Andreas Guggenbühl, Head of Voicebot bei Adnovum

Im Bereich von Sprachdialogsystemen verbindet das international tätige IT-Dienstleistungs- und Softwarehaus Adnovum eine enge Partnerschaft mit Spitch. Zusammen wurde ein Voicebot entwickelt, der bei Organisatoren mit hohem Anrufvolumen sowohl massive Kosteneinsparungen ermöglichen und gleichzeitig die Qualität der Kundenbetreuung wesentlich erhöhen soll. Im Interview mit ICTkommunikation erläutert Andreas Guggenbühl, Head of Voicebot bei Adnovum, wie und wo solche Voicebots, die auch Schweizerdeutsch verstehen können, eingesetzt werden und wo die weiteren Herausforderungen für Sprachtechnologien liegen.

Interview: Karlheinz Pichler

ICTkommunikation: Sie bekleiden bei Adnovum das Amt des "Head of Voicebot". Was ist darunter genau zu verstehen? Was kann dieser Voicebot alles?

Andreas Guggenbühl: Ein grosses Problem bei Callcentern ist, dass telefonische Auskünfte viele Kapazitäten binden. Zudem spüren Callcenter die letzten Jahre ein Wachstum an telefonischen Anfragen. Aufgrund der Volatilität beim Anrufvolumen bedeutet das für Kunden oft lange Wartezeiten. Oft haben Personen am Mittag oder am Abend Zeit für ein Telefonat, dann ist jedoch das Callcenter zu. Diese Probleme löst der Voicebot, denn circa 70 Prozent der Anfragen in Callcentern sind Standardfragen, welche von einem Voicebot trainiert und beantwortet werden können. Auch auf Schweizerdeutsch! Um den Kunden einen optimalen Service zu bieten, haben diese jederzeit die Möglichkeit, zu wählen, ob sie trotzdem mit einer Person sprechen möchten.

ICTkommunikation: Adnovum hat den Voicebot mit Hilfe der Spitch-Technologie entwickelt. Es gibt ja noch andere Spracherkennungsspezialisten – warum hat sich Adnovum für eine Zusammenarbeit mit Spitch entschieden?

Andreas Guggenbühl: Erfahrungsgemäss sprechen 30 bis 40 Prozent der Anrufer in der Deutschschweiz Schweizerdeutsch oder Deutsch mit Akzent. Spitch ist die einzige Lösung, die solche Anfragen zuverlässig verstehen und beantworten kann. Weiter arbeiten wir sowohl auf dem Business-, wie auch auf dem Engineering Level sehr gut mit Spitch zusammen.

ICTkommunikation: Wie sieht diese Zusammenarbeit konkret aus? - Was steuert Spitch, was Adnovum dieser Partnerschaft bei?

Andreas Guggenbühl: Spitch bringt grosse Erfahrung bei Conversational AI im Bereich NLP (Natural Language Processing) mit. Speziell ihre Fähigkeiten bei S2T (speech-to-text) im Rahmen der deutsch/schweizerdeutschen Sprache sind einzigartig. Zusätzlich schätzen wir ihre Erfahrung in der Entwicklung von Software für Voicebot und Chatbot-Anwendungen. Adnovum: Unsere Stärke liegt darin, unsere Kunden zu befähigen, ihr digitales Potenzial voll auszunutzen. Dabei setzen wir auch auf Produkte anderer Hersteller und erweitern diese um wertvolle Funktionen, um den Nutzen zu maximieren. Alles mit dem Ziel, sowohl unseren Kunden als auch deren Endkunden einen nachhaltigen Mehrwert zu bieten. Natürlich bringen wir auch viel Erfahrung bei der Implementierung von kundenspezifischen IT-Lösungen in sicherheitsrelevanten IT-Infrastrukturen mit, dadurch können Projekte zeit- und kosteneffizient umgesetzt werden.

ICTkommunikation: In welchen Branchen ist das Interesse und das Bedürfnis nach Voicebots aktuell am grössten? Und laufen aktuell interessante Projekt damit?

Andreas Guggenbühl: Überall dort, wo Unternehmen und Behörden eine grössere Anzahl Kunden mit Auskunft bedienen. Wir sprechen hier von Call-Centern mit über 50‘000 Anrufen im Jahr. Hier kann der Voicebot das Call-Center zu 20 bis 40 Prozent entlasten und gleichzeitig den Service für Kunden verbessern. Zum Beispiel durch direkte Auskunft, anstelle einer Warteschlange oder Auskunft ausserhalb der Öffnungszeiten. Aktuell läuft unter anderem ein sehr spannendes Projekt im Strassenverkehrsamt Aargau, welches mehrere hunderttausend Anrufe im Jahr erhält. Hier unterstützt ein Voicebot und kann bereits 20 häufig gestellte Fragen beantworten. Auch von Versicherungsgesellschaften erhalten wir Anfragen, weil dort die Vorteile eines Voicebots sehr gut zur Geltung kommen.

ICTkommunikation: Wieviel KI steckt eigentlich in solchen Voicebots?

Andreas Guggenbühl: Der Voicebot konnte nur dank dem Einsatz von künstlicher Intelligenz in den letzten Jahren so grosse Fortschritte machen - speziell bei der Transkription von gesprochener Sprache in Text und der anschliessenden Deutung des Textes. Gleichwohl wird KI auch in der künstlich erzeugten Aussprache, sprich text-to-speech, eingesetzt, um eine natürliche Aussprache zu erzeugen.

ICTkommunikation: Und wie funktioniert diese Übersetzung von Sprache in Text auf Basis der von Ihnen und Spitch angewendeten Erkennungstechnologien konkret?

Andreas Guggenbühl: Die Erkennung funktioniert über selbst entwickelte Modelle, welche auf künstlicher Intelligenz und neuronalen Netzen aufgebaut sind. Ein gesprochener Satz besteht aus einer Aneinanderreihung von Toneinheiten bzw. -sequenzen. Diese Sequenzen müssen einzeln korrekt erkannt werden, in dem sie unter anderem auch mit bekannten Sequenzen verglichen werden. Hier helfen grosse Datenmengen und die vorab aufwendig entwickelten Modelle.

ICTkommunikation: Wo sehen Sie hinsichtlich der Sprach- und Texterkennung künftig die grössten Herausforderungen?

Andreas Guggenbühl: Ich glaube eine der grössten Herausforderungen ist die Erwartungshaltung, welche steigt, obschon die Fähigkeiten hinsichtlich Spracherkennung und Sprachinterpretation jährlich besser werden. Aktuell ist es für den Endkunden schon sehr hilfreich, wenn der Voicebot zu "einfacheren" Fragen Auskunft gibt oder zum Beispiel einfachere Aktionen übernimmt, wie die Sperrung der Kreditkarte oder der Anpassung der Heimadresse im Call mit einer Versicherung. In Zukunft steigt aber die Erwartungshaltung auch für den Einsatz bei komplexeren Aufgaben. Als Beispiel: Ein Dialog, bei dem nicht nur verstanden werden muss, was der Gesprächspartner im letzten Satz gesagt hat, sondern Zusammenhänge mit vergangenen Aussagen herstellt.

ICTkommunikation: Wenn man sich dies alles vor Augen hält: Wohin soll die Partnerschaft zwischen Adnovum und Spitch mittel- und längerfristig führen? Was streben Sie gemeinsam an?

Andreas Guggenbühl: Das Ziel dieser Partnerschaft ist es, dass wir beide von den Stärken des anderen profitieren und den Kunden eine nachhaltig gewinnbringende Lösung bieten können. Aktuell bieten wir zum Beispiel eine Cloud-basierte Lösung an, damit wir für neue Kunden noch schneller und preiswerter einen gut funktionierenden Voicebot einsetzen können. Wichtig ist hier die Gewährleistung höchster Sicherheitsstandards beim Datenschutz, wo uns das hauseigene Adnovum Security Team unterstützt. Wir arbeiten auch beim Einsatz von Chatbot und Emailbot zusammen.

ICTkommunikation: Adnovum und Spitch organisieren ja zusammen einen Event über neue Digitalisierungstrends in der Versicherungsbranche. Was dürfen die Teilnehmer an diesem Event, der ja physisch durchgeführt werden soll (siehe Kasten unten), konkret erwarten?

Andreas Guggenbühl: Einen wertvollen Einblick in die digitalen Entwicklungsmöglichkeiten des Versicherungsmarktes und aber auch dahin, wo die Digitalisierung im Umgang mit den Kunden eine wichtige Rolle spielt und zu einer besseren Customer Journey führt. Ich freue mich daher auf Studienergebnisse, präsentiert durch Florian Schreiber und natürlich ganz besonders: viele spannende Personen in echt zu treffen, Kontakte zu knüpfen und Wissen auszutauschen.

ICTkommunikation: Wie praxisnah wird diese Veranstaltung sein – Stichwort Use Cases?

Andreas Guggenbühl: Darauf legen wir grossen Wert. Die Versicherung Baloise etwa zeigt, wie es in Echt mit ihren Kunden funktioniert, und ich werde selbst ebenfalls durch eine Demo eines Voicebots führen, der Schweizerdeutsch versteht und wöchentlich tausende Fragen von echten Kunden beantwortet.

Die Veranstaltung zum Thema:
Sprach- und Texttechnologien im Versicherungsbereich
In einem seit langer Zeit wieder einmal tatsächlich physischen Event zeigen Spitch und Adnovum unter dem Titel "Alle sprechen von digitaler Transformation – wir zeigen Ihnen, wie sie schnell, effektiv und günstig möglich ist!" wie man mit Text- und Sprachtechnologien speziell bei Versicherungsunternehmen die Kosteneffizienz verbessern sowie neue Produkte, Geschäftsmodelle und Distributionskanäle entwickeln kann. Beate Hofferbert-Junge, Mitglied der Direktion, Operations & IT, Basler Versicherungen, präsentiert dabei beispielsweise mit "Einstieg in die Spracherkennung" einen ersten Use Case der Basler zum Thema. Und auch Spitch und Adnovum legen dar, wie man gemäss Best Practices Text- und Sprachtechnologien nutzen kann, um Kundenservice, Callcenter-Effizienz sowie Marketing- und Verkaufsaktivitäten zu verbessern.
Event: "Alle sprechen von digitaler Transformation – wir zeigen Ihnen, wie sie schnell, effektiv und günstig möglich ist!"
Wann: 15. Juni, 13.30 bis 17.30
Wo: The Circle Convention Center Zurich Airport
Weitere Infos: https://spitch.ch/de/register/event15june2021/