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Die Nutzer lieben ihre Smartphones und Tablets heiss und innig, und haben sie als bevorzugte Systeme für den Zugang zum Web etabliert. Desktops und Notebooks stehen da nur noch in der zweiten Reihe. Unternehmen tun sich mit diesem Trend jedoch sehr viel schwerer als die Konsumenten.

Gastkommentar von Carsten Rust, Manager Solution Consulting bei Pegasystems

Natürlich wollen alle ins Mobile Business, aber so richtig angekommen sind die wenigsten. Eine App ist zwar schnell zusammengezimmert, doch richtiges Business im mobilen Kanal verlangt dann doch etwas mehr. So nutzen zwar schon viele Unternehmen mobile Systeme für CRM, sei es als Self-Service-Kanal für bestehende Kunden, als Vertriebswerkzeug oder als Marketing-Kanal bei der Kundenansprache. In den meisten Fällen ist der mobile Kanal dabei jedoch von den anderen Kundeninteraktionskanälen abgekoppelt. Da können dann beispielsweise Bestellprozesse, die mobil begonnen wurden, nicht über das Call Center oder in einem Ladengeschäft des Unternehmens fortgeführt und beendet werden. Kein Wunder, wenn sich der frustrierte Kunde ganz abwendet. Auch Marketing-Kampagnen stehen mobil oft isoliert da: Es gibt keine konsistente Kundenansprache, kanalspezifische Aspekte wie die GPS-Lokalisierung werden nur sehr selektiv genutzt und überhaupt weiss jenseits des mobilen Kanals niemand so recht, was dort passiert – anderes Team, andere IT-Systeme und womöglich auch andere Produkte.

Auf diese Weise lassen viele Unternehmen ein hohes Potenzial für ein positives Kundenerlebnis brach liegen. Dabei hat man doch gerade einen nicht geringen Aufwand betrieben, um ihn auch mobil zu erreichen. Ein Ergebnis, das insbesondere dann fatal ist, wenn es sich um eine Branche handelt, in denen die Anzahl der Kundeninteraktionen von Haus aus gering ist, wie etwa bei Versicherungen. Hier gilt dann für den frustrierten Kunden: einmal und nie wieder. Dafür hätte man keine App entwickeln müssen.

Es ist daher ein grundlegender Paradigmenwechsel im CRM nötig. Der Trend zu mobilen Systemen macht nun unaufschiebbar, was ohnehin auf der Tagesordnung stehen sollte: Das Denken in separaten Kanälen ist generell überholt; von den Daten hin zum Prozess müssen CRM-Prozesse kanalübergreifend ausgelegt sein. Spezielle IT-Systeme für den mobilen Kanal sind im Backend ebenfalls tabu. Informationen müssen auch über die Kanalgrenzen hinweg konsistent austauschbar sein – der Multi-Channel-Ansatz muss auf Cross-Channel erweitert werden.

Ebenso ist es unerlässlich, dass Marketingkampagnen kanalübergreifend im Kontext der Gesamtheit der Kundeninteraktionen funktionieren und auf die individuellen Kundenbedürfnisse zugeschnitten sind. Sie können eventuell durch Next-Best-Actions ergänzt werden, die dann ebenfalls nicht auf den Ausgangskanal beschränkt sein dürfen. Mobile Endgeräte und die von ihnen angestossenen Prozesse müssen sich auch hier nahtlos in die existierenden CRM-Prozesse einbetten lassen.

Das alles sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, aber die Realität in den Unternehmen sieht eben (noch) anders aus. Sie erinnert ein wenig an die Zeiten, als die Unternehmen den Online-Kanal für sich entdeckten und gleich die Gelegenheit nutzten, dafür in ihrer IT neue Silos einzurichten. Diesen Fehler muss man nun wirklich nicht noch einmal machen.