Lithium-Ionen-Batterie-Schrott (Bild: zVg)

Der Abbau von Rohstoffen für die Fertigung von Lithium-Ionen-Batterien stellt eine grosse Umweltbelastung dar. Aus diesem Grunde sollen Batterien zukünftig effizienter rezykliert werden. Das ist eines der Ziele des Innosuisse-Forschungsprojektes, das im November am Institut für Intelligente Industrielle Systeme I3S der Berner Fachhochschule BFH in Zusammenarbeit mit dem Start-up Librec, der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) und dem Switzerland Innovation Park Biel/Bienne (SIPBB) gestartet ist.

Hintergrund des Projektes ist unter anderem, dass immer mehr Fahrzeuge, die auf den Strassen unterwegs sind, einen elektrischen Antrieb haben. Am Ende der Nutzungsphase müssen deren Antriebsbatterien entsorgt werden – ein Prozess, der nach heutigem Stand bezüglich Nachhaltigkeit, Effizienz und Sicherheit viel Verbesserungspotenzial bietet. An dieser Stelle setzt das Startup Librec an. Dank eines Verfahrens, das zwischen 2009 und 2016 an der Technischen Universität Braunschweig entwickelt und erforscht wurde, können bereits rund 70 Prozent der Komponenten zurückgewonnen werden. Dieses Verfahren sowie weitere Schritte im Recyclingprozess will Librec optimieren und kollaboriert dafür im Rahmen eines Innosuisse-Projektes mit Forschenden der BFH sowie der Empa und dem SIPBB.

Das Forschungsprojekt befasst sich mit sechs Aspekten im Recyclingprozess: der Charakterisierung, dem Entladen und der Demontage der Batterien, der Rückgewinnung und Auftrennung des Elektrolyten, der Aufbereitung der Schwarzmasse sowie der Modellierung und dem Life Cycle Assessment (LCA).

Bei der Charakterisierung geht es darum, den "Gesundheitszustand" (state of health) und die Materialzusammensetzung der Batterie exakt zu bestimmen. Dieses Wissen und ein funktionierendes Verfahren zur Tiefenentladung der Zellen sind Voraussetzungen sowie für eine Vorsortierung in Batterien für eine Second-Life-Anwendung oder stofflichen Verwertung als auch für eine anschliessende sichere und effiziente Batteriedemontage. Diese geschieht nach aktuellem Stand ausschliesslich manuell. Auch hier sieht Librec ein Verbesserungspotenzial, da die manuelle Demontage hohe Kosten nach sich zieht. Vorgesehen ist die Entwicklung eines teilautomatisierten Systems sowie neuartiger Sicherheitstechniken. Ist die Batterie in ihre Einzelteile zerlegt, geht es darum, auf nachhaltige Weise einen möglichst grossen Anteil der verwendeten Materialien zurückzugewinnen. Dazu gehören Grafit und Lithium, für die das Forschungsprojekt eine Rückgewinnungsrate von 80 Prozent anstrebt. Für Kobalt, Nickel, Kupfer, Mangan und Aluminium liegt das Ziel gar bei einer Rückgewinnungsrate von 95 Prozent. Dies vermeidet Abfälle und macht eine nachhaltige Nutzung von Rohstoffen möglich, deren Abbau eine grosse Umweltbelastung darstellt. Um schliesslich die Entwicklung und den Aufbau der verfahrenstechnischen Anlagen zu beschleunigen und die Investitionskosten zu verringern, setzen die Forschenden anstelle von mehreren Prototypen auf moderne Simulationswerkzeuge.

Die Forschenden der BFH haben sich in früheren Projekten detailliert mit der Herstellung von Batterien sowie mit der Optimierung von Herstellungsprozessen befasst. Im neuen Forschungsprojekt fliesst dieses Wissen nun an mehreren Stellen in den Recyclingprozess ein. Einerseits erstellen die WissenschaftlerInnen zur Berechnung der Kosten digitale Modelle der gesamten Anlage. Im Forschungslabor bauen sie zudem Versuchsanlagen auf, an denen sie die Verfahren zur Auftrennung des Elektrolyten und der Aufbereitung der Schwarzmasse untersuchen und testen.

Mit den Fragen, welche Batterien für eine Second-Life-Anwendung verwendet werden können und wie sich die Batterien demontieren lassen, damit möglichst viel Material rezykliert werden kann, beschäftigen sich die WissenschaftlerInnen vom Swiss Battery Technology Center des SIPBB. Sie haben sich bereits in verschiedenen Projekten mit dem elektrischen und mechanischen Aufbau von Batteriepacks befasst und untersuchen zudem die Lebensdauer von Batterien im Battery Testing Laboratory, einer Public-private-Partnership zwischen dem SIPBB und der BFH.

Mit der Ökobilanzierung des gesamten Prozesses beschäftigt sich die Gruppe Advancing Life Cycle Assessment (ALCA) von der Empa. Dafür ist sie in der Schweiz eine der führenden Adressen und kann auf langjährige Erfahrung zurückblicken.

Anfang 2024 will Librec ein Recyclingzentrum für Antriebsbatterien in Betrieb nehmen. Dort sollen alle Dienstleistungen an der Altbatterie wie Reparatur, Upcycling und Recycling an einem Standort zusammengefasst werden. Damit entfallen teure und sicherheitskritische Transporte von Altbatterien über lange Strecken. Die Energie, die durch das vollständige Entladen der Batterien gewonnen wird, soll einen Drittel der benötigten Prozessenergien decken. Und je nach Rohstoffpreisen deckt der Verkaufserlös der zurückgewonnenen Materialien, aus denen neue Batterien hergestellt werden, die Betriebskosten vollständig. Ansonsten müssen diese durch einen Entsorgungsbeitrag gedeckt werden. Somit leistet das Librec-Verfahren nicht nur einen Beitrag zum nachhaltigeren Umgang mit Ressourcen, sondern überzeugt gleichzeitig mit Energie- und Kosteneffizienz.