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Spracherkennung ist als Thema nicht neu. Schon in den frühen 1980er Jahren gab es kleine Vorstösse und grosse Visionen. Allerdings hinkte die Qualität den Erwartungen ziemlich hinterher. Und so fristeten entsprechende Lösungen ein stiefmütterliches Dasein. Doch damit soll jetzt Schluss sein: Nach langjähriger Forschung sollen moderne Sprachtechnologien die Kommunikation zwischen Unternehmen und deren Kunden verbessern.

"Dank moderner Sprachtechnologien können Kunden ihr Anliegen einfach frei von der Leber formulieren und müssen sich nicht erst durch den Zahlendschungel tippen, um zum richtigen Agenten oder der passenden Self-Service-Anwendung zu gelangen. Dadurch steigt die Kundenzufriedenheit und die Gesprächszeit sinkt", konstatiert etwa Jürg Schleier, Country Manager der auf Sprachtechnogien fokussierten Spitch, die dieser Tage ins Dolder Grand Hotel in Zürich zur Veranstaltung "Speech Technology Trends – Best Practices and Vision 2020" lud.

Bei Sprachanwendungen der neusten Generation könnten zudem die Gespräche analysiert und gleichzeitig mit einer Datenbank abgeglichen werden, um die Agenten im Gespräch mit relevanten Informationen zum Kunden, zur Verkaufsförderung oder relevanten Regulatorien zu versorgen, so Schleier weiters. Wenn Kunden mittels Stimme eindeutig identifiziert werden könnten, sei auch der Weg zu Voice-Banking, automatischer Beschwerde- oder Schaden-Bearbeitung oder Self-Service rund um die Uhr nicht mehr weit. "Auch intern kann die Sprachtechnologie für Effizienzgewinne sorgen, beispielsweise zur Identifikation der Mitarbeiter oder für den Trainings- und Coaching Prozess", der Spitch-Country Manager bei der Tagung.

"Millennials fragen nach Sprachtechnologie. Ein einfaches und nahtloses Omnichannel-Service- oder Einkaufserlebnis gehört für sie zum Standard. Sprachbasierte Interfaces sind ein wichtiger Baustein im nahtlosen Kundenerlebnis. Spracherkennung wird zur Commodity", ist Alexey Popov, CEO der Spitch, überzeugt. Diese Einschätzung teilt auch Walter Strametz, CTO bei Ti&M: "Schon heute erfolgen 20 Prozent der Suchanfragen bei Google via Sprache." Während einige Unternehmen diese rasante Veränderung als Bedrohung sehen, wittert der Experte in Sprachlösungen eine grosse Chance, sofern man ein paar Regeln befolgt: "Sie müssen grossen Mehrwert und ein gutes Erlebnis liefern, einfach und sexy sein", betont Strametz. Er empfiehlt mit kleinen Projekten zu beginnen, die schnelle Ergebnisse liefern und Skalierungspotenzial haben: "Die Voice-Geschichte ist bubieinfach. Es lässt sich schnell Nutzen stiften!" Als Beispiele führt Strametz Conversational Payment, 1-Stop-Shop im Schadenbereich bei Versicherungen und die Identifikation bei Banken an: "Sprachtechnologie liefert gute Chancen, die Kundenschnittstelle im Unternehmen zu behalten, die Beziehung zu pflegen und einfache, positive Erlebnisse zu generieren."

Einfachheit ist auch das Lieblingsthema von Michael Hartschen von Brain Connect. "Kunden werden oft mit Komplexität konfrontiert, die gar nicht sein muss", so der Experte. Gemäss Global Brand Simplicity Index wirken alte, traditionsreiche Unternehmen komplizierter auf Kunden als die Jungen. "Findet sich der Kunde zurecht und weiss er was zu tun ist, erlebt er etwas als einfach." So individuell diese Bewertung auch sein mag, so lukrativ ist die Einfachheit: "Kunden sind bereit, für Einfachheit mehr zu bezahlen."

Prof. Volker Dellwo forscht an der Universität Zürich am Thema Sprache und teilte mit den Teilnehmern der Tagung im Dolder die jüngsten Forschungserkenntnisse und potenzielle Einsatzmöglichkeiten. "Im Shop der Zukunft wird der Kunde an seiner Stimme erkannt und beraten. Er kann Transaktionen durchführen und Einkäufe tätigen", ist der Wissenschaftler überzeugt. Zugangskontrolle, Authentifikation, Identifikation: Allesamt ideale Einsatzmöglichkeiten für Sprachtechnologie: "Die Stimme ist einzigartig und bietet höchste Sicherheit."

Das Beratungsunternehmen 4Executives entwickelte zusammen mit Spitch einen Proof of Concept, bei dem der End-to-End-Prozess von Bankberatern und ein nahtloses Kundenerlebnis im Zentrum standen. Der Prozess führt von der Identifikation via Sprachbiometrie über Speech-to-Text-Erkennung und Protokollierung des Kundendialogs bis hin zu automatisch ausgefüllten Formularen und elektronischen Dossiers zur Aufbewahrung.

Zusammen mit den Fintech Experten Marc-André Dumont und Reto Girsberger von Crealogix hat Spitch auch eine mit Spracherkennung verknüpfte E-Banking Anwendung namens "Geeny" entwickelt: Der gute Geist im Smartphone führt Transaktionen aus, passt die Kreditkartenlimite auf Kundenwunsch an und gibt Saldoauskünfte – auf Wunsch auch auf Schweizerdeutsch.