Obermanns Meisterstück auf der Kippe: Der 39 Mrd. Dollar (29,2 Mrd. Euro) schwere Verkauf des schwächelnden US-Mobilfunkgeschäfts der Deutschen Telekom an den US-Konzern AT&T gerät immer stärker ins Wanken. Beide Konzerne zogen nun den Zulassungsantrag bei der US-Telekommunikationsaufsicht FCC zurück.

Zwar bekräftigte ein Telekom-Sprecher am Donnerstag, dass die Konzerne an dem Geschäft festhalten wollen und sich auf das parallel laufende kartellrechtliche Zulassungsverfahren konzentrieren. Doch AT&T trifft für den Ernstfall bereits Vorsorge und kündigte für das vierte Quartal Rückstellungen von 4 Milliarden Dollar an. Der US-Konzern will gerüstet sein, wenn im Fall des Scheiterns milliardenschwere Ausgleichszahlungen an die Telekom auf ihn zukommen.

Der Geldregen wäre nur ein Trostpflaster für Telekom-Chef Rene Obermann - ein Platzen des Deals wäre für den Manager eine herbe Schlappe. Mit dem Verkauf von T-Mobile USA an AT&T wollte er ein langjähriges Sorgenkind loswerden und für den Bonner Konzern finanziellen Spielraum für notwendige Investitionen an anderer Stelle gewinnen. Einst als Wachstumsmotor gepriesen, war das US-Mobilfunk-Geschäft vor einigen Jahren im Wettbewerb stark zurückgefallen. Während die Telekom-Sparte, die immerhin ein Viertel des Konzernumsatzes erzielt, zuletzt auf der Stelle trat, konnten große Konkurrenten wie AT&T mit exklusiven Telefonen und kleinere Anbieter mit Discountpreisen neue Kunden gewinnen.

Und so sehen auch Experten das einzig Positive für die Telekom darin, dass ihr im Fall der Fälle eine milliardenschwere Ausgleichszahlung winkt. Es verringere sich das Risiko, dass die Telekom bei einem Scheitern komplett mit leeren Händen dastehe, kommentierte Lawrence Sugarman von der RBS. Für die Experten von Espirito Santo zeigt die Rückstellung allerdings auch, wie gering AT&T die eigenen Chancen auf ein Gelingen der Transaktion einschätzt. Das sage auch etwas über den Zeitplan, schrieben die Analysten. AT&T könnte nun schon bei der ersten Gelegenheit im März 2012 der Transaktion den Rücken kehren, statt erst bis zum Ablaufen der Frist im September zu warten. Adrian Pehl vom Brokerhaus Equinet hatte die Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg zuletzt noch bei 20 Prozent gesehen. "Nun fällt die Wahrscheinlichkeit voraussichtlich weiter auf fünf Prozent," so seine pessimistische Einschätzung.

Bisher fuhren die Firmen zweigleisig, indem sie die Zulassung sowohl kartellrechtlich als auch bei der FCC betrieben. Mit dem Rückzug der Anträge bei der FCC wollen sich die Telekom und AT&T nun zunächst auf die gerichtliche Auseinandersetzung mit dem Justizministerium konzentrieren. Die Regierung hat wegen der starken Marktstellung von AT&T ebenfalls erhebliche Einwände gegen den Deal und klagt dagegen. Der Prozessbeginn ist für den 13. Februar angesetzt. Eine Niederlage vor Gericht würde einen neuen Antrag bei der FCC überflüssig machen, der Deal wäre gescheitert.

Es gehe jetzt darum, die Kräfte zu bündeln und die fortlaufenden Anstrengungen auf die Auseinandersetzung mit dem Justizministerium zu fokussieren, erklärten beide Konzerne. Bei der Federal Communications Commission (FCC) solle danach "zu gegebener Zeit" ein neuer Genehmigungsantrag gestellt werden. Konkreter wurden AT&T und die Telekom allerdings nicht.

Ihr Vorgehen ist eine Reaktion darauf, dass die FCC den Milliardendeal noch genauer unter die Lupe nehmen wollte. Mit der angekündigten strengeren Prüfung mit Anhörung der Unternehmen hätte sich ein Abschluss der Transaktion zumindest weitere Monate in die Länge gezogen. Denn die Anhörung bei der FCC hätte erst nach dem kartellrechtlichen Verfahren mit der US-Regierung stattgefunden.

Beide Behörden haben schwere Bedenken gegen die Übernahme. Sie befürchten eine zu starke Stellung am Markt, wenn die Nummern zwei und vier unter den Mobilfunkfirmen fusionieren. Außerdem sorgen sich die Behörden um den Abbau von Arbeitsplätzen in den USA. Die FCC hat zudem Zweifel, dass AT&T nach einer Übernahme der Telekom-Tochter den neuen Mobilfunkstandard 4G schneller ausbauen würde.



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