thumb

1996 erblickte die erste Generation der Tamagotchis das Licht der Welt. Der von Aki Maita erfundene und von Bandai vertriebene Mini-Computer löste innerhalb eines Jahres einen weltweiten Hype aus. Zahllose Nachfolgeprodukte und Klone überschwemmten den Spielzeugmarkt, bis das Gadget Anfang des neuen Jahrtausends langsam wieder in Vergessenheit geriet. Lediglich im "Geburtsland" Japan erscheinen bis heute neue Produkte auf Basis der einst populären Marke.

Der Name des Geräts setzt sich aus dem japanischen Wort für "Ei", "tamago" und dem aus dem Englischen importierten Wort für Uhr, "uochi", zusammen. Die "Eieruhr" präsentierte sich als entsprechend geformtes Handheld-Device in knalligen Farben, das mit einem pixeligen Schwarz-Weiss-LCD-Bildschirm und wenigen Knöpfen ausgestattet war. Diese dienten dazu, das virtuelle Lebewesen zu füttern, zu pflegen, zu entwickeln und bei Laune zu halten. Als Dank wuchs das digitale Tier in unregelmässsigen Abständen und entwickelte sich je nach Qualität und Intensität der Betreuung seiner Nutzer unterschiedlich. Erreichte es das Erwachsenenalter, so konnte das Tamagotchi mit Hilfe eines Partners eine neue Generation zeugen, um die es sich wieder zu kümmern galt. Spätere Generationen der elektronischen Spielware konnten sich sogar untereinander vernetzen und in Form von Beziehungen und Wettbewerben interagieren.

Auch auf andere Plattformen fand der populäre Pflegling seinen Eingang und schaffte den Sprung vom Gameboy über die Nintendo-64-Spielkonsole bis auf den Nintendo-DS-Handheld. Diverse Klone bevölkerten auch PlayStation, PC und Co.

Pädagogische Debatte

Der ersten Tamagotchi-Welle folgten Versuche, diverse Merchandise-Produkte mit Hilfe der Marke zu etablieren - von Kleidungsstücken bis hin zu Soundsamplern. Ebenfalls nicht aus blieb die Diskussion um den pädagogischen Wert und Einfluss des Taschentieres, erfreute es sich doch insbesondere bei Kindern und Teenagern der grössten Beliebtheit. Manche der virtuellen Haustiere verlangten einen hohen Betreuungsaufwand und starben, wenn sie über einen halben Tag lang vernachlässigt wurden. Dies wirkte sich in vielen Fällen negativ auf den Schulalltag vieler Besitzer aus, was darin gipfelte, dass diverse Bildungseinrichtungen die Mitnahme von Tamagotchis untersagten. Die Entwicklerfirma reagierte darauf mit der Implementation einer "Pause"-Funktion in spätere Generationen des Spielzeugs.

Heiss debattiert wurde auch die psychologische Komponente und das "Einstiegsalter" für junge Besitzer. Während man sich bei Bandai freute, dass das "Tamagotchi von acht bis 70 gespielt" wird, gab der damalige Geschäftsführer des deutschen Verbandes Bildung und Erziehung 1997 zu Protokoll, dass die Industrie "Schindluder mit den Emotionen der Kinder" spiele. Jugendpsychotherapeut Ulrich Schmitz meinte gar, dass der Besitz eines solchen Spielzeugs "zu einem viel zu frühen Abschied von Hoffnungen, Träumen, Mythen, Sagen und Legenden" führt, die stattdessen durch "kalte Technik" ersetzt werden

Kaum Platz im neuen Jahrtausend

Um das Tamagotchi entwickelten sich auch Kulturen und Gegenkulturen. Japanische Liebhaber eröffneten 1997 einen Online-Friedhof für ihre verstorbenen Pixelfreunde, Anti-Tamagotchi-Seiten schossen wie Pilze aus dem Boden. Verschiedene Bands widmeten dem Haustier aus dem Cyberspace eigene Lieder. Heute ist von dem Hype nur noch wenig übrig. Bereits zur Jahrtausendwende flaute der Rummel um das piepsende Gadget merklich ab. Neue Varianten des Tamagotchi fanden ausserhalb Japans kaum Anklang. Der erste von zwei Kinofilmen, der 2007 veröffentlicht wurde, brachte es in den USA nur zu einem Direct-to-DVD-Release. Die letzte weltweit im Handel erhältliche Ausgabe des tragbaren Schützlings erschien 2008 unter dem Titel "Tamagotchi Mini".



Der Online-Stellenmarkt für ICT Professionals