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Auf der am kommenden Dienstag beginnenden Fibre to the Home (FTTH) Conference in London steht nicht zuletzt die Bedeutung von Glasfaser-Netzen für Smart-City-Projekte im Vordergrund. "Sie sind dafür die grundlegende Infrastruktur, vergleichbar mit dem Nervensystem im Körper", betont Paolo Sebben, Chair Smart Cities Group beim FTTH Council Europe.

Doch in der Praxis haben Projekte oft damit zu kämpfen, dass es Entscheidungsträgern das Bewusstsein genau dafür fehlt - was auch die Finanzierung erschwert. "Regierungen müssen verstehen lernen, dass Glasfaser-Investitionen wichtige Infrastruktur-Investitionen sind", meint Hartwig Tauber, Generaldirektor des FTTH Council Europe. Denn ihre wirtschaftliche Bedeutung ist immens, wie auf der Konferenz eine neue, etwas unerwartete treibende Kraft für den Glasfaser-Ausbau zeigt: die Entertainment-Industrie. Denn Trends wie Ultra-HD für das Heimkino und die immer stärkere Vernetzung von Games machen wirklich schnelles Breitband für eine sinnvolle Content-Bereitstellung zunehmend unverzichtbar.

Unterhaltung braucht Glasfasern

Auf der diesjährigen CES haben Ultra-HD-Fernseher 3D bereits die Show gestohlen, doch in der Praxis steht die 4k-Auflösung noch vor grossen Hürden. "Man kann derzeit keine 4k-Filme ausliefern, weil sie nicht auf eine Blu-ray passen", erklärt Tauber. Mit vier bis fünf Disks werden Kunden kaum hantieren wollen, die Alternative sind digitale Downloads, wie sie beispielsweise Sony schon forciert. Doch auch das hat Grenzen. "100 Gigabyte über einen DSL-Anschluss ist nicht praktikabel", so der Experte. Eben deshalb wird Glasfaservernetzung für moderne Entertainment-Angebote immer wichtiger.

Profitieren würden nicht nur Grössen wie Sony. Ist der digitale Vertrieb wirklich praktikabel, könnten kleinere, unabhängige Filmstudios mit vergleichsweise geringem Aufwand mehr Seher erreichen. Stabile Breitbandnetze werden zudem für die Games-Industrie immer wichtiger, da Spiele immer öfter Online-Komponenten haben oder gar nur noch mit Internet-Verbindung spielbar sind. Wenn ab April bei "Defiance" TV- und Games-Welt interagieren sollen, dringt die Entertainment-Industrie in Bereiche vor, wo zunehmend eine wirklich intelligente Vernetzung wichtig wäre.

Nur gute Netze machen smarte Städte

Eben diese intelligente Vernetzung sollte eine Smart City ausmachen, mit den dafür nötigen Glasfasernetzen. "Bei aktuellen Projekten ist oft eher das Gegenteil der Fall", meint Tauber. Zu häufig wird demnach politisch vermarktbaren Einzelaktionen beispielsweise in den Bereichen Verkehr und Ökoenergie das Mäntelchen Smart City umgehängt, obwohl es am Wesentlichen mangelt. Eigentlich sollte eine Smart City praktisch wie ein Körper über Sensoren Informationen aufnehmen, dann verarbeiten und letztlich Reaktionen auslösen können, so Sebben. "Wenn das Nervensystem nicht schnell ist, keine Glasfaser ist, dann klappt das nicht", warnt er.

Es ist dem Experten zufolge zwar nicht sinnvoll, in einer organisch gewachsenen Stadt gleich alle wichtigen Aspekte des Lebens von Verwaltung über Verkehr und Energieversorgung bis hin zur Wirtschaft auf einen Schlag intelligent vernetzen zu wollen. Drei grosse Bereiche sollten aber abgedeckt werden, um gerechtfertigt Anspruch auf die Bezeichnung Smart City zu erheben. Ein gutes Beispiel dafür sei St. Gallen, das in seinem Smart-City-Projekt Energieversorgung, Mobilität und Wärmeversorgung verbindet. "Man will so den Energiekonsum bis 2030 annähernd halbieren", so Sebben.

Glasfasern sind essenzielle Infrastruktur

Aus Sicht des FTTH Council Europe ist somit klar, dass Glasfasern letztlich die essenzielle Infrastruktur für intelligente Städte der Zukunft sind, da nur sie wirklich schnelle Zweiweg-Datenübertragung ermöglichen. Dementsprechend wird auf der Konferenz ein Thema die bedauerliche EU-Entscheidung sein, das Budget für den digitalen Teil der Connecting Europe Facilty von geplanten 9,2 Mrd. auf eine Mrd. Euro zusammenzustreichen und dabei speziell den Breitband-Ausbau auf dem Budget-Tisch zu opfern. Damit bleibt eine erhoffte positive Signalwirkung aus - obwohl gerade die Politik ohnehin oft hinderlich für Smart-City-Projekte ist.

"Vor allem in grossen Städten sind wir oft mit der Herausforderung konfrontiert, dass noch eine Generation von Entscheidungsträgern im Amt ist, die mit den Möglichkeiten der Telekommunikation nicht restlos vertraut ist", erklärt Tauber. So fehlt oft das Verständnis für die Bedeutung von Glasfasern als Infrastruktur. Hinzu kommt, dass einzelne Smart-City-Projekte in der Regel nur einige bis einige zehn Mio. Euro schwer und damit zu klein für grosse Investmentbanken sind - obwohl eigentlich ausreichend finanzielle Mittel verfügbar wären. Die FTTH Conference soll auch dazu beitragen, solche Probleme zu überwinden.



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