Im Streit um die Vorratsdatenspeicherung verklagt die EU-Kommission, wie angekündigt, Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof. "Mehr als zwei Jahre nachdem das Bundesverfassungsgericht das nationale Gesetz zur Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vorratsspeicherung von Daten aufhob, ist Deutschland der Richtlinie immer noch nicht nachgekommen", teilte die EU-Kommission am Donnerstag in Brüssel mit. Bei einer Verurteilung drohen hohe Geldstrafen.

Da Deutschland den EU-Vorgaben nicht nachkomme, "erhob die Kommission heute Klage vor dem Europäischen Gerichtshof und forderte die Verhängung von Geldstrafen", hieß es in der Erklärung weiter. Die Kommission schlug dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) demnach vor, "die Zahlung eines Zwangsgelds für jeden Tag ab dem Urteil des Gerichtshofs bis zur Beendigung des Verstoßes gegen EU-Recht zu verhängen". Die Brüsseler Institution fordert demnach, "dass der Gerichtshof gegen Deutschland die Zahlung eines täglichen Zwangsgelds in Höhe von 315.036,54 Euro verhängt".

Berlin setzt die EU-Richtlinie zur Speicherung von Telekommunikationsdaten zwecks der Bekämpfung von Kriminalität und Terrorismus trotz mehrfacher Ermahnungen aus Brüssel nicht um. In Deutschland hatte das Bundesverfassungsgericht die Umsetzung der Richtlinie aus dem Jahr 2006 in deutsches Recht im Jahr 2010 gekippt. Union und FDP konnten sich seitdem nicht auf ein neues Gesetz einigen.

Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) fordert die anlasslose Datenspeicherung für sechs Monate wie in der EU-Richtlinie vorgeschrieben. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) will dagegen Telekommunikationsdaten zwecks Verbrechensbekämpfung nur nach konkreten Verdachtsmomenten speichern lassen. Dieses sogenannte Quick-Freeze-Verfahren sieht die EU-Kommission jedoch nicht als ausreichende Umsetzung der EU-Regelung an.

Der Streit dürfte Thema bei einem Koalitionsspitzentreffen am Montag im Kanzleramt werden. Da sich das Verfahren von der Klage der Kommission bis zu einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs lange hinziehen kann und Strafzahlungen somit nicht unmittelbar drohen, ist eine Einigung der Regierungskoalition in dieser Legislaturperiode möglicherweise nicht mehr zu erwarten.

Die Forderung der EU-Kommission nach Umsetzung der Regelung ist in Deutschland umstritten, da die EU-Kommission bereits im vergangenen Jahr angekündigt hatte, dass sie die Bestimmungen aufgrund von Datenschutzbedenken selbst überarbeiten will. Die EU-Kommission als "Hüterin der Verträge" sieht darin aber keine Entschuldigung für Deutschland, die EU-Vorgaben nicht zu befolgen, und besteht auf der Umsetzung geltenden Rechts.