Der digitale Wandel bringt rasante Fortschritte in vielen wissenschaftlichen und technischen Bereichen und bietet große Chancen für den österreichischen Forschungs-, Technologie- und Innovationsstandort. Er bringt aber auch massive Herausforderungen für nahezu alle Lebens- und Arbeitsbereiche und wirft eine Reihe von neuen gesellschaftspolitischen und ethischen Fragen auf, die unser bisher bekanntes Wertegerüst grundlegend in Frage stellen. Der Rat für Forschung und Technologieentwicklung (RFTE) hat daher bereits im Rahmen des Europäischen Forums Alpbach im August einen Diskussionsprozess initiiert, der jetzt mit einer Reihe von Veranstaltungen Leben eingehaucht bekommt.

Der RTFE und die TU Graz veranstalteten vorige Woche in Graz die hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion „Ethische Herausforderungen im Digitalen Zeitalter: Anforderungen an den Hochschulsektor und die Wirtschaft“ mit den Kernthemen „Digitale Kompetenzen“ und „Umgang mit Daten“. Mit der Präsentation der Broschüre „Digitaler Wandel und Ethik“ wurde ein erster Überblick zum Thema entlang konkreter Fragestellungen zu den Bereichen Künstliche Intelligenz (KI), Robotik, Bio- und Neurotechnologie sowie Gesundheit skizziert.

So etwa betonte die Vizerektorin der TU Graz, Claudia von der Linden, dass „unsere Gesellschaft den digitalen Wandel nur dann meistern können wird, wenn die Hochschulen die Studierenden mit den richtigen Kompetenzen ausstattet“, wozu eben gerade auch jene im Zusammenhang mit der Digitalisierung gehören. Gleichzeitig brauche es aber auch wieder verstärkt „die Fähigkeit zum kreativen und kritischen Denken, sowie eine gewisse Fehlerkultur.“

Petra Schaper-Rinkel, Vizerektorin der Universität Graz, erklärte: „In Europa stellen wir zahlreiche Daten frei zur Verfügung, haben aber keine digitale Plattform, wo wir auf Basis unseres Demokratieverständnisses entscheiden können, wie und wozu wir diese Daten verwenden. Wir brauchen folglich eigene Infrastrukturen, die unsere ethischen Ideen in Europa umsetzen. Claudia von der Linden ergänzte: „Wenn Innovationen in Europa stattfinden, können wir die Ethik in der Digitalisierung auch durch aktive Gestaltung fördern“. Neben starren Richtlinien könne man auch „bestehendes Wissen in Europa einsetzen, um die digitale Welt selbst zu gestalten“, sodass unsere „ethischen Werte und Vorstellungen automatisch Einzug in die Digitalisierung“ und deren Infrastrukturen halten.

Die Bedeutung des inter- und des transdisziplinaren Ansatzes betonte Roswitha Wiedenhofer von der Fachhochschule Joanneum. Darüber hinaus könnte ihrer Ansicht nach aber auch ein „Digitaler Ethikrat“ helfen, die aktuellen Herausforderungen der Digitalisierung in Österreich erfolgreich zu bewältigen. Martin Mössler, Geschäftsführer des Science Park Graz, plädierte für einen „Marktplatz für Daten, der wettbewerbsorientiert und nicht monopolisiert ist“ sowie für eine „mutig vorgehende regulierende Politik, die allerdings auch nicht über-regulieren darf“. Tatsächlich könne, „das Geschäftsmodell der Daten auch für Universitäten neues Potenzial bergen“, wozu es seiner Ansicht nach jedoch einer Neuaufstellung der akademischen Institutionen bedürfe.

Im ersten Quartal 2020 sind noch Folgeveranstaltungen in Wien und Linz geplant. https://www.rat-fte.at/newsreader/digitaler-wandel-und-ethik.html

v.l.n.r. Martin Mössler, Claudia von der Linden, Roswitha Wiedenhofer, Petra Schaper-Rinkel, Markus Hengstschläger (Bild RFTE)