten zur Informationsgewinnung dem neuen Kommando unterstellt. Noch fehlt es allerdings an ausreichend IT-Personal. Um an die auch in der Industrie heiss begehrten Experten zu kommen, ist die Bundeswehr inzwischen sogar bereit, Abstriche bei den sonst üblichen Voraussetzungen zu machen. Man müsse über den Umgang mit Studienabbrechern nachdenken – und über die Anforderungen an die Fitness der Bewerber.

Im Falle einer gross angelegten Cyberattacke auf die Infrastruktur in Deutschland wäre nach Aussage von Experten allerdings nicht die Bundeswehr am Zuge, da es sich nicht um einen Angriff mit physischer Gewalt handelt, sondern das Bundesinnenministerium. Kann die Bundesregierung die Attacke einem Staat zuordnen – wie Russland im Falle des Angriffs auf den Bundestag – ist sie zu Gegenmassnahmen berechtigt.



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