Symbolbild: Markus Spiske/Unsplasch

Weitgehend unbemerkt schleichen sich Algorithmen immer stärker in alle mögliche Lebensbereiche und treffen weitreichende Entscheidungen. Was aber Algorithmen tatsächlich sind, davon hat praktisch jeder zweite EU-Bürger keine Ahnung, wie eine repräsentative Umfrage der Bertelsmann Stiftung belegt.

Konkret haben von10.960 in allen 28 EU-Ländern befragten Personen rund 48 Prozent keine Kenntnis über Algorithmen. 15 Prozent haben den Begriff überhaupt noch nie gehört und 33 Prozent haben ihn zwar mal vernommen, wissen aber nicht, was er bedeutet. Und nur acht Prozent meinen, gut über Algorithmen Bescheid zu wissen, so die Untersuchung.

Mit dem Wort Algorithmus wird eine Reihe von Anweisungen bezeichnet, die in Computersystemen Schritt für Schritt ausgeführt werden, um ein Problem zu lösen oder eine Aufgabe zu bewältigen. Die meisten Befragten haben laut Untersuchung nur vage Vorstellungen davon, wo Algorithmen überhaupt eingesetzt werden. Am ehesten verbinden sie damit auf die Person zugeschnittene Online-Werbung oder Anwendungen bei Dating-Plattformen. Nicht nur die Kenntnis, auch die Einstellung zu Algorithmen wurde abgefragt: Dabei gaben 46 Prozent der EU-Bürger an, dass sie mehr Vorteile sehen - und für 20 Prozent überwiegen die Nachteile.

Algorithmen treffen in zahlreichen Feldern tagtäglich Entscheidungen, die die Menschen konkret betreffen, erläuterte eine Stiftungsexpertin in Gütersloh. Einige Beispiele: Wer sich bei Online-Suchmaschinen informiere oder im Netz Waren bestelle, erhalte in der Folge - basierend auf dem eingegebenen Suchwort oder den georderten Artikeln - auch ungebeten teilweise personalisierte Werbung. Steuererklärungen würden in Standardfällen nur noch vollautomatisch berechnet, sagte die Sprecherin.

Schon 18 Prozent der Unternehmen nutzten Algorithmen im Personalmanagement, die dort etwa Lebensläufe und Bewerbungsanschreiben nach bestimmten Kriterien scannten. „Und das wird weiter zunehmen.“ Auch im Navi steckt ein Algorithmus, der blitzschnell die kürzeste Route errechnet. Um die Polizei bei der Kriminalitätsbekämpfung zu unterstützen, sollten Algorithmen in einer speziellen Software berechnen, wo sich voraussichtlich demnächst Straftaten ereignen werden.

Je nach EU-Land gibt es aber mitunter grosse Unterschiede. So kommt Polen auf den höchsten Kenntnis-Wert: Dort sagen 11 Prozent, sie kennen sich gut aus. Die Briten wissen laut Studie dagegen besonders wenig über Algorithmen. Für Frankreich macht die Stiftung hohes Unbehagen aus: 21 Prozent fürchteten sich dort vor Algorithmen. In Deutschland sei man ebenfalls recht skeptisch - positiv werde vor allem Effizienz, negativ „Macht für Programmierer“ genannt. In punkto Wissen habe es Fortschritte gegeben. Und auch bei der Frage nach der Einstellung zum Einsatz von Algorithmen sei die Zahl der Unentschlossenen ohne eigene Meinung gesunken.

In der EU wünscht sich insgesamt eine grosse Mehrheit von 74 Prozent eine stärkere Kontrolle bei computerbasierten Entscheidungen. Sinnvoll sei auch mehr Transparenz, wann wo und wie algorithmisch entschieden werde.