thumb

Altavista war in den 1990er Jahren die bekannteste Suchmaschine. Nun hat Yahoo, selbst Internetpionier und in finanzieller Bedrängnis, der Suchmaschine mit heutigem Tag den Lebensatem ausgeblasen. Altavistas Geschichte ist exemplarisch - zahlreiche Internetpioniere gingen im Strudel des Dotcom-Booms und seiner Nachwehen unter oder sind nur noch Schatten ihrer selbst. Netscape, AOL, Geocities und auch Yahoo waren einst der Inbegriff des Netzes - heute gelten sie als die Dinosaurier des Internets.

Bei ihrem Start Ende 1995, als das World Wide Web noch verhältnismäßig neu und nicht so bevölkert war wie heute, war Altavista eine kleine Revolution. Die bald sehr beliebte Suchmaschine sammelte mit einer flotten Software automatisch Informationen über Websites und erfasste sie in einem gut und schnell durchsuchbaren Volltextindex.

Die Blütezeit von Altavistas war aber eher kurz: Mit der Gründung von Google 1998 trat ein starker Konkurrent auf den Plan, der schon bald die Führung übernehmen sollte. Doch auch zahlreiche andere Services buhlten erfolgreich um die Gunst der Nutzer. Dabei war Altavista seiner Zeit voraus: Es bestach mit einem simplen Design, das später von Google kopiert wurde. Auch Altavistas Übersetzungsservice Bable Fish war beliebt. Später wurde Altavista zu einem Portal mit Nachrichten und Einkaufsangeboten umgebaut und verlor dabei völlig den Fokus.

Altavista wechselte in kurzer Zeit mehrfach den Besitzer. Mit dem Verkauf 1998 durch den Gründer Digital Equipment Corporation, der die Suchmaschine als Beweis für die Rechenleistung seiner Maschinen entwickelt hatte, an Compaq begann der quälende Abstieg. Altavista landete schliesslich 2003 als Draufgabe im Rahmen einer anderen Übernahme beim Internetpionier Yahoo. Bereits 2010 dachte Yahoo darüber nach, Altavista abzudrehen, heute, am 8. Juli, soll es nun so weit sein.

Altavistas Geschichte ist exemplarisch - viele Internetpioniere gingen im Strudel des Dotcom-Booms und seiner Nachwehen unter oder sind nur noch Schatten ihrer selbst. Unzählige Strategiewechsel und Übernahmen sowie oftmals mangelnde Pflege des Kerngeschäfts liessen viele der beliebten Dienste in der Nutzergunst schnell zurückfallen. Netscape, AOL, Geocities und auch Yahoo waren einst der Inbegriff des Netzes - heute gelten sie als Internetdinosaurier.

AOL einst führend

AOL etwa hatte in seiner Blütezeit über 30 Mio. Nutzer weltweit, nach dem Zusammenschluss mit Time Warner 2000 gingen die Nutzerzahlen sehr schnell zurück - AOLs Ansatz eines „begrenzten Internets“ war nicht mehr gefragt. Mittlerweile setzt die Dienstleistungsfirma auf bekannte Medien wie Huffington Post, Engadget und Techcrunch. Auch der einst beliebte, in Israel gegründete Instant Messenger ICQ gehörte einmal AOL - so wie heute noch Netscape.

1999 kaufte AOL Netscape für rund zehn Mrd. Euro. Die Browsersoftware hatte Mitte der 1990er Jahre einen Marktanteil von rund 90 Prozent. Nach dem verlorenen „Browserkrieg“ gegen Microsoft lag der Anteil Ende 2006 noch bei rund 20 Prozent. Die Entwicklung der Software, mit der auch Websites erstellt werden konnten, wurde 2008 eingestellt.

Geocities: Vorläufer von Facebook

Der Gratis-Hostingdienst Geocities wurde 2009 geschlossen - von Yahoo, seit einigen Jahren selbst in der finanziellen Krise. Der 1994 gegründete Dienst war 1999 auf dem Gipfel des Dotcom-Booms für rund 3,5 Mrd. US-Dollar von Yahoo übernommen worden. Geocities erfüllte in der Frühzeit des kommerziellen Webs eine ähnliche Funktion wie Facebook heute. Viele Nutzer stellten dort ihre ersten „Homepages“ ins Netz. Viele der Websites schlossen sich auch zu Webrings zusammen.

Milliarden für kostenlose Dienste

Vor allem in den 1990er Jahren sprossen neue Services wie Pilze aus dem Netz. Suchmaschinen wie Hotbot, Lycos und der einstige Marktführer Excite erfreuten sich einige Jahre intensiver Beliebtheit, bevor sie zum Spielball der New Economy wurden und für teils astronomische Summen den Besitzer wechselten. Der spanische Telekomanbieter Telefonica etwa zahlte im Jahr 2000 für Lycos 12,5 Mrd. Dollar. Vier Jahre später musste ein südkoreanischer Anbieter nur noch rund 100 Mio. Dollar für Lycos hinlegen.

Dabei war Lycos eines der ersten profitablen Internetservices, das bereits 1996 erfolgreich an die Börse ging. Lycos kaufte selbst einige Firmen, darunter das IT-Magazin „Wired“ und Hotbot. Mittlerweile sieht sich Lycos als Webportal mit Suche und Community-Netzwerk inklusive Gratis-Hostingdienst. Excite lebt als Webportal weiter, die Excite-Suchmaschine wurde in einen Metacrawler umgewandelt.

Klagen gegen Tauschplattformen

Einige Services, darunter zahlreiche Musiktauschplattformen, wurden auch in Grund und Boden geklagt, darunter Napster und sein Nachfolger Audiogalaxy. Als Tauschplattform mit eigener Zugangssoftware für MP3-Musikfiles im Juni 1999 gegründet, musste Napster zwei Jahre später nach Klagen der Musikindustrie, die von der Band Metallica initiiert wurden, schliessen und Konkurs anmelden. In seiner Blütezeit hatte Napster 80 Mio. Nutzer. Nach mehreren Besitzerwechseln wird unter der Marke nun Musik im Netz verkauft. Audiogalaxy wurde nach mehreren Relaunches und der Übernahme durch Dropbox Anfang 2013 geschlossen. Auch Kazaa und Grokster sind Internetgeschichte.

Kollektives Gedächtnis geht verloren

Zahlreiche Dienste gab es nur wenige Jahre, viele wurden aufgekauft, integriert oder ganz geschlossen. Viele mussten einfach wegen Geldmangels schliessen. Bei all dem ging und geht immer ein Teil des kollektiven Gedächtnisses des Internets verloren, wie am Beispiel Geocities deutlich wird. Zwar gibt es immer wieder Initiativen, die sich bemühen, auch die schnelllebige Internetgeschichte zu konservieren, doch das gelingt nicht immer. Umso wichtiger ist es, gerade bei eigenen Websites, Blogs und in Sozialen Netzwerken selbst auf eine ausreichende Archivierung zu achten.



Der Online-Stellenmarkt für ICT Professionals