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Nachdem es lange Zeit als sicher galt, dass Megaupload-Gründer Kim Schmitz an die USA ausgeliefert wird und dort mit einer hohen Strafe für die Urheberrechtsverletzungen seines Filesharing-Portals rechnen muss, wendet sich das Blatt jetzt scheinbar.

Schmitz befindet sich wieder in seiner Villa, darf sich in seiner Wahlheimat Neuseeland wieder frei bewegen und erhält begrenzten Zugriff auf sein Vermögen. Neuseeländische Rechtsexperten bezweifeln mittlerweile auch, dass er wie verlangt an die USA ausgeliefert wird. Der Anwalt von Schmitz hat in den USA derweil die Einstellung des Verfahrens wegen Formalfehlern eingeleitet.

Ein publicityträchtiger Fall wie Megaupload kann, wenn er verloren wird, für die Rechteinhaber ein grosses Problem werden. Einige Experten warnen schon länger, dass gerichtliches Vorgehen an sich nicht die beste Lösung für das Piraterieproblem der Contentindustrie ist. Wird dann auch noch ein grosser Fall verloren, wird dieser Weg künftig noch schwieriger zu rechtfertigen. "Das wäre ein schwerer Rückschlag für die Industrie, mit internationaler Signalwirkung. Langfristig ist der Aufbau attraktiver Geschäftsmodelle ohnehin die einzige Möglichkeit, Piraterie einzudämmen", sagt Till Kreutzer, Leiter des Recht-Ressorts bei iRights.

Dotkom hat in Neuseeland vor Gericht Akteneinsicht in seinem Auslieferungsverfahren erwirkt. Auch monatliche Auszahlungen aus seinem Vermögen in Höhe von 45.000 Dollar hat der Deutsche erkämpft. Eine Auslieferung an die USA ist fraglich. Die US-Behörden haben entschieden, Schmitz strafrechtlich zu verfolgen. Die Anklage in Neuseeland muss jetzt beweisen, dass es einen gleichwertigen Strafbestand dort überhaupt gibt. Die Megaupload-Rechtsanwälte sind sogar zuversichtlich, dass das Verfahren in den USA gänzlich fallengelassen wird.

Laut den Verteidigern hätten US-Behörden Megaupload gar nicht mit Bezug auf Strafrecht anklagen dürfen, da die Firma nicht über eine Niederlassung in den USA verfügt. Das Megaupload-Hauptquartier befindet sich in Hongkong. Das US-Justizministerium reagierte lediglich mit einem Statement, in dem es heisst, "man werde zur angemessenen Zeit vor den Gerichten in Neuseeland und den USA reagieren".

Dass Schmitz ungeschoren davon kommt, ist keinesfalls gesichert. Die letzten Entwicklungen dürften ihm aber zumindest Hoffnung machen. "Nach den aufwendigen Ermittlungen in solchen Fällen, bei Kino.to waren es fünf Jahre, stellen Niederlagen den Aufwand in Frage. Der Wert solcher Prozesse ist ohnehin fraglich, da nach Plattform-Schliessungen nach einigen Tagen Alternativangebote online gehen. Die Industrie führt diesen Kampf gegen Windmühlen trotzdem weiter. Die Verfolgung von Betreibern, oder Usern, falls es keine zentrale Steuerung gibt, hilft aber nicht gegen Piraterie", so Kreutzer.

In der Musikbranche hat in diesem Punkt bereits ein Umdenken eingesetzt. Durch Innovationen von Drittanbietern wie Apple, Spotify und Co setzten die Rechteinhaber hier bereits teilweise auf neue Geschäftsmodelle. "Manche Branchen sind da zaghafter. Das ist ökonomisch ein Fehler. Nutzer, die sich gratis im Netz bedienen, sind auch mit guten Angeboten schwer zurückzuholen. Längerfristig müssen sich Unternehmen entweder an die neuen Gegebenheiten anpassen, oder sie werden verschwinden", so Kreutzer.



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