Das SAP Innovation Center in Walldorf (Bild: SAP)

Aufgrund der Corona-Pandemie fand die Hauptversammlung des deutschen ERP- und Cloud-Riesen SAP heute zum ersten Mal als rein virtuelle Veranstaltung statt. 6.100 Menschen haben die Veranstaltung online verfolgt. Dabei haben die Aktionäre sämtliche Vorschläge der Verwaltung abgesegnet. So etwa eine Dividenden-Ausschüttung in Höhe von 1,58 Euro je Aktie (Vorjahr: 1,50 Euro). Die Gesamtausschüttung an die Aktionäre beträgt damit 1,86 Mrd. Euro.

Da die Lösungen von SAP für viele Unternehmen unersetzlich sind, steht der Konzern zahlenmässig gut da. "Trotz der Umstände rechnen wir damit, dass 2020 für uns ein erfolgreiches Jahr sein wird", erklärte Vorstandschef Christian Klein in seiner Rede. Kurzarbeit und Staatshilfen, wie zahlreiche Unternehmen sie in Anspruch nehmen, benötige der DAX-Primus nicht.

Im Rahmen der Hauptversammlung sorgten sich die Aktionäre daher weniger um die äusseren Bedingungen und Zahlen von SAP, sondern um die internen Querelen. Denn in den vergangenen Monaten sind zahlreiche Top-Manager und -Managerinnen aus dem Unternehmen ausgeschieden. Zuletzt Jennifer Morgan, die erst wenige Monate vorher zusammen mit Christian Klein als Doppelspitze angetreten war.
"Die hohe Personalfluktuation im Topmanagement erfolgt in Zeiten eines strategischen Umbruchs und während einer weltweiten Wirtschaftskrise", kritisierte denn auch der Experte Ingo Speich vom Sparkassenfondsanbieter Deka in einem Statement. SAP brauche eine starke und enge Führung in Zeiten der Krise. Portfoliomanager Markus Golinski von Union Investment mahnte ebenfalls ein Ende von "Unsicherheit und Unruhe" an. Auch ein Riese könne ins Wanken geraten, wenn der Aderlass zu gross sei.

Der Firmenmitgründer Hasso Plattner gilt noch immer als Übervater im Konzern, sein Wort hat bis dato das höchste Gewicht in Walldorf. Er besitzt rund 6 Prozent der Aktien - ein Gesamtpaket im Wert von aktuell fast 8 Milliarden Euro. Er ist der technologische Kopf hinter SAP und stiess etwa die Entwicklung der schnellen Datenbanksoftware Hana an, die mittlerweile als Arbeitspferd die meisten SAP-Programme unter der Haube antreibt. Am meisten dürfte ihn nerven, dass die SAP-Firmenkunden derzeit unzufrieden sind. Und das Eigengewächs Klein will das ändern. "Wir haben die Geduld unserer Kunden so manches Mal überstrapaziert", sagte der Vorstandschef in seiner Rede. "Das wissen wir - und das werden wir schleunigst wieder gutmachen." Mit seinem Plan zur Integration der vielen Einzelprodukte zu einem Angebot aus einem Guss sei der Konzern "auf einem sehr guten Weg". Die wichtige Kundenorganisation DSAG (Deutschsprachige SAP-Anwendergruppe) hatte die fehlende Verzahnung von verschiedenen Programmen des Konzerns stark kritisiert.

Ein spezieller Aspekt an der Fluktuation in der Teppich-Etage ist, dass mit dem Abschied von Bill McDermott, Jennifer Morgan und Rob Enslin im vergangenen Jahr alle amerikanischen Manager den SAP-Vorstand verliessen. Daher stelle sich die Frage, ob der wichtige US-Markt ausreichend berücksichtigt werde, erklärte Josef Gemmeke, Vertreter der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK). "Es gibt Befürchtungen, dass deutsche Techniker amerikanische Verkäufer verdrängen." Dem entgegnete die Aufsichtsrätin Friederika Rotsch in ihrer Rede, dass am Bekenntnis zu den USA als einem zentralen Standort kein Zweifel bestehe. Zumal ja früher eher die Frage gestellt worden sei, ob das Unternehmen nicht zu amerikanisch und zu vertriebsorientiert werde. Sobald es die Reisebeschränkungen zuliessen, werde der Vorstand in der Region deutliche Präsenz zeigen, so Rotsch. Mit DJ Paoni als Chef der Landesgesellschaft gebe es zudem viel personelle Kontinuität.

Eine gewisse Unbekannte bleibt Aufsichtsratschef Hasso Plattner. Noch vor kurzem deutete er in einem Gespräch mit der deutschen Handelszeitung eine weitere Amtszeit als Chef des Aufsichtsgremiums an: "Ehrlich gesagt: Jetzt bin ich schon 76. Da kommt’s auf ein paar Jährchen mehr auch nicht mehr an", so Plattner gegenüber der Zeitung. Insofern denke er darüber nach, sein Mandat über 2022 hinaus noch einmal zu verlängern. Bei der Hauptversammlung nun gab sich Plattner zurückhaltender. "Ich werde mich in dieser Amtszeit um einen Nachfolger kümmern", gab er bekannt. SAP werde sich für die Suche aber Zeit nehmen und nicht unter Druck setzen lassen. Einen konkreten Zeitpunkt für die Amtsübergabe nannte Plattner aber nicht. Auch über mögliche Nachfolgekandidaten äusserte er sich nicht.