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Auch Tiere haben soziale Netzwerke, deren Erforschung ist aber gerade in freier Wildbahn schwer. Abhilfe bietet ein von Ingenieuren an der University of Washington (UW) entwickeltes System mit sehr leichtgewichtigen Sensor-Chips, das unter dem Namen Encounternet vermarktet wird. Denn diese Lösung verspricht Ökologen viel umfangreichere Möglichkeiten in der Erkundung sozialer Strukturen als einfache Funk-Trackingsysteme bieten können, und das erstmals auch bei sehr kleinen Tieren.

"Encounternet-Tags können sich gegenseitig überwachen, also kann man die Interaktionen zwischen Tieren studieren", erklärt John Burt, Assistenzprofessor für Elektrotechnik an der UW. Wie gut das funktioniert, hat mittlerweile ein Projekt unter Leitung der Universität St. Andrews gezeigt, das mithilfe der Tags Netzwerke der Neukaledonien-Krähen analysiert hat. Die Chips selbst sind kompakt genug, dass selbst ein Studium sehr kleiner Lebewesen wie Spatzen möglich wäre.

Ein einfacher Funkchip erlaubt Forschern im Normalfall kaum mehr, als den Standort eines Tieres zu verfolgen. Das ist mit Encounternet ebenfalls möglich, doch zusätzlich erlaubt die Lösung genaue Informationen über Interkationen zu sammeln. Dazu sind die Mikrochips des Systems nicht nur in der Lage, die Signale anderer Tags zu identifizieren, sondern anhand der Signalstärke auch den Abstand zwischen den Chips und somit ihren Trägern abzuschätzen. Diese Daten werden im Chip zwischengespeichert und drahtlos ausgelesen, wenn er sich in der Nähe einer der zum System gehörigen Basisstationen befindet. Das erlaubt genaue Analysen des Sozialverhaltens.

Der Clou am UW-System ist, wie kompakt die Chips sind. "Es gibt andere Tags, die für Annäherungs-Logging geeignet sind, aber sie sind gross und nur für grosse Tiere geeignet", erklärt Burt. Die kaum fingernagelgrossen Encounternet-Chips dagegen wiegen nicht einmal ein Gramm und können laut UW-Team sogar bei Lebewesen mit nur 20 Gramm Körpergewicht zum Einsatz kommen. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Tags auch im Einsatz kabellos umprogrammiert werden können. Das erlaubt beispielsweise, nach einer Erstanalyse dafür zu sorgen, dass sich der Chip während der üblichen Ruhephasen der Tiere abschaltet, um Strom zu sparen.

"Die Leute sind begeistert, weil sie das erste Mal die Interaktionen und sozialen Netzwerke kleinerer Tiere auf sehr feiner Ebene betrachten können", sagt Burt. Was das bringt, hat mittlerweile die Studie an den für ihre Werkzeug-Nutzung bekannten Krähen auf dem südpazifischen Neukaledonien gezeigt. Die Forscher konnten mithilfe von Encounternet ermitteln, dass Neukaledonien-Krähen überraschend viele Kontakte auch mit Tieren haben, zu denen keine familiäre Verwandtschaft besteht - also sehr weitreichend sozial vernetzt sind.

Inzwischen laufen diverse andere Projekte, die sich die Möglichkeiten der kompakten Chips zunutze machen. Die Mehrheit davon befasst sich mit relativ kleinen Vögeln, beispielsweise eine Studie zur sozialen Vernetzung von Kohlmeisen der niederländischen Universität Wageningen. Doch kann die Technologie breiter eingesetzt werden: Der UW zufolge nutzt ein deutsches Forscherteam die Tags bei Seelöwen auf den Galapagosinseln.

http://encounternet.net