Foto: Gimborn

Es kommt gar nicht so selten vor: Manchmal gibt es Entwicklungen in Unternehmen, mit denen man nicht rechnet. So geschehen im Hause Gimborn, die für ihren Slogan "Cats. Dogs. Love." bekannt sind und die weltweit Produkte für Hunde und Katzen liefern. Die hatten sich nämlich zur Gestaltung ihrer internen Unternehmensplanung und ihres Reportings ein CPM-System (Corporate Performance Management) von Unit4 Prevero angeschafft - und waren sehr erstaunt darüber, was sie quasi nebenbei alles über sich selbst erfahren haben.

Von Ute Zimmermann, freie Fachjournalistin in Wiesbaden Begonnen hatte alles damit, dass die aus drei Personen bestehende Controlling-Abteilung des Unternehmens vor einiger Zeit als Schritt 1 ihrer CPM-Lösung einen rollierenden Forecast etabliert hat, zusammen mit einem Management-Informationssystem, das sie immer wieder mit Daten aus ihren SAP- und CRM-Systemen befüllt haben. Und irgendwann fiel ihnen auf, dass in ihren operativen Systemen sehr viele Daten - und damit sehr viele Informationen - enthalten waren, die sie bei ihren täglichen CPM-Auswertungen gar nicht berücksichtigten und die nicht analysiert wurden, die aber für ihr tägliches Business äusserst aufschlussreich waren.

Kundenaktionen beeinflussen Deckungsbeiträge

Ein Beispiel dafür sind die Auswertungen ihrer vertrieblichen Aktionen, speziell der ausgegebenen Aktionsrabatte; ihre Kunden sind der Fachhandel und der Lebensmitteleinzelhandel, auch der Online-Handel gehört dazu. Wenn die Händler an ihre Kunden Handzettel verteilen, mit denen sie explizit Gimborn-Produkte bewerben, bekommen sie dafür Prozente gutgeschrieben. Bei der grossen Anzahl an Kunden und Produkten - das Unternehmen liefert rund 3.500 Produkte an 10.000 Auftraggeber in 50 Ländern - ist es natürlich unerlässlich, ein Auge auf diese Aktionen zu haben, damit sie nicht aus dem Ruder laufen. Jan Allmacher, Head of Controlling bei der H. von Gimborn in Emmerich: "Wenn beispielsweise die Key-Accounter mit ihren Kunden absprechen, dass sie 8 x pro Jahr eine 10-Prozent-Aktion bekommen, dann spiegelt sich das bei uns natürlich im Deckungsbeitrag und in der Gewinn- und Verlustrechnung wieder. Und um einen genauen Überblick zu bekommen, welche Aktionen für welche Artikel und für welchen Kunden wann laufen, haben wir uns entschieden, diese Daten in Prevero einzuspielen. So können wir bestens analysieren, wo die Aktions- und Sonderrabatte hinfliessen, in welcher Form und für welche Artikel dies geschieht, und wir können in der G+V etwaige Differenzen in den Deckungsbeiträgen und damit die Abweichungen zwischen Ist und Plan klären."

Ein anderes Beispiel, wo das Unternehmen über die übliche BI- und CPM-Anwendung hinausgehend Daten und damit wichtige Einblicke gewinnt, sind ihre Sell-In- und Sell-Out-Daten und vor allem die Verbindung zwischen beiden. Sascha Dressler, Controlling Assistant: "Die Sell-In-Daten, also das, was wir unseren Kunden verkaufen, haben wir schon immer festgehalten, bei den Sell-Out-Daten, also bei dem, was die Kunden abverkaufen, war das nicht der Fall. Wenn wir diese Daten nun verknüpfen, sehen wir sehr genau, dass wir in bestimmten Bereichen beispielsweise bei Verkaufsbeginn eines neuen Produktes einen bestimmten Artikel gut in den Handel hineinverkaufen, aber dass der Kunde das Produkt nicht in dem gleichen Tempo rausverkauft. Damit können wir schon frühzeitig ablesen, dass oder ob ein bestimmter Artikel stockt und gegebenenfalls entsprechende Massnahmen einleiten."

Dinge zusammenfügen, die ursprünglich getrennt waren

Allmacher: "Dadurch, dass wir in unserem BI-Tool über eine riesengrosse Datenbank verfügen und dadurch, dass wir damit begonnen haben, jede Menge Daten aus unseren Inhouse-Systemen in Prevero zu übertragen, sind wir auf die Idee gekommen, Daten und damit Dinge zusammenzufügen, die ursprünglich gar nicht zusammengehörten. Der Erkenntnisgewinn war immens. Beispielsweise sind wir neben unseren Marken-Produkten auch im Private-Label-Geschäft aktiv, und durch die Zusammenbringung der Daten kann man die vertriebliche Entwicklung auf Kundenseite sehr viel schneller und vor allem besser analysieren." So könne etwa der Markenvertrieb zahlenmässig runtergehen, das Private-Label-Geschäft aber steigen, so dass die Gesamtsumme auf den ersten Blick erst einmal unverändert bleibe. Aber nun können sie intern analysieren und sichtbar machen, wie sich die Zahlen zusammensetzen, wie sich die Ergebnisse verschoben haben und an welchen Stellschrauben sie gegebenenfalls drehen müssen.

Monatliche Planung zu 90 Prozent automatisiert Der Vertrieb profitiere von diesen neuen Erkenntnissen auf ganzer Linie, sagt Allmacher: "Die monatliche Planung läuft bei uns zu 90 Prozent automatisiert, das heisst, der Vertrieb schätzt die zu erwartenden Umsätze der Kunden gar nicht mehr selbst ein. Und gleichzeitig ist für die Produktion auch nur die automatisierte und nicht mehr die händische Auswertung interessant. Da fliessen so viele unterschiedliche Parameter und Kennzahlen ein, die realistischerweise von einem Key Accounter in der Praxis gar nicht berücksichtigt werden könnten. Wir reden hier beispielsweise vom saisonalen Verkauf der Produktgruppe X beim Kunden Y in Endsumme, wir schauen auf Trends im Vergleich zu den letzten 12 oder 18 Monaten oder wir berücksichtigen die Ergebnisse der Aktionszeiträume." Durch diese automatisierte Vorgehensweise werden bei den Vertrieblern Freiräume und Ressourcen geschaffen, die sie anderweitig sinnvoll und produktiv einsetzen können, anstatt auf Zahlen- und Datensuche zu gehen.

Viele Auswertungen früher nicht denkbar

Es gebe viele Bereiche, so Allmacher und Dressler, wo die Daten nach und nach in Prevero überführt und wo Auswertungen gemacht werden, die vorher nicht denkbar waren. Das gelte unter anderem für ihr hauseigenes Management-Informationssystem: "Es werden alle wichtigen Informationen in aggregierter Form zusammengestellt; das geschieht mit Hilfe von Dashboards, auf die das Management zugreift. Auch hier gibt es neue Erkenntnisse: Das sind unter anderem Daten, die darüber Aufschluss geben, wann welcher Vertriebler oder Gebietsverkaufsleiter welchen Kunden besucht hat und was die Besuchsergebnisse waren; es sind Aktionsauswertungen und Soll-Ist-Vergleiche, und über die Scanner-Daten der Kunden analysieren wir die Rausverkaufs-Zahlen - den Auswertungen sind keine Grenzen gesetzt."

Rückschlüsse auf Absatz und Produktionsprozesse Auch Trends können sie ablesen, speziell in Bereichen, in denen zuvor keine Auswertungen möglich waren, weil die Datensuche und -analyse direkt im SAP-System deutlich zu aufwendig und auch fehleranfällig gewesen wäre. Dressler: "Ein schönes Beispiel für Zahlen, die vorher im SAP-System regelrecht versteckt waren und die wir nun in Prevero sehr einfach auswerten können, sind die Gebindegrössen. Beispielsweise verkaufen wir Pasten, die Hauptgrössen sind 50, 100 und 200g. Heute legen wir ein Diagramm auf diese Zahlen, haben sofort die Übersicht und können sehen, wie sich die Gebinde entwickeln. Wir sehen, dass die 200g Paste leicht rückläufig ist, dafür aber die Nachfrage nach 100g kontinuierlich steigt. Auch daraus lassen sich - mit einigen anderen Parametern zusammen - wieder Rückschlüsse auf den Absatz, aber auch für den Produktionsprozess ziehen."

Insgesamt, so Allmacher, könne man festhalten, dass sich seine Sichtweise auf die Dinge verändert habe. "Natürlich bin ich als Controller von Haus aus ein Zahlenmensch, keine Frage. Aber der Blick über den Tellerrand hinaus sorgt im wahrsten Sinne des Wortes für mehr Weitsicht: Unser Gespür für diese Zahlen ist ein anderes geworden, umfassender als vorher. Wir entdecken immer mehr Datenblöcke, die wertvolle unternehmerische Informationen enthalten und die in unterschiedlichsten Kombinationen Aufschluss über die Entwicklung unseres Hauses geben." Dadurch, dass man Daten aus mehreren Quellen zusammenbringen und in einem einzigen System vereinen könne, werden heute Verbindungen innerhalb von Daten hergestellt, die früher gar nicht möglich waren und an die auch niemand gedacht habe: "Wir entwickeln uns vom Controller zum Business Analyst oder zum Data Scientist. Das ist eine sehr wertvolle Erkenntnis für unser Unternehmen, die uns in Zukunft zu immer mehr Transparenz in unseren Daten verhelfen und ein immer genaueres Bild von Gimborn zeichnen wird."

Sitz von Gimborn in Emmerich (Bild: zVg)
Sitz des Unternehmens Gimborn in Emmerich (Bild:zVg)
Head of Controlling bei der H. von Gimborn: Jan Allmacher (Bild: zVg)
Head of Controlling bei der H. von Gimborn: Jan Allmacher (Bild: zVg)