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Der Drogenkrieg in Mexiko ist auch ein Kampf um Kommunikationsstruktur. Ein namhaftes Kartell des Landes betreibt ein eigenes, geheimes Mobilfunknetz, um einer behördlichen Überwachung aus dem Weg zu gehen, berichtet das mexikanische Verteidigungsministerium Sedena.

In den vergangenen zwölf Monaten konnte die Anti-Drogen-Einheit "Operacion Noreste" grossteils infolge anonymer Hinweise in vier Bundesstaaten eine umfangreiche Mobilfunk-Infrastruktur sicherstellen. Beschlagnahmt wurden in den Regionen Coahuila, Nuevo Leon, Tamaulipas und San Luis Potosi insgesamt 167 Antennen, 155 Verstärker, 166 Generatoren, 1.446 Rundfunkempfänger, 1.306 Handys, 1.354 Nextel-Empfangsgeräte für iDEN-Standard sowie 71 Laptops. Als Stromversorgung dienten Batterien und Solarpanels. "Die Apparate wurden teils auf dem Schwarzmarkt besorgt, teils aus Dörfern geraubt, wo die Systeme zuvor legal in Verwendung waren", so ein Regierungssprecher.

Getarnte Sender

Die Narcos benutzten freilich ein eigenes, verschlüsseltes Signal, um Abhörung zu verhindern. Als Aufstellungsorte für die Antennen wählte man Berge und unbewohntes Gebiet. Als Techniker verkleidete Kartell-Mitglieder bemalten die teils auf Bäumen platzierten Antennen grün, um sie vor Helikoptern der Regierung zu verbergen. Nach ihrer Beschlagnahmung gingen die Geräte in den Besitz der Regierung über. Während der offizielle Bericht den Namen des Kartells verschweigt, machen die Medien vor allem die Gruppe der "Halcones" verantwortlich. Dabei handelt es sich um eine Untereinheit der "Zetas", eine der brutalsten und bestorganisierten kriminellen Gruppe des Landes, die sich ursprünglich aus einer abtrünnigen Spezialeinheit des mexikanischen Militärs entwickelte.

Den grössten Einfluss auf die Kommunikation des Landes üben Mexikos Drogenkartelle jedoch auf die Medien aus. Nach Morden und Einschüchterungen gegen Journalisten betreiben klassische Medien in Mexiko Selbstzensur und berichten kaum mehr negativ über sie. Mit entsprechender Zurückhaltung fand man hier auch die Antennen-Beschlagnahmung. Einzig die Internet-Blogs nehmen kein Blatt vor den Mund, was in der Regel mit unzensurierter Härte geschieht. Eine Einschüchterung lieferten im Herbst mehrere verstümmelte, von den Tätern als Blogger bezeichnete Ermordete. Immerhin gelang es Anfang November der Hackergruppe Anonymous, ein von den "Zetas" entführtes Mitglied durch die Drohung von Namensveröffentlichungen freizupressen.