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Unter dem Motto "Smart City – Intelligente Prozesse zum Wohl der Menschen" traf sich am 23. August die Schweizer Glasfaserbranche in St. Gallen zur 7. Openaxs FTTH Conference. Der Verband der Schweizer Energieversorger nutzte die Gelegenheit, um vor dem seit langem befürchteten digitalen Graben zwischen Stadt und Land zu warnen.

In den Zentren der Schweiz werden derzeit allenorts Glasfasernetze gebaut. Die Projekte sind zum grossen Teil in der Endphase, und per Ende 2016 waren bereits über eine Million oder knapp 30 Prozent der Haushalte am Glasfasernetz angeschlossen, das als wesentliche Voraussetzung für die Digitalisierung angesehen wird. Eine Vorreiterrolle in dieser Entwicklung spielt die Stadt St.Gallen, Gastgeberin der 7. Openaxs FTTH Conference. Wie Stadtrat Peter Jans ausführte, hat die Bevölkerung schon 2009 den Grundstein für das digitale Zeitalter gelegt. Sie sprach damals mit einem Mehr von 82 Prozent den Kredit von 78 Millionen Franken für ein flächendeckendes Glasfasernetz. Seit mehreren Jahren befasst sich St.Gallen mit der Vision einer intelligenten Stadt, auf der Grundlage dieser Infrastruktur.

Doch anderswo stockt die Entwicklung. Franz Stampfli, Präsident von Openaxs, fand im Eröffnungsreferat deutliche Worte. Der Verband stelle mit grosser Sorge fest, dass die Idee einer flächendeckenden Hochbreitband-Infrastruktur in der Schweiz an den Stadtgrenzen ende – und die restlichen 70 Prozent der Schweizer Bevölkerung den Anschluss an die digitale Zukunft zu verlieren drohe, so Stampfli. Agglomerationen oder Landgemeinden fänden aufgrund der prozentual höheren Baukosten pro Haushalt keine grosse Beachtung bei Investoren. Immer häufiger kämen deshalb FTTS-Lösungen (Fibre to the Street) der Swisscom und Docsis-Lösungen der Kabelanbieter zum Zug. Beide Lösungen genügten aus Sich des Verbandes jedoch nicht, um mit dem digitalen Wandel Schritt halten zu können. Verbleibende Netzteile aus Kupferkabel oder Koax würden ein Nadelöhr bilden, welches den Download und vor allem den Upload von Daten beträchtlich verlangsame. Ausserdem würden diese Netze Quasi-Monopole im Bereich der Telekom-Anwendungen schaffen, was die Innovationen schwäche, die Wahlmöglichkeiten einschränke und das Angebot verteuerten.

Dass alle Investitionen in Zentren flössen und Landgebieten die Entvölkerung drohe, bezeichnet auch David Bosshart, CEO des Gottlieb Duttweiler Instituts (GDI), als eine der grossen Herausforderungen des digitalen Wandels. Gemäss dem Keynote-Speaker der Conference sind Infrastrukturen in den nächsten Jahren entscheidend dafür, ob sich ein Standort erfolgreich entwickelt oder ob er zurückfällt. Die nicht-urbane Bevölkerung drohe von der Entwicklung abgehängt zu werden und als Digitalisierungsverlierer populistische Parteien zu wählen wie in Frankreich den Front National.

Rund 200 Entscheider und zahlreiche Aussteller wohnten laut Veranstalter der Openaxs FTTH Conference in der Ostschweiz teil. Nebst Stampfli, Jans und Bosshart traten weitere hochkarätige ReferentInnen aus dem In- und Ausland auf: Christine Etezadzadeh, Institutsleiterin Smartcity.institute, Stuttgart, Christian Geiger, IT-Verantwortlicher der Stadt Ulm, Stefan Metzger, Program Head Smart City & IoT der schweizerischen Post, Edith Graf-Litscher, Nationalrätin Sarah Genner, Forscherin am Institut für Angewandte Psychologie der ZHAW sowie Marco Huwiler, Bereichsleiter Innovation, Mitglied der Geschäftsleitung St. Galler Stadtwerke.