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Das erste Feedback zur Software Skype, die am 29. August 2003 veröffentlicht wurde, war zuerst wenig überzeugend: Viele kritisierten die anfangs schlechte Sprachqualität, schreibt die Website Ars Technica. Doch die Anrufe selbst waren kostenlos, und schon bald begann ein kometenhafter Aufstieg, nicht zuletzt dank der Bekanntheit, die das Team dahinter durch die Klagen der Musikindustrie gegen das ebenfalls von ihnen entwickelte Filesharing-Programm Kazaa erlangt hatte.

Der Schwede Niklas Zennström und der Däne Janus Friis wurden dank Kazaa oftmals als Kämpfer gegen die Musikindustrie bezeichnet - nun kämpften sie gegen die hohen Gebühren der Telekomunternehmen. Binnen zwei Wochen wurde die Software eine halbe Million Mal heruntergeladen, 200.000 Nutzer registrierten sich. Binnen weniger Monate hatte Skype eine Million Nutzer. Mittlerweile nutzen laut Angaben rund 300 Mio. Menschen Skype und telefonieren damit zwei Mrd. Minuten pro Tag.

Zennström und Friis waren die kommerziellen Masterminds hinter Skype, entwickelt wurde die Software aber von den vier Esten Jaan Tallinn, Ahti Heinla, Priit Kasesalu und Toivo Annus. Die sechs hatten sich bei einem Projekt für einen Telekomanbieter gefunden und nach dessen Realisierung nach einer Idee von Zennström und Friis Kazaa entwickelt, so Ars Technica. Bei Kazaa wurden Files direkt zwischen Computern, ohne einen Server dazwischen, ausgetauscht. Die zugrunde liegende P2P-Technologie wurde auch bei Skype eingesetzt.

Kombination aus Skype und Peer

Die Idee für Skype entstand im Sommer 2002, im Frühling 2003 wurde die erste Testversion veröffentlicht. Der Name entstand aus der Kombination der Worte Sky (Himmel) und peer (Gleicher). Weil die Domain für den eigentlich geplanten Namen Skyper schon vergeben war, wurde einfach das r gestrichen: Skype entstand.

Skype hatte gegenüber anderen Services einen Vorteil: Es rutschte de facto durch alle Firewalls, die ungewollte Services aufhalten sollen. Die Sprachqualität wurde verbessert, das Service funktionierte einwandfrei. Die Software profitierte aber auch von den Erfahrungen, die das Team rund um Kazaa gemacht hatte: Skype-Gespräche waren von Anfang an verschlüsselt und konnten nicht abgehört werden. Entsprechend beliebt war es auch bei Kriminellen. Zennström und Friis lernten zudem, mit den unterschiedlichen Rechtslagen in den verschiedenen Ländern besser umzugehen.

Ars Technica beschreibt die Geschichte von Skype auf Basis zahlreicher Interviews mit Beteiligten wie die eines typischen Start-ups. Das Team in der estnischen Hauptstadt Tallinn war demnach Kern und Triebfeder des ganzen Produkts. Mitarbeiter, die früher im Silicon Valley in den USA gearbeitet hatten, waren laut eigenen Angaben von der Effizienz und Bescheidenheit des Teams beeindruckt. „Sie hatten ein Mass von Verantwortung und Disziplin, das ich vorher nicht erlebt hatte“, so eine Mitarbeiterin - wohl auch, weil ihr eigenes Projekt zu einer echten Firma geworden ist.

Einer der ersten Investoren, Steve Jurvetson, beschreibt gegenüber Ars Technica, dass er sich gewundert habe, warum das Team in Estland so effektiv war. Er führte das auf die sowjetische Vergangenheit zurück, wo versucht wurde, auch mit wenigen Mitteln möglichst viel zu erreichen. „Esten mussten in vielen Dingen gut sein“, meinte auch der Chef eines Start-ups aus Estland gegenüber dem „Economist“.

Wenig Planung zu Beginn

Zu Beginn gab es bei Skype wenig Planung, neue Ideen und Features wurden einfach in die Software hineinprogrammiert. Die erste Preistafel für Anrufe ins Festnetz (Skype out) wurde ohne grosse Marktforschung gemacht, sondern von zwei Skype-Angestellten über Nacht mit Hilfe eines Tabellenkalkulationsprogramms erstellt, schreibt Ars Technica.

Jede Woche wurden mehrere Leute angestellt, denen bezahlt wurde, was sie zum Leben brauchten. Es gab aber auch Mitarbeiter, die monatelang kein Geld bekamen – und trotzdem blieben, weil sie dort „die beste Zeit ihres Lebens“ hatten, wie eine von Yahoo zu Skype gewechselte Mitarbeiterin Ars Technica sagte.

Im September 2005, am Höhepunkt eines umfassenden Hypes rund um Internettelefonie, wurde Skype das erste Mal verkauft, für 2,6 Mrd. Dollar, an das Internetauktionshaus Ebay. Nicht alle Mitarbeiter waren vom Verkauf überzeugt, obwohl rund 150 Leute mit Skype-Anteilen vom Verkauf profitierten. Zennström und Friis konnten sich allerdings durchsetzen - sie hatten Angst, dass die Konkurrenz von Microsoft, Yahoo und Google ihnen das Wasser abgraben würden. 2005 verlor Skype erstmals Nutzer, Gespräche über Kooperationen mit anderen Anbietern verliefen erfolglos. Friis und Zennström profitierten mit jeweils über 400 Mio. Dollar am meisten von dem Deal.

Neue Firmenphilosophie

Mit dem Verkauf änderte sich allerdings auch die Firmenphilosophie, zumindest im Skype-Büro in London, wo zahlreiche Marketingmanager Einzug hielten. Marketing ist laut „Economist“ nicht die Stärke der Esten, die Gräben zwischen den beiden Welten wurden auch wegen der kulturellen Unterschiede immer tiefer, so Ars Technica. Kurz nach der Skype-Übernahme verliess mit Annus der erste Gründer die Firma. Mittlerweile ist fast niemand vom Gründungsteam mehr bei Skype.

2011 schliesslich kaufte Microsoft Skype für 8,5 Mrd. Dollar von einer Investorengruppe, die Skype selbst 2009 von Ebay übernommen hatte. Wie genau es mit Skype als Firma nun weitergehen wird, ist unklar. Ars Technica zufolge soll das Büro in Tallin vorerst weiter bestehen bleiben. Zennström ist sich sicher, dass Microsoft Skype selbst nicht so schnell aufgeben wird: Schliesslich sei Skype eine der stärksten Marken im Portfolio von Microsoft.