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In der Rekrutierung geeigneter Fachkräfte wie etwa SAP-Berater sieht Astrid Blechschmidt, CEO der T-Systems Data Migration Consulting AG, eine der aktuell grössten Herausforderungen für einen Systemintegrator. Worauf es für einen auf SAP fokussierten IT-Dienstleister, der Kundenunternehmen bei der Digitalen Transformation begleitet, noch ankommt, erläutert Blechschmidt im nachfolgenden Interview mit ICTkommunikation. Stichworte dazu wären etwa Mobile, Cloud, Big Data oder die neue Nähe zum Kunden.

Interview: Karlheinz Pichler

ICTkommunikation: Sie haben 2010 bei T-Systems Schweiz als Key Account Executive begonnen und innert kurzer Zeit gross Karriere gemacht. Vor knapp mehr als einem Jahr wurden Sie zum CEO Data Migration Consulting AG & Director Systems Integration befördert und auch ins Management Board von T-Systems berufen. Wie haben Sie sich in diese Führungsfunktion eingelebt und was waren die zentralen Aufgaben in den ersten Monaten dieser Ämter?

Astrid Blechschmidt: Der Bereich Systemintegration und die Data Migration Consulting AG sind mittlerweile in der T-Systems Data Migration Consulting AG zusammengelegt; ich bin also "nur noch" CEO dieser 100-prozentigen T-Systems-Tochter. Die Zusammenführung macht insofern Sinn, als sich die Angebotspalette der Data Migration Consulting und der T-Systems-Systemintegration perfekt ergänzen. Mit dieser Integration kamen Führungsaufgaben auf mich zu, wie sie für ein Change Management bei Firmenzusammenlegungen typisch sind: Die Strategie dahinter ist klar; nun geht es in die konkrete Umsetzung. Wir haben unsere Angebotspalette neu strukturiert und bauen auf drei Säulen auf: SAP-Fullservice, Systemintegration und Systemstilllegung. Damit können wir die Kundensegmente KMU und Grosskunden gleichermassen ansprechen: das kleine Unternehmen, indem wir eine punktuelle Beratung bieten und den Grosskunden, der internationale Deliverykompetenz benötigt. Je nach Bedarf finden sie das passende Offering bei uns.

ICTkommunikation: Hat sich unter Ihrer Chefität etwas an der strategischen Ausrichtung der Data Migration Consulting und Systems Integration gegenüber Ihrem Vorgänger geändert? Was machen Sie anders?

Astrid Blechschmidt: Mein Vorgänger Thomas Failer, der nun als Director Business Development bei der T-Systems Schweiz den internationalen Marktaufbau im Bereich Harmonization & Consolidation verantwortet, hat seine strategischen Schwerpunkte auf ebendiese Harmonisierung und Konsolidierung sowie auf SAP gesetzt. Inzwischen ist die T-Systems Data Migration Consulting grösser und breiter aufgestellt. Im Zuge der digitalen Transformation, denen jedes Unternehmen in so gut wie jeder Branche unterworfen ist, adressieren wir verstärkt auch Themen wie mobile Enterprise, Collaboration und Big Data.

ICTkommunikation: Welche Dienstleistungen stellen bei der T-Systems Data Migration Consulting momentan sozusagen das Kerngeschäft dar?

Astrid Blechschmidt: Wir fokussieren auf drei Geschäftsfelder: SAP, Systemintegration und Systemstilllegungen. Im Bereich SAP treten wir als Full-Service-Provider auf. Wir beraten, implementieren und betreiben; Schwerpunkt legen wir dabei auf SAP CRM, SAP Mobility und ausgewählte SAP-Module sowie auf die Harmonisierung und Konsolidierung von SAP-Landschaften. In der Systemintegration entwickeln und betreiben wir für unsere Kunden massgeschneiderte Applikationen auf Basis innovativer Technologien. Stark sind wir hier im Bereich ECM und AMM (Application Management & Modernization); uns unterstützt dabei ein hochqualifiziertes Nearshore-Team. Unser Leistungsspektrum wird komplettiert durch unser Know-how und unsere Erfahrungen in der Stilllegung von Altsystemen, die mit Investitionen in neue Technologien einhergeht. Wir sorgen dafür, dass Infrastrukturen und die damit einhergehenden Betriebs-, Lizenz- und Wartungskosten abgeschaltet werden können, aber die relevanten Daten gesetzeskonform und plattformunabhängig erhalten bleiben.

ICTkommunikation: Viele IT-Dienstleister haben sich in der Vergangenheit bewusst von dem Begriff "Systemintegration" distanziert und sich in sich in erster Linie auf das Servicegeschäft fokussiert. Bei T-Systems ist dies offenbar nicht der Fall?

Astrid Blechschmidt: Für T-Systems als Enabler der digitalen Transformation ist die Systemintegration ein wichtiger Türöffner: Systemintegration setzt ganz vorne beim Business an. Es geht im Kern darum, bestehende Prozesse zu optimieren oder gar neue Prozesse in der IT abzubilden. Wir erhalten hierdurch sehr früh, bereits in der Phase der Konzeption, einen Zugang zu den Bedürfnissen der Fachabteilungen, wohingegen der Service immer in der IT-Abteilung angesiedelt ist. Wir können die fachliche Sicht und die Perspektive der IT ganzheitlich betrachten, gegebenenfalls zwischen beiden Seiten vermitteln und unsere Lösungen so designen, dass alle Bedürfnisse berücksichtigt werden. Systemintegration ist daher bei T-Systems in der Schweiz immer im strategischen Fokus gewesen, da dies Kundennähe voraussetzt und die Umsetzung der Kundenbedürfnisse zum zentralen Inhalt hat - die Schaffung einer hierauf fokussierten Unternehmung mit der T-Systems Data Migration Consulting unterstreicht dies zusätzlich.

ICTkommunikation: Trendthemen wie Social Media, Mobile, Big Data, Internet of Things stellen die Unternehmen vor grosse Herausforderungen. Welche Rolle spielt hier eigentlich die Systemintegration? Steigt die Komplexität nicht ins Unermessliche? Wie geht man bei der T-Systems Data Migration Consulting damit um?

Astrid Blechschmidt: Die Herausforderungen, sich an neue Rahmenbedingungen anzupassen, sein Geschäftsmodell und damit auch die Prozesse zu hinterfragen, sind ja nicht neu. Neu ist, dass die Technologien wie Social Media, Mobility oder Big Data nicht nur disruptiv sind, sondern ihre Wirkung erst in ihrer Bündelung so richtig entfalten. Da ist manches Unternehmen schnell überfordert, wenn es den ganzen Berg historisch gewachsener Strukturen in einem Ruck grundlegend verändern will. Solche Monsterprojekte können rasch einmal scheitern. Erfolgsversprechender ist eher, sich langfristig auf eine Vision auszurichten und den Weg dorthin in einzelne, von der Organisation sozusagen "verdaubare" Projekte zu zerlegen. Wir haben gute Erfahrungen mit einer Art "Leuchtturmprojekte" bei unseren Kunden gemacht: Die Prozessoptimierungen werden rascher an der Front, wo es darauf ankommt, wirksam und die Mitarbeitenden spüren schneller den Mehrwert der neuen Lösungen. Es fällt auf dieser Basis leichter, das nächste dann eventuell grössere oder komplexere Projekt anzupacken.

ICTkommunikation: In welchen Belangen sehen Sie momentan allgemein die grössten Herausforderungen aus Sicht eines System-Integrations-Spezialisten?

Astrid Blechschmidt: Ganz klar bei der Rekrutierung geeigneter qualifizierter Fachkräfte. Es braucht SAP-Berater, die auch in der Umsetzung stark sind, und umgedreht Software-Engineers, die mitdenken und über ihren Tellerrand schauen. Natürlich suchen wir junge Leute mit guter Ausbildung und hoher Motivation. Fast noch wichtiger sind erfahrene Berater, die Ruhe in ein Projekt bringen können, und zwar gerade dann, wenn der Kunde Gefahr läuft, sich in der durch die digitale Transformation ausgelösten Komplexität der Herausforderungen zu verzetteln. Als Arbeitgeber ist die T-Systems sehr attraktiv und wir können mit interessanten – vor allem auch internationalen - Projekten und Laufbahnen punkten. Zudem erlebe ich die Unternehmenskultur als inspirierend, mit hoher Innovationskraft und entsprechender Aufbruchstimmung im Team.

ICTkommunikation:
Was wird im Bereich Software Engineering seitens Ihrer Kunden derzeit am stärksten nachgefragt? Wohin gehen die Trends in diesem Segment?

Astrid Blechschmidt: Am stärksten ist die Nachfrage nach Lösungen, die die Nähe zum Kunden beschleunigen. Das sind vor allem mobile Solutions, aber auch alle Applikationen, die in Richtung Kunden- und Bedienerfreundlichkeit gehen, zum Beispiel Lösungen, mit denen der Kunde intuitiv und rascher an das gelangt, was er wirklich will. Denn jeder Kunde möchte ja keine App um der App willen, sondern weil er damit etwas auslösen kann. Und zum zweiten werden Lösungen nachgefragt, die den Kunden individueller ansprechen. Nicht umsonst boomen Webplattformen, auf denen man sich sein ureigenes Müeslirezept zusammenstellen oder sein Auto selbst designen kann.

Wir haben auf SAP-Basis verschiedene Mobilitätslösungen lanciert, vom mobile CRM über mobile Service-, Wartungs- oder Verwaltungsapplikationen bis hin zur mobilen Zeit- oder Leaderfassung.

ICTkommunikation: Bieten Sie Ihren Kunden auch Offshore- und Nearshore-Modelle an?

Astrid Blechschmidt: Near- und Offshore-Modelle sind ein klares Bedürfnis auch auf dem Schweizer Markt, dem wir mit unserer internationalen Delivery nachkommen. Mit unseren Nearshore-Zentren in Tschechien oder Russland sind wir in der Lage, deutschsprachigen Service auch bei grossen und komplexen Projekten anbieten zu können. Die Schweizer Kunden erhalten so kostengünstige Liefermodelle und effiziente und hochprofessionelle Projekte über Landesgrenzen hinweg. Unsere Kunden schätzen die hierbei gelebte Tansparenz und vertraut uns grosse Implementierungsprojekte unterschiedlichster Technologien an.

ICTkommunikation: Data Migration Consulting ist ja auf SAP-Lösungen ausgerichtet. Kann Ihr Unternehmen sämtliche SAP-Services übernehmen, die sich ein Anwenderunternehmen wünscht?

Astrid Blechschmidt: Ja, wir sind ein SAP-Fullservice-Anbieter – von der Beratung über die Implementation bis hin zu Betrieb und Support, 24/7 rund um die Uhr, international vernetzt und gleichzeitig beim Kunden vor Ort. Und wir bauen unsere SAP-Leistungen stetig aus: Gerade erst haben wir unsere Services rund um HANA erweitert und bieten alle Leistungen – Planung, Lösungsdesign, Integration und Optimierung der Geschäftsprozesse - aus einer Hand an. Um unseren Kunden den Einstieg in die In-Memory-Technologie zu erleichtern, gibt es ein Solution Assessment, das eine Entscheidungsgrundlage und Klarheit über den Nutzen für den jeweils individuellen Business Case schafft.

ICTkommunikation: Wie bekommt man eigentlich eine gesunde Mischung aus Standard-Software und Individual-Software hin?

Astrid Blechschmidt: Die Frage stellt sich so nicht. Jedes Unternehmen muss entscheiden, wie viel Abstriche es an seinen Anforderungen machen möchte, um auf einen Standard setzen zu können, und wie viel Abhängigkeit von einer Plattform es verträgt. Mit der zunehmenden Durchdringung der Applikationslandschaft durch Cloudlösungen kann Software als Service bezogen werden, wodurch wieder andere Kostenstrukturen und Deliverymodelle den Entscheid zwischen Standard- oder proprietärer Lösung beeinflussen. Ich stehe auf dem Standpunkt, dass ohnehin nicht in erster Linie die Softwarelösung, sondern das zugrundeliegende Geschäftsmodell und die über die Applikationen abgebildeten Prozesse über Unverwechselbarkeit und Wettbewerbsfähigkeit entscheiden.

ICTkommunikation: Wie steht es in der Schweiz aktuell um die Nachfrage nach SAP aus der Cloud und SAP Hana?

Astrid Blechschmidt: Unsere Dynamic Services for SAP, die sich flexibel beziehen und nach Verbrauch abrechnen lassen, sind bei vielen Kunden, wie beispielsweise Jet Aviation oder der SBB, bereits seit Jahren im Einsatz und bewähren sich.
Auch HANA-Technologien können wir anbieten, doch man darf nicht vergessen, dass vor der Implementation dieser anspruchsvollen Lösungen beim Kunden zuallererst strategische Entscheide getroffen werden müssen: Wie wird mein Geschäftsmodell künftig aussehen? Welche Daten fallen an und welchen Nutzen kann ich für meine Kunden einerseits und für mein Unternehmen andererseits daraus ziehen? Erst wenn der Businessnutzen klar ist, werden die Investitionen in die entsprechenden Plattformen getätigt. Die Vorlaufzeit ist also unter Umständen recht langwierig und wird auch vom Lifecycle der bestehenden Infrastruktur beeinflusst – wenn der Entscheid dann gefällt ist, muss es in der Regel in der Umsetzung sehr schnell gehen; dafür sind wir mit unserer Infrastruktur und unseren Liefermodellen gerüstet.

ICTkommunikation: Realisieren Sie auch Big-Data-Projekte?

Astrid Blechschmidt: Eine Experton-Studie vom November dieses Jahres bescheinigt T-Systems die höchste Wettbewerbsstärke in diesem Segment, unter anderem aufgrund des seit langem existierenden und breiten Produkt- und Serviceangebots als Systemintegrator. Unsere Hadoop-as-a-Service-Plattform gilt als technisch ausgereift und vom Service-Offering her als einzigartig. Eines unserer Vorzeigeprojekte im Big-Data-Geschäft ist das Procurementcontrolling bei der Deutschen Telekom. Im DTAG-Einkauf wickeln immerhin mehr als 1‘400 Mitarbeitende in über 100 Ländern jährlich 500 Mio. Transaktionen ab und geben 400 Mio. Euro Cash pro Woche aus! Seit der Implementierung einer In-Memory-Lösung verfügt die Deutsche Telekom konzernweit über konsistente Auswertungen, hat keine Probleme mehr mit abweichenden Daten aus unterschiedlichen Quellen und vermeidet redundante Informationen im System. Das äussert sich in Performancegewinnen beim Reporting, in einer massiven Beschleunigung von Entscheidungsprozessen sowie in einer Reduktion der Ausgaben und der Kosten.
Oder denken Sie an das Gesundheitswesen, wo die günstigeren Verarbeitungs-, Speicher- und Analysemöglichkeiten von grossen Datenmengen zu deutlicher Prozess- und Kosteneffizienz führen können, zum Beispiel wenn Datenquellen aus Prävention, Diagnostik und Therapie integriert oder Forschungseinrichtungen miteinander vernetzt werden.

Wir sehen in Big-Data-Lösungen hohes Potenzial, vor allem im Hinblick auf das Internet der Dinge: Werden beispielsweise Daten in Echtzeit über Sensoren an Fahrzeugen erfasst, überwacht und ausgewertet, wird eine vorausschauende Wartung des Fuhrparks möglich. Diese so genannte Predictive Maintenance kann gerade im dicht getakteten Schweizer Schienennetz zu weniger technischen Störungen, mehr Planungssicherheit und stabilerem Betrieb führen. Dank kombinierten Big-Data- und M2M-Lösungen können digitale Spuren im Netz nachvollziehbar gemacht und somit Services rascher angepasst und sogar neue Businessmodelle geschaffen werden.
Wir bei T-Systems nennen diese Trends "Zero Distance - die neue Nähe zum Kunden". Das bedeutet: Unternehmen, die erfolgreich sein wollen, müssen mehr Nähe zu den Menschen herstellen, mit ihren Marken Kunden individueller und direkter ansprechen und vorhandene Informationen für bessere und schnellere Entscheidungen nutzen.

ICTkommunikation:
Wo sehen Sie in Ihrem Bereich künftig die grössten Wachstumspotenziale?

Astrid Blechschmidt: Überall dort, wo wir mit der intelligenten Vernetzung von Menschen, Daten und Infrastrukturen Mehrwert stiften.

ZUR PERSON
Astrid Blechschmidt ist CEO der T-Systems Data Migration Consulting, die aus dem Bereich Systemintegration der T-Systems Schweiz sowie der 2011 von T-Systems übernommenen Data Migration Consulting AG hervorgegangen ist. In dieser Funktion ist sie auch Mitglied der Geschäftsleitung der T-Systems Schweiz AG.

Astrid Blechschmidt ist seit 2010 bei der T-Systems Schweiz tätig und betreute anfangs als Key Account Manager den Kunden SBB. Im Jahr 2012 erweiterte sich ihr Verantwortungsbereich als "Head of Travel & Logistics" um weitere Kunden mit dieser Branchenausrichtung. Im Juni 2013 wurde sie Head of Sales des Bereichs „Systems Integration“ der T-Systems Schweiz und im September 2013 kam die Rolle des CEO der Data Migration Consulting hinzu. Im Zuge der Zusammenführung der beiden Unternehmensbereiche im Laufe des Jahres 2014 fokussiert die T-Systems Data Migration Consulting auf SAP-Fullservice, Systemintegration und Systemstilllegungen und umfasst Dienstleistungen wie Applikationsmanagement & Modernisation, Harmonisierung & Konsolidierung von IT-Landschaften, Dienstleistungen im Bereich Enterprise Content Management und Mobility sowie Software Engineering und Testing.

Die diplomierte Betriebswirtin arbeitete zuvor als IT-Consultant, Projekt- und Bereichsleiterin in verschiedenen Beratungsunternehmen und sammelte umfassende Erfahrungen - angefangen bei der Softwareentwicklung über Systemintegration bis hin zu strategischer IT-Beratung auf C-Level.

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Astrid Blechschmidt, CEO der T-Systems Data Migration Consulting AG
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Datenhighway (Bild: T-Systems)
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Grosses Thema: Big Data (Bild: T-Systems)