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Forscher der Universität Tel Aviv haben mittels einer Umfrage unter 150 Freiwilligen die Auswirkungen von Smartphones auf das Konzept Privatsphäre in öffentlichen Räumen untersucht, wie Aftau.org berichtet. Die Hälfte der Befragten waren Smartphone-Nutzer. Die Ergebnisse legen nahe, dass Smartphones tatsächlich zu Verhaltensänderungen im öffentlichen Raum führen.

Die Besitzer der modernen Telefone haben beipielsweise weniger Hemmungen, private Gespräche in der Öffentlichkeit zu führen. Um genauere Daten zu erhalten, werden die Forscher bald Smartphone-Nutzung elektronisch protokollieren. "Zwischen technologischer und gesellschaftlicher Entwicklung besteht eine Wechselwirkung. Die grösste Auswirkung der Smartphones ist die Grundeinstellung der Vernetzbarkeit", sagt Stefan Strauss vom Institut für Technikfolgen-Abschätzung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Laut den Ergebnissen der israelischen Forscher führt diese Vernetztheit zu einem Rückzug der Nutzer in eine Smartphone-Blase. Dadurch sinkt die Interaktionsrate mit der unmittelbaren Umwelt, auch im öffentlichen Raum, etwa in Parks oder öffentlichen Verkehrsmitteln.

Dadurch sinkt laut den israelischen Forschern auch die Hemmschwelle, Privates an öffentlichen Orten über das Smartphone zu diskutieren. Zusätzlich machen sich Nutzer von iPhone und Co weniger Gedanken darüber, ob sie die Menschen in ihrem Umfeld stören. "Bei der Verwendung von Technik tritt mit der Zeit ein Gewöhnungseffekt ein. Smartphones sind mittlerweile total in den Alltag integriert, Nutzer haben daher oft wenig Möglichkeit, den Einsatz täglich zu reflektieren", erklärt Strauss.

Smartphone-Nutzer sind ausserdem überdurchschnittlich überzeugt davon, dass ihre Telefone ihre Privatsphäre stärken. "Smartphones sind wie kleine Computer, die durchgehend vernetzt sind. Es gibt bei den Nutzern noch sehr wenig Bewusstsein für Sicherheitsanforderungen. Auch die Hersteller sind gefordert", so Strauss. Diese Vorstellung einer privaten Blase, die Smartphone-Nutzer umgibt, verlangt neue Konzepte für öffentliche Räume, sind die israelischen Forscher überzeugt. "Eine Unterteilung wie bei Rauchern und Nicht-Rauchern wäre eine Möglichkeit", heisst es in der Studie. Auch hier sind nicht nur die Nutzer gefordert. "Geht eine technologiegetriebene Entwicklung in eine unerwünschte Richtung, sind Regulatorien erforderlich, um gesellschaftskonforme Technikgstaltung zu gewährleisten. Um Datenschutzprobleme zu entschärfen, sind etwa "Privacy by Design"-Prinzipen von Herstellern einzufordern", sagt Strauss.

Besitzer herkömmlicher Mobiltelefone halten sich laut der Befragung aus Israel mit viel höherer Wahrscheinlichkeit an gängige soziale Normen. "Apps verstärken die Integration der Smartphones in den Alltag noch. Einige, wie diverse Trainings-Programme oder Umwelt-Anwendungen, stossen sogar sanft Verhaltensänderungen an", erklärt Strauss. Angst vor Veränderungen durch neue Technologie ist bei weitem kein neues Phönomen. "Neue Technologien erzeugen häufig eine Diskrepanz und dort, wo gesellschaftliche Spannungen entstehen, gibt es Anpassungsbedarf. Die Adaptierung ist immer ein gesellschaftlicher Lernprozess, das Ziel sollte aber sein Technologien gesellschaftskonform zu gestalten, nicht umgekehrt", so Strauss. Auch wenn Smartphone-User laut den Forschern aus Tel Aviv schlechter mit der Abwesenheit ihres Telefons umgehen können, besteht kein Grund zur Sorge.

Die Universität Tel Aviv will in einem nächsten Schritt die Smartphones einer Kontrollgruppe mit Software ausstatten, die eine Auswertung der Nutzung in öffentlichen Räumen ermöglicht. So sollen Daten gewonnen werden, die in Zukunft dabei helfen, öffentliche Räume an die Bedürfnisse der Menschen anzupassen.