Symbolbild: Swico

Das Contact-Tracing in der Schweiz droht angesichts der aktuell rapid steigenden Corona-Infektionen an die Grenzen zu stossen. Nebst knapp werdenden Personalressourcen erschwert die Software-Situation in den Kantonen ein effizientes Contact-Tracing. Eine Analyse des Onlinevergleichsportals Comparis.ch bei den 26 Kantonen in der Schweiz belegt, dass die Kantone unterschiedliche Programme für das Contact-Tracing verwenden, mitunter sogar Excel.

"Es ist unverständlich, warum bei so einer wichtigen Angelegenheit, wo Information das Wichtigste ist, der Bund auf die Durchsetzung eines einheitlichen Standards verzichtet", bemängelt Comparis-Gesundheitsexperte Felix Schneuwly. Die fehlende Standardisierung habe Folgen für den Informationsfluss. So sei E-Mail der Standard für den Datenaustausch mit dem Bundesamt für Gesundheit und den anderen Kantonen, geht aus der Befragung der kantonalen Gesundheitsdirektionen hervor. Nur zwei Kantone nannten das Informationssystem Meldungen des Bundes (ISM) als Hauptquelle für den Austausch.

Und so gebe es denn auch keinen Realtime-Austausch der Daten, so Schneuwly. Während manche Kantone stündlich bis täglich ihre Daten meldeten, habe ein Kanton nur eine wöchentliche Meldung angegeben. Die Mehrheit der Kantone habe kein fixes Intervall. "Eine zentrale Echtzeit-Übersicht über alle Daten würde einen uneinheitlichen, aufwendigen Informationsaustausch überflüssig machen und würde helfen, schneller ein besseres Bild über die Entwicklungen in der ganzen Schweiz zu haben", kritisiert der Gesundheitsexperte. Und es komme noch hinzu, dass diejenigen, die eine spezielle Contact-Tracing-Software verwenden, oft nicht den ganzen Umfang der Möglichkeiten kennen.

So sei am weitesten verbreitet die Software "Sormas" (Surveillance, Outbreak Response Management and Analysis System); eine Entwicklung des Helmholtz Zentrum für Infektionsforschung (HZI), des African Field Epidemiology Network (Afenet), des Nigeria Centre for Disease Control (NCDC) und der Vitagroup.

Sieben Umfrageteilnehmende gaben in der Comparis-Umfrage an, dieses Programm fürs Contact-Tracing zu verwenden. Gefragt nach den unterstützten Features ist das Wissen aber höchst unterschiedlich. So gab nur ein Kanton an, dass die Resultatmeldung von Labors an Tracer mittels Sormas möglich sei. Ebenfalls nur ein Kanton gab an, dass die Erfassung von Reisequarantänepersonen durch Flughäfen, Bahnhöfe, Zoll etc. möglich sei.

Nebst Sormas sind gemäss den Kantonen ein Programm der KPMG, die Eigenentwicklung Odoo, das IES Informations- und Einsatzsystem KSP sowie die Software Ecole im Einsatz. Übers Ganze gesehen bejahen alle 13 Befragten, die die Frage beantwortet haben, nur die Basisinformation "Erfassen der Indexpatienten". "Das ist eindeutig zu wenig. Es sollten alle möglichen Funktionalitäten ausgeschöpft werden und zumindest der kleinste gemeinsame Nenner gefunden werden", fordert Schneuwly.

Als Folge der fehlenden Minimalstandards erfassen die Kantone gemäss dem Comparis-Experten unterschiedliche Informationen. 15 Umfrageteilnehmende hätten die Frage nach zusätzlichen Schlüsselzahlen beantwortet. Hier werde keine einzige der von Comparis erfragten Schlüsselzahlen für eine verfeinerte Situationsabklärung von allen erfasst. "Das ist dramatisch. Denn so hilft der Appell des Bundesrates an die Selbstverantwortung der Bevölkerung gar nichts. Wir sind im Blindflug unterwegs", so Schneuwly.

Methodik:
Comparis hat zwischen 7. und 13. Oktober die Gesundheitsdirektionen der 26 Kantone schriftlich befragt.



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