Grafik: Comparis.ch

Bis voraussichtlich Ende Jahr wird Replay-TV für die Anwender entweder teurer oder sie müssen sich beim zeitversetzten Fernsehen Zwangswerbung anschauen. Der Grund: Die TV-Branche will sich durch Überspulen entgangene Werbeeinnahmen besser entschädigen lassen. Eine repräsentative Umfrage des Online-Vergleichsdienstes Comparis.ch zeigt aber: Die Änderung betrifft zwar den Grossteil der Fernseh-Nutzenden in der Schweiz. Aber anders als von der Branche erwartet, ist Replay-TV nicht grundsätzlich der grosse Werbekiller.

Werbung überspulen ist beim Replay-TV nicht das Hauptbedürfnis. 85 Prozent der Replay-TV-Abonnierenden nutzen die Rückspulfunktion, um verpasste Sendungen nachzuschauen. 38 Prozent wollen mit Replay-TV beliebige Sendungen schauen (wie bei Netflix & Co). Nur 48 Prozent nutzen die Funktion tatsächlich, um Werbung zu verbergen. Tatsächlich zeigt eine Comparis-Studie zum Umgang mit Werbung denn auch, dass TV-Werbung als deutlich weniger störend wahrgenommen wird als Pop-up-Werbung auf Webseiten.

Der Anteil der Werbe-Überspulenden ist allerdings mit 61 Prozent bei den unter 36-Jährigen signifikant höher als bei den älteren Generationen (36- bis 55-Jährige: 46 Prozent; über 55-Jährige: 35 Prozent). "Die Jungen sind sich von Youtube & Co. nicht mehr minutenlange Werbeblöcke gewohnt und empfinden sie eher als störend als die Älteren, die mit Live-TV aufgewachsen sind", beobachtet Comparis-Digitalexperte Jean-Claude Frick.

Die Replay-TV-Nutzenden sind bereit, für die Rückspulfunktion künftig mehr zu zahlen. Die Comparis-Studie zum Umgang mit Werbung hat schon 2019 bei TV die höchste Zahlbereitschaft für werbefreie Inhalte gezeigt (Medianwert 8 Franken pro Monat). In der aktuellen Befragung würde die Hälfte der Replay-TV-Abonnierenden mindestens einen Aufpreis von bis zu 5 Franken in Kauf nehmen, um die Rückspulfunktion weiter zu haben.

Grundsätzlich ist bei den Jüngsten die Zahlungsbereitschaft am höchsten. 57 Prozent aller Befragten in dieser Generation würden bis 5 Franken pro Monat mehr für die Rückspulfunktion zahlen. "Wenn es nach Ablauf der Übergangsfrist darum geht, dass man seine Lieblingssendung ohne Aufpreis nicht mehr nachschauen kann, dürfte die Zahlungsbereitschaft nochmals deutlich steigen", vermutet Frick.

55 Prozent der Replay-TV-Abonnentinnen und -Abonnenten wären zudem auch bereit, die Rückspulfunktion zum selben Preis, aber mit Zwangswerbung zu nutzen. Nach Altersgruppe sind unter allen Befragten (also mit und ohne Replay-TV-Abo) die Personen bis 36 Jahre signifikant öfter bereit, Zwangswerbung zu schauen, als die über 55-Jährigen. "Obwohl die Jüngeren viel mehr Werbung überspulen und auch eher einen Aufpreis zahlen würden, scheinen sie toleranter gegenüber Werbung zu sein. Das mag auch mit der Nutzung des Smartphones während des Fernsehens zu tun haben. Das hilft, Wartezeiten während der Werbung zu überbrücken", so Frick.

Replay-TV ist in der Schweiz stark verbreitet. 91 Prozent der Befragten haben ein Fernsehabo. Von diesen haben drei Viertel ein Abo mit Rückspulfunktion. Besonders im Welschland ist Replay-TV beliebt. 81 Prozent der Fernseh-Abonnentinnen und -Abonnenten haben hier die Rückspulfunktion mitbestellt.

Die Funktion ist zudem in regem Gebrauch. 98 Prozent der Abonnierenden nutzen ihr Replay-TV zumindest gelegentlich. 29 Prozent spulen sogar täglich Sendungen zurück. "Live-TV hat zwar während der Pandemie wieder etwas aufgeholt. Aber dennoch hat Fernsehen seine soziale Funktion verloren. Die Zeiten, in denen sich die Familie am Sonntagabend im Wohnzimmer zum Tatort vor den Fernseher gesetzt hat, sind klar vorbei. Das liegt nur schon an der Vielzahl möglicher Abspielgeräte und der Konkurrenz durch Streamingdienste. Das ermöglicht es, ein eigenes Programm je nach Bedürfnis zusammenzustellen", beobachtet der Comparis-Digitalexperte.

Zur Studie:
Die repräsentative Befragung wurde durch das Marktforschungsinstitut Innofact im Auftrag von Comparis.ch im Juli 2022 unter 1’034 Personen in allen Regionen der Schweiz durchgeführt.

Grafik: Comparis.ch
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