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In den kommenden Monaten dürften wieder etliche Blockbuster teils sogar vor dem Kinostart ihren Weg auf Piraterieseiten finden. Denn für die grossen Studios hat das Rennen um Preise wie den Oscar längst begonnen. Im Kampf um Stimmen pfeifen sie dabei auf Sicherheit und Kosten. Denn im Glauben, dass Juroren Filme auf DVD eher ansehen und dann dafür stimmen, verschicken die Studios nach wie vor vergleichsweise leicht zu entwendende DVD-Screener. Dabei wären digitale Vorabversionen sowohl sicherer als auch günstiger.

Die Preis-Saison zum Jahreswechsel ist auch Piraterie-Saison. 2015 gelangte beispielsweise Quentin Tarantinos "The Hateful Eight" schon vor dem Kinostart ins Netz. Die Quelle war dabei - wie so oft - eine Vorab-DVD. Auch der beste Kopierschutz hätte da wohl kaum geholfen. "Egal, wie sehr man versucht, das Produkt zu sichern, wenn man einen Film verschickt, wird er online leaken", meint ein Insider bei einem Top-Distributor gegenüber "Variety", der auf Anonymität beharrt. Das Problem ist der physische Datenträger, denn eine DVD kann leicht im Versand "verloren" gehen oder auch beim Empfänger geklaut werden.

Eine Alternative wären eScreeners, Vorabversionen in Form passwortgeschützter Streams. Denn ein Studio muss für einen Film mehr als 70.000 Screener verschicken, was mit bis zu 35 Dollar pro DVD zu Buche schlägt. Ein eScreener-Link mit digitalem Wasserzeichen kommt dem Anbieter Mediafly zufolge dagegen auf nur vier Dollar. Zudem bietet dieser viele Möglichkeiten, Piraten ins Handwerk zu pfuschen. "Man kann sofort sehen, wenn der Screener mehr als einmal konsumiert wird. Oder man kann ihn sperren, falls er aus der falschen Region, wie Russland oder China, konsumiert wird", so Mediafly-CTO Jason Shah.

Das Festhalten der Studios an Screener-DVDs hat einen einfachen Grund: Stimmenfang. "Die Hauptsorge ist die Gruppe der älteren Juroren", erklärt Matt Suggs, Executive VP bei Mediafly. Denn die Oscar-Academy beispielsweise ist ein weisser Altherrenverein. 2014 waren die Stimmberechtigten einer Analyse der "L.A. Times" zufolge im Schnitt 63 Jahre alt, zu gut drei Vierteln männlich und zu 93 Prozent weiss. Die Studios haben also Zweifel daran, ob die Juroren auch bereit sind, technologisch mit der Zeit zu gehen.

Diese Zweifel scheinen nicht ganz unbegründet. "Die gleichen Sorgen gab es schon, als die Studios zu DVDs übergegangen sind", erklärt Suggs. Da hätten ältere Academy-Mitglieder noch einige Jahre lang nach VHS-Kassetten verlangt. Bei Preisen wie den Oscars kommt es letztlich auf jede Stimme an, und für einen Film stimmt nur, wer in gesehen hat. Bis die Studios glauben, dass digitale Vorabversionen ausreichend angenommen würden, werden also weiter DVD-Screener in den Versand wandern - und damit potenziell auch in Piratenhand.