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Forscher von IBM gehen davon aus, dass Quantencomputer in rund fünf Jahren Marktreife erlangen werden. Bis dahin gibt es allerdings noch etliche Probleme zu lösen. Einen weiteren Schritt in diese Richtung ist nun österreichischen Physikern gelungen, ist ihnen doch mit 20 kontrollierbaren Quantenbits ein neuer Rekord mit ihrer Recheneinheit gelungen.

Als für die Realisierung praktikabler Quantenbits vielversprechend gelten einzelne in Ionenfallen gehaltene Atome, die mit Lasern manipuliert werden können. Auf deren Basis sollen Quantencomputer künftig ihr volles Potenzial entfalten und bestimmte Probleme wesentlich schneller lösen können als klassische Rechner. Zunutze macht man sich dabei die besonderen Gesetze der Quantenphysik. Während die grundlegende Informationseinheit des Computers das Bit ist, das exakt zwei Zustände einnehmen kann (0 oder 1), arbeitet der Quantencomputer mit Qubits. Diese Quantensysteme gehorchen den Gesetzen der Quantenphysik und können daher nicht nur „0“ und „1“, sondern auch beide Zustände gleichzeitig annehmen. Die Physiker nennen dies Superposition.

Zudem müssen in einem Quantencomputer mehrere Qubits miteinander verschränkt werden. Bei diesem von Albert Einstein als „spukhafte Fernwirkung“ bezeichneten Phänomen bleiben zwei Quantensysteme über beliebige Distanzen miteinander verbunden. Was immer man mit einem tut, beeinflusst augenblicklich auch den Zustand des anderen.

Physiker können heute bereits eine grosse Zahl an Teilchen verschränken, etwa in ultrakalten Gasen. Für Quantenrechnungen muss man aber die einzelnen Qubits individuell ansprechen und auslesen können. Dies ist dem Forscherteam um Rainer Blatt und Ben Lanyon vom Institut für Experimentalphysik der Uni Innsbruck und dem Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) nun mit der Rekordzahl von 20 Qubits gelungen. Die Physiker vom IQOQI haben dafür in einer Ionenfalle 20 Kalziumionen mit Hilfe von Laserlicht verschränkt.

Das Problem dabei ist der zuverlässige Nachweis der Verschränkung so vieler Teilchen. Üblicherweise ist dafür eine Vielzahl von wiederholten Messungen notwendig. Bei grossen Systemen mit mehreren Qubits bindet dies viel Zeit und Ressourcen bzw. wird rasch unmöglich. Ein Team um Nicolai Friis vom IQOQI in Wien hat eine Methode entwickelt, die nur wenige Messungen erfordert und deren Ergebnisse sich leicht auswerten lassen. Zudem haben Kollegen aus Ulm eine komplexere Nachweistechnik verwendet, die auf numerischen Methoden beruht.

So konnten die Wissenschaftler beobachten, wie sich die Vielteilchenverschränkung in dem 20-Qubit-System dynamisch ausbreitet. "Die Teilchen werden zunächst paarweise verschränkt", legte Lanyon in einer Presseaussendung dar. Dann liess sich mit den in Wien und Ulm entwickelten Methoden die weitere Ausbreitung der Verschränkung auf alle benachbarten Teilchendrillinge, die meisten Vierlinge und einige Fünflinge nachweisen. Mehr ging nicht, dann wurde das System zu komplex, um es mit bestehenden Techniken zu charakterisieren.

Das neue 20-Qubits-System eigne sich jedenfalls bereits für konkrete Anwendungen wie Quantensimulationen oder Quanteninformationsverarbeitung. Zufrieden geben sich die Physiker damit aber noch nicht: Einerseits sollen die neu entwickelten Methoden zum Nachweis der Quantenverschränkung weiter optimiert werden, um noch umfangreichere Vielteilchenverschränkungen nachweisen zu können. Zudem wollen Blatt und sein Team die Zahl der Quantenbits weiter steigern: "Unser mittelfristiges Ziel liegt bei 50 Teilchen", sagte er. Damit könnte man dann Aufgaben lösen, an denen die besten Supercomputer heute noch scheitern.