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Die sogenannte Crowdwork, Arbeit über eine digitale Plattform wie etwa Uber, ist in der Schweiz weiter verbreitet als bisher angenommen. Nicht weniger als 32 Prozent der im Rahmen einer Studie befragten SchweizerInnen haben bereits Crowdwork gesucht – und gut 18 Prozent sind tatsächlich fündig geworden. Ein Wert, der hochgerechnet ungefähr 1’090’000 Personen entspricht. Damit liegt die Schweiz in einem internationalen Vergleich zwar hinter Österreich, aber deutlich vor den Ländern Grossbritannien, Deutschland, Holland und Schweden.

10 Prozent der Befragten machen sogar mindestens wöchentlich Crowdwork. Dies geht aus einer Internetumfrage bei 2001 SchweizerInnen im Alter zwischen 16 und 70 Jahren hervor, durchgeführt von einer Hochschule und einem Forschungsinstitut sowie mitfinanziert von der Gewerkschaft Syndicom und der Stiftung Sovis.

Auch die Bedeutung von Crowdwork für einzelne Personen überrascht: 26.1 Prozent oder ein gutes Viertel der befragten Crowdworker sagen, dass die Einnahmen aus der Crowdwork mindestens die Hälfte ihres Gesamteinkommens ausmachen. 12.5 Prozent der Crowdworker bezeichnen Crowdwork gar als einzige Einkommensquelle. Das entspricht hochgerechnet 135'000 Personen in der Schweiz, je knapp die Hälfte davon Frauen und Männer. Die höchste Crowdwork-Konzentration weist das Tessin auf. Ebenfalls hoch ist der Anteil an Crowdwork in und um Zürich. Die geringste Konzentration gibt es in der Ostschweiz, gefolgt vom Mittelland.

Die am häufigsten gesuchte Art von Crowdwork sind der Untersuchung zufolge Arbeiten, welche am eigenen Computer zuhause ausgeführt werden können über Online-Plattformen wie Upwork. 79.3 Prozent der Crowdworker suchen Arbeiten in dieser Kategorie. 75.7 Prozent der Befragten sagen, dass sie für verschiedene Kunden ausser Haus tätig sein wollen. Beispielsweise für einen Haushaltsdienst wie Handy. 61.7 Prozent der Befragten erklären, dass sie Arbeit bei Fahr- oder Lieferdiensten suchen. Beispielsweise bei Uber im Taxibereich. In allen drei Kategorien sind die Häufigkeiten für Männer etwas höher als für Frauen, am deutlichsten bei den Fahr- und Lieferdiensten. In der Tat gehen die Crowdworker vielen verschiedenen Arten von Crowdwork nach. Dies weist darauf hin, dass sie versuchen, sich aus so vielen Quellen wie möglich ein Einkommen zu erarbeiten. Crowdwork umfasst längst nicht nur Clickwork, sondern auch hochqualifizierte Arbeiten wie juristische Dienstleistungen, Buchhaltung, IT oder Kreativjobs.

Grosse Konzerne lagern denn auch immer mehr Arbeiten an eine Crowd aus, um Fixkosten und soziale Verpflichtungen zu reduzieren. Aus Sicht der Crowdworker sind die neuen Erwerbsformen äusserst fragil. Nur 11,9 Prozent aller befragten Crowdworker bezeichnen sich als "independent contractors" im Auftragsverhältnis, während digitale Plattformen von einem solchen Erwerbsstatus ausgehen, um Sozialversicherungsbeiträge zu umgehen, etwa für die Arbeitslosenversicherung, Altersvorsorge oder den Lohnausfall bei Krankheit. Auch verfügen solche Crowdworker über keine kollektiven Arbeitsrechte, die es erlauben würden, dass sie sich gemeinsam mit Gewerkschaften gegenüber den Plattformen und Auftraggebern für ihre Interessen einsetzen könnten.

Aufgrund dieser Ausgangslage sowie der bereits hohen Bedeutung von Crowdwork in der Schweiz ist aus Sicht der Gewerkschaft Syndicom der Gesetzgeber dringend gefordert, dafür zu sorgen, dass auch Crowdworkern kollektive Arbeitsrechte und Sozialversicherungsansprüche gewährt werden. Sonst drohe den Arbeitskräften in der Schweiz die soziale Sicherheit abhanden zu kommen. Konkret fordert Syndicom folgende Massnahmen:
- Es braucht Zertifizierungssysteme für Crowdwork-Plattformen. Die Plattformen müssen sich im Minimum dazu verpflichten, für die Crowdworker die UNO-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte, besonders die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), einzuhalten und Massnahmen gegen Schwarzarbeit zu ergreifen.
- Crowdworker, die für Schweizer Unternehmen tätig sind, sollen fair entschädigt und sozialversichert werden. Möglichst nach den Vorgaben von orts- und branchenüblichen Bedingungen auf der Basis bestehender Gesamtarbeitsverträge. Dabei stehen nicht nur Crowdwork-Plattformen in der Verantwortung, sondern auch Unternehmen, die Tätigkeiten an die Crowd auslagern.
- Es braucht Richtlinien, um das geistige Eigentum von Crowdworkern zu schützen und um ihnen zu ermöglichen, ihre Arbeitsrechte einzuklagen.
- Arbeitgeber und Gewerkschaften müssen gemeinsam Regeln definieren, damit Crowdwork nur dann zum Einsatz kommt, wenn gesicherte Arbeitsverhältnisse aus gutem Grund nicht in Frage kommen.



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