Symbolbild: Pixabay/Un-Perfekt

Forschende der OST (Ostschweizer Fachhochschule) haben ein Screening-Tool entwickelt, das Cybermobbing erkennt. Die Anwendung könne sowohl in der Präventionsarbeit als auch in der Rechtsberatung eingesetzt werden, heisst es in einer Aussendung dazu.

Hintergrund dazu ist, dass bereits jeder vierte Achtjährige in der Schweiz ein eigenes Smartphone besitzt. Bei den Dreizehnjährigen sind es über 70 Prozent. Während der Woche nutzen Jugendliche das Netz im Schnitt zwei Stunden pro Tag, am Wochenende drei – zum grössten Teil sind sie in sozialen Netzen oder mit Unterhaltung aktiv. "Die häufige Mediennutzung beeinflusst nicht nur die Art der sozialen Interaktion, sondern führt auch dazu, dass Mobbing vermehrt im virtuellen Raum stattfindet", ist im "Bildungsbericht Schweiz 2023" nachzulesen, der von der Schweizerischen Koordinationsstelle für Bildungsforschung herausgegeben wird. Laut Studie wurde ein Viertel der Jugendlichen schon einmal im Internet "persönlich angegriffen" und ein Sechstel der Jugendlichen hat erlebt, dass "beleidigende Bilder und Texte" über sie verschickt wurden. Bis zu fünf Prozent aller Kinder und Jugendlichen sollen mindestens wöchentlich unter Mobbing und Cybermobbing leiden – Mädchen seien dabei häufiger betroffen wie Buben.

"Obwohl diese Delikte im digitalen Raum seit 2019 signifikant zugenommen haben, gibt es im Vergleich zu herkömmlichen Mobbingformen kaum Ansätze, die eine niederschwellige, automatisierte und datengestützte Verdachtsprüfung für die Betroffenen erlauben", sagt Michael Gino Kraft, Dozent für Qualität & Nachhaltigkeit am Institut für Organisation und Leadership der OST. Zusammen mit Kollegen vom Institut für Informations- und Prozessmanagement entwickelte Kraft daher eine Applikation, die Cybermobbing erkennt. "Dieses Screening-Tool kann von Rechtsberatungen angeboten werden, um Betroffenen oder ihren Betreuungspersonen die Möglichkeit zu geben, Verdachtsfälle durch ein textbasiertes maschinelles Lernverfahren auf Mobbing- und Hate Speech-Kriterien hin zu überprüfen und prädiktive Einschätzungen für Handlungsoptionen abzuleiten", betont OST-Dozent Kraft.

Eine von Innosuisse finanzierte Vorstudie zeigt, dass Beschimpfungen im Netz bereits zuverlässig identifiziert werden können. Bei Erpressung und übler Nachrede hingegen fehlten geeignete Datensätze, um das maschinelle Lernverfahren zu trainieren. Eine weitere Herausforderung stellten Ehrverletzungsdelikte dar, weil diese oft auf Schweizerdeutsch erfolgten, was eine maschinelle Übersetzung erschwere. "Die Hauptherausforderung besteht darin, dass Cybermobbing kein juristisch klarer Begriff darstellt und unterschiedlich komplexe Phänomene darunter verstanden werden können", erläutert OST-Dozent Beat Tödtli vom Institut für Informations- und Prozessmanagement. Die OST-Forschenden suchen nun für die nächsten Schritte Partnerorganisationen, die juristisch einwandfrei zuordbare Textfragmente von Cybermobbing zur Verfügung stellen können. "Unser Ziel ist ein Tool, dass sowohl in der Prävention als auch in der Rechtsberatung zur Einschätzung von Cybermobbing-Verdachtsfällen eingesetzt werden kann", so OST-Dozent Kraft.