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Um die Digitalisierung des Gesundheitswesens in der Schweiz voranzutreiben, müssen der Nutzen und die Möglichkeiten für alle Beteiligten noch besser aufgezeigt werden. Dies verdeutlicht der aktuelle Digital Health Report der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW). Dabei würden auch Ängste der Gesellschaft und deren Bewältigung eine Rolle spielen, heisst es.

Seit 2020 ist das Elektronische Patientendossier (EPD) in der Schweiz verfügbar, doch gemäss dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) nutzen lediglich 0,2 Prozent der Schweizer Bevölkerung dieses Angebot. "Es stehen viele Ängste im Raum beim Thema Digitalisierung im Gesundheitswesen. Zum Beispiel die Furcht vor Überwachung oder Datenmissbrauch", hält ZHAW-Gesundheitsökonom Alfred Angerer dazu fest. Man müsse diese Bedenken ernst nehmen, aber den Fokus der Öffentlichkeit zunehmend auf den immensen Nutzen der Digitalisierung im Gesundheitswesen legen, so Angerer. Im soeben erschienen Digital Health Report 2023/2024 zeigen deshalb die ZHAW-Forschenden in Zusammenarbeit mit Accenture, der CSS und der Post CH Lösungswege auf.

Gemäss dem Digital Health Report könnten zahlreiche Faktoren die Akzeptanz der Digitalisierung im Gesundheitswesen positiv beeinflussen. Beispielsweise eine hohe Benutzerfreundlichkeit sowie die persönliche Einstellung und Fähigkeiten der einzelnen Anwender:innen wie Vertrautheit mit digitalen Anwendungen oder Technikaffinität. "Ein Schritt in Richtung Digitalisierung würde für die Patient:innen eine enorme Qualitäts- und Zeitersparnis bedeuten. Zum Beispiel wären Gesundheitsdaten viel schneller verfügbar. Dadurch wissen die Fachpersonen genau über bisherige Behandlungen und verabreichte Medikamente Bescheid, gefährliche Wechselwirkungen werden dann automatisch erkannt", erklärt Angerer. Durch eine qualitativ hochwertigere und effizientere Betreuung könnten die Kosten für die Patient:innen reduziert werden, was in der heutigen Zeit von stetigem Prämienanstieg ein gewichtiger Faktor sein sollte, führt der ZHAW-Forscher weiter aus.

Verschiedene Interviews mit Fachpersonen aus der Praxis bestätigen auch den Nutzen für die Mitarbeitenden im Gesundheitswesen. So könnten viele der heute stressigen Arbeitssituationen dank Digital Health-Lösungen verbessert werden. Gut designte Lösungen reduzierten die administrative Last, die Kommunikation in- und ausserhalb der Organisationen werde einfacher und transparenter und somit die Zusammenarbeit erleichtert. Die gewonnene Zeit komme dem eigentlichen Berufsinhalt zugute, nämlich der Betreuung der Patient:innen, so der Report. "Damit diese Transformation jedoch gelingen kann, müssen die Lösungsanbieter die Bedürfnisse der Mitarbeitenden genau kennen und noch stärker auf eine nahtlose Integration der digitalen Lösungen in den klinischen Alltag achten", gibt Angerer zu bedenken.

Trotz dem klaren Nutzen eines digitalen Gesundheitssystems hinke die Schweiz im internationalen Vergleich gemäss ZHAW-Forscherin Sina Berger noch immer weit hinterher. "Das Bemerkenswerteste ist hierbei, dass alle nötigen technischen Komponenten bereits vorhanden sind. Es gibt zahlreiche Unternehmen, die diese Probleme mit technischen Applikationen bereits gelöst haben." Die Gründe, dass diese Lösungen noch nicht in der Gesellschaft Einzug gehalten haben, seien zum einen die vorhandenen Ängste und zum anderen die fehlende Aufklärung.

Dem hohen Mehrwert der digitalen Transformation stehe ein damit verbundener Aufwand gegenüber. Spitäler, Arztpraxen und Bürger:innen müssten laut Alfred Angerer Zeit und finanzielle Mittel investieren, um den Wechsel von der analogen in die digitale Welt zu vollziehen. "Wir sind uns dieses Aufwands bewusst, aber wir müssen unbedingt langfristig denken. Denn blickt man über die einmalige Investition hinaus, bringt uns allen die Digitalisierung eine grosse Zeitersparnis, verringert menschliches Leid durch bessere Qualität und hilft bei den wachsenden Kosten."