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Die Postfinance geht über die Osterfeiertage mit einem neuen Kernbanken-Softwaresystem live. Die Legacy-Systeme, die noch aus den 1990er Jahren stammen, werden durch Software des indischen Anbieters Tata Consultancy Services (TCS) abgelöst. Das Projekt, an dem das Finanzinstitut bereits seit 2011 arbeitet, verschlingt gesamthaft rund 150 Millionen Schweizer Franken.

Da sich Informatik-, Ausbildungs- und sonstige Kosten nicht immer eindeutig dem Projekt zurechnen lassen, geht etwa die Schweizer Handelszeitung sogar davon aus, dass die Systemumstellung insgesamt mehrere hundert Millionen Franken kosten werde. Laut Postfinance-CEO Hansruedi König wird das Projekt erstmals in der Jahresabschlussbilanz 2017 ausgewiesen. Die Kosten sollen dann über einen Zeitraum von 10 Jahren abgeschrieben werden.

Aufgrund des Umstellungsprocedere sind für viele IT-Mitarbeiter der Bank die Osterferien gestrichen. Rund 400 Mitarbeitende sollen während vier Tagen rund um die Uhr in die Systemumstellung involviert sein. Auch König werde anwesend sein, denn als oberster Lenker des Instituts müsse er bei Schwierigkeiten den letzten Entscheid fällen. Und solche seien durchaus nicht ausgegeschlossen, denn der Umstieg auf das TCS-System sei mit rund 1 Milliarde betroffener Datensätze so umfassend, dass niemals alle Eventualitäten berücksichtigt werden könnten, wie die mit der Migration beauftragten IT-Manager bekannten.

Während der vier Umstellungstage zu Ostern werden für die Kunden der Staatsbank verschiedene Dienste zeitweise nicht nutzbar sein. Den längsten Unterbruch soll es bei der E-Banking-Plattform geben, die voraussichtlich von Donnerstagabend bis zum Abend des Ostermontags nicht zur Verfügung stehen werde. Auch die Handy-App soll während zweier Tage offline sein. In der Nacht von Samstag auf Sonntag werden zudem nur eingeschränkt Zahlungen mit den Postfinance-Cards möglich sein. Ansonsten wird sich für Retail-Kunden durch die Umstellung unmittelbar nichts ändern. Sowohl die Benutzeroberflächen von Internet-Banking und App, als auch die Zahlungsverkehr-Produkte blieben gleich, heisst es. Alle Einstellungen der Kunden – zum Beispiel Daueraufträge – würden zudem übernommen. Es sei aber möglich, dass das neue System in den ersten Tagen noch instabil laufe.

Einzelne Komponenten ihrer Banksoftware hat die Postfinance bereits auf Module von TCS umgerüstet. So etwa das Fondsgeschäft oder den Handel mit Devisen und Obligationen. Bereits seit April 2016 laufen auch Tests mit der neuen Kernbankensoftware, im September 2017 hat eine erste von vier "Generalproben" stattgefunden. Zwei weitere stehen noch an.

Dieser "Big Bang" ist nicht nur für die Postfinance ein Prestigeprojekt, sondern auch für die beiden wichtigsten Partner. Die Beratungsfirma Accenture etwa hat eigens an die 100 Spezialisten dafür abgestellt, und die Software-Lieferantin TCS, die in der Schweiz auch die Six, die UBS, die Credit Suisse und eine Reihe von Privatbanken zu ihren Kunden zählt, ist mit 37 ihrer rund 500 Schweizer Mitarbeitenden am Berner Postfinance-Hauptsitz vor Ort. In Indien seien nochmals mehr als 100 Experten für das Unterfangen abgestellt, heisst es.

Mit der neuen IT im Rücken sieht sich die Postfinance als "digitales Powerhouse". Dem eigenen Anspruch zufolge soll das Institut bis im Jahr 2020 die führende digitale Bank der Schweiz sein und unter den Top 10 der digitalen Banken Europas rangieren. Mittelfristiges Ziel sei es, bis in ein paar Jahren sämtliche Transaktionen digital abwickeln zu können, so die Postfinance.



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