Das vom CSEM koordinierte europäische Quantenprojekt "MacQsimal", das zur Initiative "FET Flagship on Quantum Technologies" gehört, neigt sich dem Ende zu und zeigt vielversprechende Ergebnisse. Dazu gehört insbesondere die Markteinführung von Miniaturatomuhren. Das 2018 lancierte Projekt "MacQsimal" hatte zum Ziel, Quanteneffekte zu nutzen, um einerseits Sensoren mit einer bisher unerreichten Empfindlichkeit und Präzision zu entwickeln und andererseits eine leistungsfähige europäische Industrie in diesem Bereich aufzubauen. Zum Abschluss des Projekts fanden an der Universität Neuenburg (UniNE), einem wichtigen Projektpartner, dieser Tage ein öffentlich zugängliches wissenschaftliches Symposium sowie die ebenfalls öffentliche Konferenz "Temps, Sciences et Société" statt.
Die aus der ersten Quantenrevolution hervorgegangenen Transistoren und Laser ermöglichten die Entwicklung von Computern, Mobiltelefonen sowie des Internets. Heute zeichnet sich eine zweite Quantenrevolution ab, denn inzwischen ist es möglich, die fundamentalen Quanteneigenschaften von Systemen und Materialien gezielt zu steuern. Um das riesige Potenzial dieser Technologie auszuschöpfen und in Bereichen wie der Gesundheit, der Sicherheit, dem Verkehr, der Energie und der Umweltwissenschaften entscheidende Fortschritte zu erzielen, ist ein weltweiter Wettlauf entbrannt.
Das vom CSEM koordinierte europäische Projekt "MacQsimal" umfasst 14 Partner, die die ganze Wissenskette von der Grundlagenforschung bis hin zur industriellen Umsetzung repräsentieren. Dieses Konsortium arbeitete insbesondere daran, das Potenzial von Atomdampfzellen auszuschöpfen, um eine neue Generation hocheffizienter Sensoren bereitzustellen. Die Schweizer Partner von "MacQsimal" leiteten dabei den Prozess des Technologietransfers zur Industrie für eine energiesparende Miniaturatomuhr ein.
Der Grossteil der Entwicklung einer kommerziellen Miniatomuhr erfolgt in Neuenburg, von der MEMS-Zelle des CSEM – dem Herzstück der Uhr – über die Steuerelektronik und bis hin zur Endmontage. Das für die Vermarktung zuständige Unternehmen Orolia Switzerland zielt auf einen wachsenden Markt ab, in dem die Nachfrage nach Atomuhren ständig steigt. "Unsere Forschungen zur Miniaturisierung von Atomuhren, die wir vor etwa 15 Jahren begonnen haben, führen zu neuen Produkten, die in der Region vermarktet werden", freuen sich Christoph Affolderbach und Gaetano Mileti, wissenschaftlicher Mitarbeiter bzw. Professor am Laboratoire Temps-Fréquence der UniNE. "Wir setzen unsere Forschungsarbeiten fort, damit Neuenburg in einem für die Schweiz strategischen Bereich seine Führungsposition behält."
Atomuhren sind ein einzigartiges Instrument zur Koordinierung zahlreicher Dienste, die für die Bevölkerung wesentlich sind, wie Telekommunikations-, Transport- und Energienetze, die heute von GPS- oder Galileo-Signalen abhängen. Bei einem Signalausfall aufgrund von Störungen oder Angriffen können die Miniaturuhren diese Funktion übernehmen und das System für einige Stunden aufrechterhalten, bis das Problem behoben ist. "Man kann sie bei einigen Anwendungen mit kleinen Notgeneratoren vergleichen", erklärt Jacques Haesler, Koordinator von "MacQsimal" und Projektleiter am CSEM.
Neben der Entwicklung der Miniaturatomuhr hat das Projekt auch andere Prototypen von äusserst empfindlichen Quantensensoren realisiert, so z. B. Magnetometer oder Gyroskope, die in Bereichen zur Anwendung kommen, die von der diagnostischen Medizin bis zur autonomen Navigation reichen. All diese Entwicklungen erfolgten in enger Partnerschaft mit Forschungsgruppen und Industrieunternehmen der europäischen Nachbarn. Die weitere Zusammenarbeit im Hinblick auf eine Industrialisierung sei nun aber eingestellt worden, denn seit die Verhandlungen über das Rahmenabkommen mit Europa abgebrochen wurde, sei die Schweiz, die das zentrale Element für diese Sensoren – nämlich die berühmte MEMS-Zelle – liefert, von den europäischen Forschungsprogrammen in diesem Bereich ausgeschlossen, teilt das CSEM mit.
In der zweiten Phase des Quantum-Flagship-Programms wurden kürzlich die ersten Projekte für den Transfer dieser vielversprechenden Quantentechnologien zur Industrie finanziert, doch die Schweiz ist nicht dabei. "Der Bund hat erste Unterstützungsinitiativen angekündigt, um diesen Ausschluss vorübergehend zu überbrücken. Dank dieser Massnahmen können die im Bereich der Quantentechnologien tätigen Schweizer Akteure ihre eigenen Entwicklungen vorläufig fortsetzen, aber aufgrund des Ausschlusses ist es ihnen nun unmöglich, weiterhin mit den europäischen Partnern zusammenzuarbeiten", fasst Jacques Haesler zusammen. "Mit einer baldigen Wiederanbindung an die europäischen Programme könnte der Rückstand mit einem Minimum an Kollateralschäden aufgeholt werden."
Weitere Informationen über das "MacQsimal" Projekt: www.macqsimal.eu