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Das weltgrösste soziale Netzwerk Facebook sieht sich aufgrund seiner Praktiken rund um Nutzerdaten einem neuerlichen Skandal gegenüber. Wie die "New York Times" am berichtete, hat das Onlinenetzwerk seit Jahren den Herstellern von Smartphones weitreichenden Zugriff auf persönliche Daten gewährt.

Einer Reihe von Smartphone-Firmen habe es Facebook ermöglicht, Informationen über Beziehungsstatus, Religionszugehörigkeit, politische Ausrichtung und geplante Aktivitäten des Nutzers abzuziehen, berichtete die Zeitung unter Berufung auf eigene Recherchen. Manche der Unternehmer könnten sogar auf Daten der Facebook-"Freunde" des jeweiligen Nutzers zugreifen - selbst in solchen Fällen, in denen diese "Freunde" es Facebook verwehrt hätten, ihre Daten mit anderen Unternehmen zu teilen.

Facebook steht bereits seit Monaten wegen seiner Daten-Praktiken unter massivem Druck. Dabei ging es bisher um das Abschöpfen der Informationen über 87 Millionen Nutzer, die bei der Datenanalyse-Firma Cambridge Analytica gelandet waren. Die Daten sollen dann unerlaubt für den Wahlkampf des heutigen US-Präsidenten Donald Trump genutzt worden zu sein. Als Reaktion auf den Skandal um Cambridge Analytica hatte Facebook erklärt, dass seit 2015 ein solch umfassender Zugang externer Firmen zu Nutzerdaten nicht mehr erlaubt sei. Dabei liess der Konzern jedoch unerwähnt, dass Hersteller von Smartphones, Tablets und anderer Hardware von diesen Restriktionen ausgenommen geblieben waren. Erst im vergangenen April habe Facebook damit begonnen, das Teilen von Daten mit solchen Firmen herunterzufahren, schrieb die "New York Times".

Facebook bestritt jedoch, dass es bei der Zusammenarbeit mit den Geräteherstellern einen Missbrauch von Nutzerdaten gegeben habe. Diese Partnerschaften hätten zu einem Zeitpunkt begonnen, als es noch keine Online-Stores gegeben habe, aus denen sich die Facebook-Apps hätten herunterladen lassen können.

Deshalb sei mit diesen Unternehmen zusammengearbeitet worden, um Software-Schnittstellen zu den Facebook-Programmen in deren Geräte zu integrieren, erklärte der Facebook-Manager Ime Archibong. Die Partnerfirmen hätten dabei Vereinbarungen unterzeichnet, wonach die Daten lediglich für den Facebook-Austausch über ihre Geräte verwendet werden durften.

Deutschlands Verbraucherschutzministerin Katarina Barley (SPD) reagierte dennoch besorgt. Der Bericht der "New York Times" scheine "viele Befürchtungen zu bestätigen", erklärte sie in Berlin: "Cambridge Analytica könnte nur die Spitze des Eisbergs gewesen sein." Die Ministerin betonte, dass es sich nicht um Datenlecks handle, sondern der Fehler bei Facebook "im System" liege.

Das Geschäftsmodell des Unternehmens beruhe darauf, "seine Nutzer bis ins Kleinste auszuforschen und die Daten mit Geschäftspartnern auszutauschen", warnte Barley. Sie erklärte, Facebook müsse angesichts der neuen Vorwürfe "schnell und umfassend aufklären und künftig die strikte Einhaltung des EU-Datenschutzrechts sicherstellen".

Gerade erst kürzlich versicherte CEO Mark Zuckerberg Abgeordneten des Kongresses in Washington und jüngst auch des EU-Parlaments in Brüssel, dass Facebook die Privatsphäre seiner Anwender ernst nehme: Alles, was Nutzer auf Facebook teilen, gehöre ihnen. Sie hätten die komplette Kontrolle über die Weitergabe ihrer Daten. Das sei "eine glatte Lüge", kommentierte der US-amerikanische Politiker David Cicilline die Aussagen Zuckerbergs. Er fordert volle Aufklärung in der Angelegenheit.



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