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Nicht nur internationale Konzerne, sondern auch KMU stehen zunehmend unter dem wirtschaftlichen Druck, IT effizienter einzusetzen. Vermehrt kommen dafür auch Services aus der Cloud als eine zusätzliche Möglichkeit zur Prozessunterstützung hinzu. Damit wird die als "Make or Buy" bekannte Entscheidung um die zusätzliche Option des "Rent" erweitert. Um hier die richtigen Entscheidungen zu treffen, braucht es Leute, die sowohl die IT als auch das Business verstehen.

Gastbeitrag von Stephan Jüngling und Andreas Reber (FHNW)

Kürzlich war in der Tagespresse zu lesen, dass weltweit mehr als 30.000 Taxifahrer gegen eine aus ihrer Sicht unfaire Geschäftsidee von unbeliebten Internet-Konkurrenten demonstriert haben. Durch die einfache Verbreitung von mobilen Applikationen kann eine innovative Idee sehr plötzlich zu einer Gefahr für Business-Modelle werden, die sich über Jahrzehnte etabliert und bewährt haben. In der Musikindustrie oder in der Reisebranche wurde dies ebenfalls deutlich. Die Technik macht vieles möglich, was früher undenkbar war.

In Forschungsabteilungen von namhaften Autoherstellern werden selbstfahrende Autos als Prototypen entwickelt. Drohnen, die in der Vision von Amazon Pakete bis zur Haustüre verteilen, scheitern momentan noch an der Gesetzgebung und humanoide Roboter, welche Patientinnen und Patienten in Spitälern bedienen, werden aufgrund ethischer Überlegungen hinterfragt. Es besteht jedoch kein Zweifel darüber, dass mithilfe der IT sehr rasch neue Business-Ideen entstehen, die sich durchsetzen können, auch wenn zunächst einige Hürden zu bewältigen sind.

Anhaltender Trend hin zu Open-Source-Komponenten

In den letzten Jahren hat sich nicht nur die Verwendung von IT-Komponenten verändert, sondern auch die Art der Herstellung und deren Verfügbarkeit. Open Source erweist sich als starke Konkurrenz gegenüber traditionellen, proprietären und kostenpflichtigen Software-Produkten verschiedenster Hersteller. Open-Source-Komponenten werden allen weltweit zur freien Verfügung gestellt. Qualitativ sind sie so hochwertig, dass kostenpflichtige Produkte im Kern oft auf Open-Source-Frameworks aufbauen.

Eine weitere Tendenz ist die Internationalisierung der Software. Auf der Website des World Wide Web Consortium (W3C) ist unter dem Stichwort „i18n“ einiges in Erfahrung zu bringen, wie das Internet Mehrsprachigkeit unterstützen kann. Vorausgesetzt, man weiss, dass man nach „i18n“ suchen muss. „I18n“ ist eine Abkürzung, die die Techniker erfunden haben. Sie steht für „Internationalization“. Das Wort fängt mit einem i an, hat 18 Buchstaben und endet mit einem n. Ziel und Zweck dieser Bibliotheken: Webtechnologien sollen sprachübergreifend anwendbar sein. Globalisierung hat immer auch eine Gegentendenz: Den lokalen Bezug. Wenn man im Web nach Restaurants in seiner Umgebung sucht, möchte man nur Resultate angezeigt bekommen, die mit dem gegenwärtigen Standort verknüpft sind.

Mit Big Data entstehen zunehmend auch Möglichkeiten, verschiedenste Daten zu sammeln, zu speichern, auszuwerten und daraus Muster abzuleiten, die in Zukunft geschäftsrelevant sein könnten. Welche Interessen haben die Kundinnen und Kunden? Welche Produktinformationen werden über Google gefunden? Welche Dienstleistungen sind woher einfach zu beziehen? Der IT-Sektor ist im Begriff, einen weiteren Wandel zu vollziehen.

"Make" oder "Buy" oder "Rent"

Bisher war für viele Unternehmen eine Kernfrage, ob die IT-Systeme zu ihren Kernkompetenzen gehören und damit als Alleinstellungsmerkmal zum Vorteil gegenüber der Konkurrenz genutzt werden können. Ein wichtiger Entscheid für das Unternehmen, der in der Wirtschaftsinformatik oft thematisiert wird, ist derjenige von „Make or Buy“. Entwickelt man die Software und Systeme so, dass sie genau den eigenen Bedürfnissen entsprechen, hat man zwar einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz, muss aber auch die Kosten der Entwicklung und Wartung alleine tragen. Entscheidet man sich hingegen dafür, eine Standard-Software zu kaufen, hat man zwar oft eine kostengünstige Variante der IT-Unterstützung für das Business, aber man hat auch keinen Vorteil gegenüber der Konkurrenz. Zudem müssen die eigenen Prozesse an die vorgegebenen Abläufe der Standard-Software angepasst werden.

Ausschlaggebend für die „Make-or-Buy“-Enscheidung ist die Kosten-Nutzen-Analyse. Wählen Unternehmen „Make“, versuchen sie oft, die Kosten durch weitere Massnahmen zu reduzieren. Die Off-Shore-Entwicklung wird als vordergründig kostengünstigere Variante zunehmend auch von kleineren Unternehmen in Betracht gezogen. Andere Unternehmen wiederum, oft grössere, die bereits entsprechende Erfahrungen gemacht haben, ersetzen Teile davon wieder durch Near-Shoring. Die neuen Varianten, die im Bereich von Cloud Computing mit ihren SaaS- und PaaS-Ansätzen immer mehr verbreitet sind, bringen nebst der Varianten „Make“ und „Buy“ noch eine zusätzliche Variante ins Spiel: „Rent“. Die Entscheidung wird dadurch nicht einfacher. Im Gegenteil. Eine Lösung, für die mehrere Varianten zur Verfügung stehen, braucht in der Regel auch mehr Kenntnisse.

Aus der Sicht der Wirtschaftsinformatik möchten wir unseren Absolvierenden die dazu nötigen Kompetenzen mit auf den Weg geben. Sie sollen sich als Vermittlerinnen und Vermittler zwischen Business und IT verstehen. Dazu sind insbesondere auch kommunikative Fähigkeiten von grosser Bedeutung. Die Absolvierenden sollen das Rüstzeug erhalten, mit den Herausforderungen, welche sich im Bereich der IT stellen, umzugehen. Da die Wirtschaftswelt zunehmend international ausgerichtet ist, bieten wir unseren Studiengang Wirtschaftsinformatik, der berufsbegleitend oder als Vollzeitstudium absolviert werden kann ab September neu in englischer Sprache an. Gerade in einer schnelllebigen Branche wie der IT, ist es unabdingbar, dass die Aus- und Weiterbildungen laufend reflektiert und an die Entwicklungen in der Arbeitswelt angepasst werden.

ZU DEN AUTOREN
Dr. Stephan Jüngling ist Dozent und Prof. Andreas Reber Leiter des Bachelorstudiengangs Wirtschaftsinformatik an der Hochschule für Wirtschaft der Fachhochschule Nordwestschweiz.

Infos zum englischsprachigen Studiengang Business Information Technology (BIT): www.fhnw.ch/wirtschaft/wi

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Bild: Dieter Schütz/Pixelio
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Gastautor Dr. Stephan Jüngling, Dozent an der Hochschule für Wirtschaft der Fachhochschule Nordwestschweiz
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Gastautor Prof. Andreas Reber, Leiter des Bachelorstudiengangs Wirtschaftsinformatik an der Hochschule für Wirtschaft der Fachhochschule Nordwestschweiz