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Der E-Book-Vertrieb Smashwords ist von Ebays Bezahlservice Paypal dazu aufgefordert worden, gewisse Bücher aus dem Angebot zu nehmen, wie Techcrunch berichtet. Texte, die sich mit Vergewaltigung, Inzest oder Sodomie beschäftigen, dürfen nicht mehr verkauft werden. Paypal droht bei Missachtung der Anweisung damit, die Zusammenarbeit zu beenden.

"Ich würde das nicht als Zensur bezeichnen, da keine staatliche Autorität im Spiel ist. Ich habe aber trotzdem keine Sympathie für diese Vorgehensweise. Der Angriff auf den Vertrieb, wenn die Quelle unantastbar ist, erinnert mich an Urheberrechtsfälle", sagt Internet-Jurist Stephan Steinhofer.

Ab heute, Dienstag, treten die neuen Richtlinien bei Smashwords in Kraft. Der Online-Shop hatte lediglich einige Tage Zeit, Autoren und Verlage zu informieren. Die Aufforderung von Paypal war erst am 18. Februar beim Internet-Buchladen eingegangen. Wären die Forderungen von Paypal nicht innerhalb des Ultimatums erfüllt worden, hätte der Bezahldienst seine Leistungen für Smashwords einfach eingestellt. Das hätte für den Amazon-Konkurrenten den Untergang bedeutet. Einen anderen Anbieter für die Abwicklung der Bezahlungen zu finden, ist schwierig.

"Paypal ist tief in unsere Plattform integriert. Es gibt kaum andere Dienstleister, die so grosses Vertrauen bei den Kunden geniessen", sagt Smashwords-Gründer Mark Coker. Dem E-Book-Vertrieb bleibt aufgrund der Marktmacht von Paypal nichts anderes übrig, als sich nach den Vorstellungen der Ebay-Tochter zu richten. Bei der Umsetzung der neuen Inhalte-Richtlinien war Paypal dem Online-Händler wenigstens behilflich. Bis auf wenige Grau-Bereiche weiss Smashword jetzt genau, welche Inhalte in Zukunft verkauft werden dürfen.

"Es kann sein, dass Paypal aus juristischen Motiven handelt. Eine Art vorauseilenden Gehorsams, um sich als weltweiter Dienstleister vor Ansprüchen aus Ländern mit anderen Rechtsordnungen zu schützen", bietet Steinhofer eine mögliche Erklärung für die Massnahmen. Paypal hat sich bisher noch nicht zu den drastischen Massnahmen geäussert. Die Firma begibt sich jedenfalls auf dünnes Eis, da es für Dienstleister nicht üblich ist, sich ins Angebot ihrer Kunden einzumischen. "In den USA wird traditionell viel Wert auf den Schutz der freien Meinungsäusserung gelegt", bestätigt Steinhofer. In Internetforen finden sich bereits erste Zensurvorwürfe.

"Paypal versucht aggressiv ein Verbot von gewissen Arten von 'obszönen' Inhalten durchzusetzen", schreibt Coker in einer Stellungnahme. Er vermutet, dass bereits weitere Anbieter unter Druck gesetzt werden. Smashwords hat sich nicht leichtfertig mit der Situation abgefunden. "Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht. Wir schlagen einen gefährlichen Weg ein, wenn wir anderen erlauben zu bestimmen, was wir denken und schreiben. Hoffentlich unternimmt Paypal keine weiteren Schritte in diese Richtung", so Coker.



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