Bild: DSAG

"Wunderbar wandelbar – Gemeinsam neue Perspektiven schaffen" lautet das Motto des Jahreskongresses 2023 der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG), der noch bis 21. September in der Messe Bremen tagt. Beim Kongress geht es laut den Organisatoren um den digitalen Wandel, den technologischen Wandel mit dem Fokus u.a. auf Künstlicher Intelligenz (KI), um den ökologischen und den ökonomischen Wandel. Alle Bereiche beeinflussten sich gegenseitig und forderten die Unternehmen, sich mit vielen Veränderungen gleichzeitig auseinanderzusetzen. Dementsprechend stelle sich die Frage: Wie "wunderbar wandelbar" sind die Unternehmen, SAP und das Partner-Ökosystem? Auch eine aktuelle Umfrage der DSAG und der Americas‘ SAP Users‘ Group (ASUG) sollen dazu Antworten liefern.

Laut dem DSAG-Investitionsreport 2023 ist über die Hälfte der dort Befragten noch nicht sehr weit mit der digitalen Transformation. Bezüglich der eingesetzten Enterprise-Resource-Planning (ERP)-Lösungen sei es so, dass immer mehr Unternehmen auf S/4HANA umsteigen würden, was auch mit dem Ende der Standardwartung für die Business Suite 2027 zusammenhängen dürfte. Aber rund die Hälfte der befragten Unternehmen habe die Migration noch vor sich. Zudem seien viele der Umstellungen aktuell technische Migrationen und echte Transformationen sowie Cloud-ERP noch Zukunftsmusik. "Vor dem Hintergrund der Ankündigung bei der SAP-Bilanzpressekonferenz im Juli dieses Jahres, dass massgebliche Innovationen zukünftig nur noch Kunden mit einem RISE- oder GROW-Vertrag angeboten werden, wird es spannend zu beobachten, wie sich die Kunden hinsichtlich ihrer Transformationsprojekte entscheiden", sagt Jens Hungershausen, DSAG-Vorstandsvorsitzender."

SAP arbeitet nach eigenen Angaben aktuell noch mit Hochdruck daran, dass die Cloud-Roadmaps abgearbeitet werden. "Das erschwert den Kunden den Wechsel zusätzlich, denn SAP muss sicherstellen, dass mit dem neuen Cloud-Portfolio sowohl funktional als auch technisch eine Alternative geboten wird", kommentiert Hungershausen.

Beim technologischen Wandel habe sich die Künstliche Intelligenz einen Spitzenplatz unter den heiss diskutierten Themen gesichert. Die DSAG-Mitgliedsunternehmen seien aktuell bei innovativen Technologien aber noch zurückhaltend, heisst es. Beim Investitionsreport 2022 hatten nur 12 Prozent Künstliche Intelligenz/Machine-Learning als ihren Top-Investitionsbereich genannt. "Das Thema KI hat mit ChatGPT einen Aufmerksamkeitsschub bekommen. Deshalb gehen wir davon aus, dass die Teilnehmenden der nächsten DSAG-Investitionsumfrage KI eine höhere Relevanz zuweisen werden. Um unsere Mitglieder hier zu unterstützen, haben wir ein KI-Positionspapier erarbeitet, das auch Empfehlungen gibt, worauf Unternehmen bei der Einführung und Nutzung achten sollten", so Hungershausen. Wichtig aus Sicht der DSAG, um den Einsatz von KI für die Unternehmen interessanter zu machen, seien zudem attraktive Anwendungsszenarien sowie faire und transparente Lizenz- sowie Nutzungsbedingungen.

Was den ökologischen Wandel betreffe, sei Nachhaltigkeit/Sustainability wichtiger geworden. Laut Investitionsreport 2023 bescheinigten 17 Prozent der Befragten dem Thema eine hohe Relevanz und 31 Prozent eine mittlere. Das heisse aber auch, dass noch knapp die Hälfte der Befragten dem Thema nur eine geringe oder keine Bedeutung einräume. "Wir gehen davon aus, dass es hier noch viel Potenzial bei den Anwenderunternehmen gibt. Das gilt z. B. auch für die Abbildung einer umfassenden Umweltberichterstattung mittels eines Green Ledger", konstatiert Hungershausen. Konkret fordere die DSAG in diesem Kontext von SAP, dass der Software-Hersteller Anwenderunternehmen jeglicher Grösse und unabhängig von deren Architektur – On-Premises, Cloud oder hybrid – ermögliche, ihre Umweltberichterstattung durch ein Green Ledger abzubilden.

Cloud-first ja, Cloud-only nein

Um dem facettenreichen Wandel konstruktiv und erfolgreich zu begegnen, müssten SAP, ihre Partner und andere Organisationen und Unternehmen gut zusammenarbeiten, so die DSAG. Wenig hilfreich in diesem Zusammenhang sei die erwähnte SAP-Ankündigung gewesen. Sie bedeute zwar nicht, dass On-Premises-Lösungen generell nicht funktional weiterentwickelt würden. Aber On-Premises-Kunden blieben z. B. grosse Innovationen wie Künstliche Intelligenz und Green Ledger verwehrt. Gleiches gelte für grössere Funktionsbausteine und Erweiterungen, die auf der Business Technology Platform (BTP) basierten.

"Wir befürworten die Nutzung der Cloud und wissen, dass Innovationen heute massgeblich auf Cloud-Technologie bereitgestellt werden müssen. Aber wichtig dabei ist die Freiheit für jedes einzelne Unternehmen, selbst entscheiden zu können, auf welchem Weg es diese Innovationen nutzt", betontt Hungershausen. Daraus leite der Anwenderverband die Forderung an SAP ab, klare Entwicklungspfade aufzuzeigen, die den Unternehmen den reibungslosen Übergang in die Cloud und zur nächsten ERP-Generation ermöglichten, ohne getätigte Investitionen zu gefährden. Alle Innovationen für die S/4HANA Private Cloud müssten mit identischem Leistungsumfang auch für S/4HANA On-Premises zur Verfügung gestellt werden. "Eine Cloud-first-Strategie von SAP ist durchaus nachvollziehbar, eine Cloud-only-Strategie ist jedoch keine Option", stellt Hungershausen klar.

Über die Hälfte zufrieden mit SAP

Wie Beteiligte die tägliche Kooperation zwischen SAP, den Kunden und Partnern generell jeweils einschätzen, beleuchtet die aktuelle Umfrage der DSAG und der Americas‘ SAP Users‘ Group (ASUG). Laut der Erhebung sind 53 Prozent der befragten Unternehmen in DACH sehr zufrieden und zufrieden mit der Zusammenarbeit mit SAP. Unzufrieden und sehr unzufrieden sind demnach 17 Prozent. 29 Prozent sind weder zufrieden noch unzufrieden. "Dieses Ergebnis ist etwas differenziert zu betrachten, da diese Umfrage vor der Ankündigung von SAP zum Thema Innovationen in der Cloud abgeschlossen wurde. Stand heute wäre hier sicher ein anderes Ergebnis zu verzeichnen", postuliert Hungershausen.

Von der anderen Seite betrachtet, seien 87 Prozent der SAP-Mitarbeitenden mit ihrer Zusammenarbeit mit den Kunden sehr zufrieden und zufrieden, nur 6 Prozent seien unzufrieden, ebenfalls 6 Prozent indifferent. Mit ihrer Zusammenarbeit mit den SAP-Partnern seien 76 Prozent der Anwenderunternehmen sehr zufrieden und zufrieden, nur 5 Prozent seien unzufrieden, 17 Prozent weder noch. Befrage man die SAP-Partner nach ihrer Zusammenarbeit mit den Anwenderunternehmen seien 73 Prozent der befragten SAP-Partner sehr zufrieden und zufrieden, 9 Prozent seien unzufrieden oder sehr unzufrieden. 13 Prozent weder noch. Von den SAP-Partnern seien 43 Prozent sehr zufrieden und zufrieden mit der Zusammenarbeit mit SAP-Mitarbeitenden, 25 Prozent unzufrieden oder sehr unzufrieden und 31 Prozent weder noch. Von den SAP-Mitarbeitenden seien mit der Zusammenarbeit mit den Partnern 81 Prozent sehr zufrieden und zufrieden, nur 4 Prozent seien unzufrieden, 13 Prozent weder noch.

Der Aussage, dass die SAP-Strategie zu den Bedürfnissen der Unternehmen bzw. Organisationen passe, stimmen laut Befragung 29 Prozent völlig zu und zu. 38 Prozent stimmen nicht und überhaupt nicht zu, 30 Prozent sind indifferent. "Bei der Bewertung der SAP-Strategie lässt sich eine gewisse Parallele ziehen zu der Frage nach der Zufriedenheit mit der SAP-Branchenstrategie im Investitionsreport 2023. Diese wurde ebenfalls von rund einem Drittel der Befragten positiv bewertet", kommentiert Jens Hungershausen. Unter den befragten Partnern stimmen gemäss der Befragung 41 Prozent völlig zu und zu, dass die SAP-Strategie zu den Bedürfnissen der Kunden passe, 27 Prozent stimmen dem nicht und überhaupt nicht zu.

Das Umfrageergebnis zur SAP-Strategie verdeutliche weiters, dass die Produktstrategien und Preismodelle noch transparenter werden müssten. Preismetriken gelte es zu vereinfachen, Lizenzkosten komplett offenzulegen und Lösungsoptionen übersichtlicher darzustellen. Auch die Produktqualität sei ein häufig adressierter Punkt der DSAG, besonders in Bezug auf neue Lösungen und gesetzliche Anforderungen. "Insgesamt wäre es wichtig, dass SAP-Strategie und -Entwicklung deutlicher Hand in Hand gehen mit den Kundenbedürfnissen. Hier könnte hilfreich sein, wenn Kunden und Partner bereits in der Entwicklung früher und intensiver eingebunden werden. Darüber hinaus gilt es, hybriden Cloud- und On-Premises-Szenarien bzw. heterogenen SAP- und Non-SAP-Szenarien noch stärker Rechnung zu tragen", resümiert Hungershausen.

Aus offenen Fragen zur Verbesserung der Zusammenarbeit mit SAP habe sich z. B. ergeben, dass die Servicequalität von SAP ein Upgrade erfahren sollte. So brauche es für die Kunden und Partner mehr qualifizierte Ansprechpersonen und bessere Reaktions- und Korrekturzeiten z. B. bei Fehlermeldungen. Schliesslich solle die Kundenorientierung sowohl bei der Preis- als auch der Produktstrategie deutlich verbessert werden. Die Bedürfnisse von Kunden und Partnern müssten mehr in den Mittelpunkt rücken, Roadmaps nachhaltiger werden, und die Zusammenarbeit besser geregelt werden inklusive fairer und tragfähiger Lizenzmodelle. Kurz und knapp

Erhebungsgrundlage: Insgesamt 480 Teilnehmende, darunter 262 SAP-Anwenderunternehmen, 134 SAP-Partner sowie 84 SAP-Vertreter:innen waren an der Umfrage vom 27. Juni bis 14. Juli 2023 beteiligt. 73 Prozent der Unternehmen haben ihren Hauptsitz in Deutschland, 11 Prozent jeweils in Österreich und der Schweiz, 6 Prozent in anderen Ländern.

Jens Hungershausen (Bild: zVg)
Jens Hungershausen (Bild: zVg)