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Der deutsche ERP- und Cloud-Riese SAP hat ein neues Vertriebs-, Audit- und Preismodell für die sogenannte indirekte Nutzung (Indirect Access) lanciert, das in enger Zusammenarbeit mit Anwendergruppen, Kunden, Partnern und Analysten entstanden ist. Der neue Ansatz soll dafür sorgen, dass Kunden ihre SAP-Lizenzen künftiger leichter und transparenter nutzen können, so SAP in einer Mitteilung. Der Ansatz differenziert zwischen direktem/menschlichem (Human Access) und indirektem/digitalem Anwenderzugriff (Digital Access) und soll für klare Regeln bei den Themen Lizensierung, Nutzung und Compliance sorgen.

Bislang orientierte sich das Lizenzmodell für SAP ERP an der Zahl der Nutzer (User). Inzwischen finden aber immer mehr digitale Zugriffe auf SAP-Systeme statt. Eine Herausforderung für Kunden, die deshalb verstärkt ein alternatives Lizenzmodell wünschten.
Zukünftig unterscheidet SAP daher zwischen:
- Human Access (vorhanden) – der nach User-Anzahl berechnet wird
- Digital Access – Zugriff über Dritte, Internet of Things (IoT), Bots und/oder andere digitale Zugänge, die auf Basis der vom System selbst verarbeiteten Transaktionen/Dokumente lizenziert werden können

Das neue SAP-Modell greift sowohl für den digitalen Kern – SAP S/4Hana und SAP S/4Hana Cloud – als auch SAP ERP. Bestandskunden können wahlweise beim bisherigen Modell bleiben oder auf das neu dokumentenbasierte Preismodell wechseln – je nachdem, welches Modell besser zu ihren SAP- und Drittanwendungen passt. Zudem gibt es Konversionsangebote, mit deren Hilfe Kunden vom bestehenden auf das neue Preismodell wechseln können.

Trennung zwischen Lizenzvertrieb sowie Audit und Compliance

SAP führt darüber hinaus neue Regeln bei Organisation und Governance ein, die eine strikte Trennung zwischen Vertriebsorganisation und -prozessen und der Auditorganisation und deren Prozessen vorsehen. Denn bis heute komme es immer wieder zu Differenzen zwischen Kunden und SAP, wie ältere Vertragswerke hinsichtlich der neuen digitalen Anforderungen zu interpretieren seien. Dies wirke sich teilweise negativ auf parallel verlaufende Gespräche zur Neuanschaffung von Software aus.

Die organisatorischen Änderungen auf SAP-Seite erlaubten nun die Trennung dieser Sachverhalte und ermöglichten unabhängige Diskussionen, betonen die Walldorfer. Das erleichtere Kunden und Mitarbeitern aus dem SAP-Vertrieb die Zusammenarbeit. Auch will SAP künftig Messwerkzeuge zur Verfügung stellen, so dass Kunden in der Lage seien, ihren eigenen User- und Lizenz-Verbrauch jederzeit selbst zu überwachen.

SAP rollt das neue Vertriebs-, Audit- und Preismodell ab April aus und will in den kommenden Monaten weiteres Schulungsmaterial und Tools zur Verfügung stellen. So könnten Kunden die neuen Lizenzbestimmungen leichter verstehen und das für sie passende Modell auswählen.

Forderungen der Anwendergruppe umgesetzt

Wie die deutschsprachige SAP Anwendergruppe DSAG, zu der auch die Schweiz zählt, in einer Aussendung betont, sind in der Neuausrichtung von Vertrieb, Lizenzaudits und Compliance einige der wichtigen Forderungen der Anwendergruppe umgesetzt. "Was wir über längere Zeit intensiv mit SAP diskutiert und seit dem DSAG-Jahreskongress im Herbst des vergangenen Jahres konkret gefordert haben, wird nun von SAP auf den Weg gebracht", kommentiert Andreas Oczko, DSAG-Vorstand Operations/Service & Support und stellvertretender Vorstandsvorsitzender. Anders als bisherige nutzerbasierte Lizenzmodelle für den indirekten Zugriff auf ERP-Anwendungen, orientiere sich das neue SAP-Lizenzmodell an der Wertschöpfung, die durch das Anlegen und Auslösen bestimmter Transaktionen und Dokumente im SAP-ERP-System erzielt werde. "SAP hat mit diesem innovativen Modell einen wichtigen Schritt getan, das Vertrauen der Kunden zurückzugewinnen, das in letzter Zeit etwas verloren gegangen schien", so Oczko weiter.

Natürlich müsse sich das neue Preismodell erst noch in der Realität bewähren, so die DSAG. Dennoch sei das Modell ein guter Auftakt, in Bezug auf die Lizenzierung und die indirekte Nutzung eine für alle ansprechende Lösung zu schaffen. Weitere Schritte und Anpassungen müssten allerdings folgen. Für Neukunden grundsätzlich interessant, müsse das neue Modell in der Praxis zeigen, ob es auch für die Bestandskunden wirtschaftlich sinnvoll umsetzbar sein werde. Wobei zu beachten sei, dass mit dem neuen Ansatz nur die Lizenzen für die indirekte Nutzung adressiert würden und nicht das gesamte Lizenzmodell. Wichtig in dem Zusammenhang wäre aus Sicht der DSAG, dass SAP, falls notwendig, individuelle Gespräche mit einzelnen Kunden suche, um zeitnah eine tragfähige und faire Lösung für die indirekte Nutzung unter Berücksichtigung der Altverträge und der Historie zu finden. "Diese Vereinbarungen müssen legal verbindlich, für beide Seiten nachhaltig und wirtschaftlich sinnvoll sein und einen Schlussstrich unter dieses Thema ziehen. Die Wahlmöglichkeit zwischen ‚Alles bleibt wie es ist‘ und dem neuen Lizenzmodell ist nicht in jedem Fall ausreichend", postuliert Oczko abschliessend.