Wird vermutlich 'in Scheibchen' geteilt: Wirecard (Bild:ict)

Die unter Insolvenzverwaltung gestellte deutsche Spezialistin für elektronische Zahlungsdienstleistungen Wirecard wird voraussichtlich in Einzelteile zerlegt und verkauft. Gemäss dem vorläufigen Insolvenzverwalter Michael Jaffé haben sich bereits "zahlreiche Interessenten weltweit für den Erwerb von Geschäftsbereichen gemeldet". Wenig später durchsuchten Dutzende Staatsanwälte, Polizisten und Computerfachleute auf der Suche nach Beweisen für mutmasslich frei erfundene Scheingeschäfte im Mittleren Osten und in Südostasien fünf Gebäude in Deutschland und Österreich, darunter zum zweiten Mal innerhalb eines Monats die Wirecard-Zentrale im Münchner Vorort Aschheim.

Im deutschen Bundestag liessen die Erklärungsversuche des Präsidenten der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) Felix Hufeld zur Rolle seiner Behörde viele Fragen offen. Das kritisieren zumindest mehrere Oppositionsfraktionen nach einem nicht öffentlichen Bericht Hufelds im Finanzausschuss.

Für die weltweit rund 5800 Wirecard-Mitarbeiter nur ein schwacher Trost ist, dass der Betrieb nach Möglichkeit nicht unterbrochen oder eingestellt werden soll. Einer Abspaltung von Wirecard-Tochterfirmen in Eigenregie will der vorläufige Insolvenzverwalter möglichst verhindern: Der "Transaktionsprozess" soll von der deutschen Muttergesellschaft "konzertiert" werden, betont Jaffé. Allerdings hat sich die US-Tochter Wirecard North America am Dienstag selbst zum Verkauf gestellt und ihre Autonomie herausgestrichen.

Bei den Durchsuchungen ging es laut Staatsanwaltschaft in erster Linie um die Vorwürfe, die unter anderem gegen Ex-Vorstandschef Markus Braun erhoben werden - falsche Angaben in den Wirecard-Büchern und Marktmanipulation. In Österreich wurden zwei Objekte durchsucht. Ex-Vorstandschef Markus Braun ist Österreicher, ebenso Jan Marsalek, ehedem im Wirecard-Vorstand für das Tagesgeschäft zuständig. Marsaleks Spur verliert sich nach derzeitigem Kenntnisstand auf den Philippinen.

Auch jenseits der strafrechtlichen Ermittlungen mehren sich die Anzeichen, dass der Wirecard-Aufsichtsrat Braun und Marsalek zumindest Mitverantwortung für die Affäre um mutmassliche Luftbuchungen in Höhe von 1,9 Milliarden Euro gibt. Der Aufsichtsrat hat Braun nachträglich fristlos entlassen. Jedoch sehen sich sowohl der Aufsichtsrat als auch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY, die die Jahresbilanzen von Wirecard testierte, selbst mit Klagen und Klagedrohungen wütender Anleger konfrontiert.

Unter Druck sind auch die Finanzaufsicht Bafin und deren Präsident Hufeld. Nach einem Auftritt Hufelds im Finanzausschuss kritisierten mehrere Abgeordnete, dass nach wie vor ungeklärt sei, warum die Finanzaufsicht nicht früher einschritt. "



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