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Die digitale Transformation, die sich durch alle gesellschaftlichen Zweige hindurch entwickelt, fordert auch die auf Recruiting spezialisierten Unternehmen heraus. Marc Lutz, Managing Director von Hays Schweiz, erläutert im Interview mit ICTkommunikation die grossen Trends in den Bereichen Human Resources und Job-Recruitment.

Interview: Karlheinz Pichler

ICTkommunikation: Die Digitalisierung der Unternehmen, Stichwort Industrie 4.0, und damit die Vernetzung von Maschinen und Prozessen, geht rasant voran. Wo aber bleibt der Faktor Mensch? Welche Rolle wird der Mensch im Unternehmen der Zukunft einnehmen? Wird künftig überhaupt noch Platz für ihn vorhanden sein?

Marc Lutz: Trotz der zunehmenden Digitalisierung und Vernetzung wird der Faktor Mensch in vielen Bereichen entscheidend bleiben. Nicht alles kann automatisiert werden. Beim sogenannten „People Business“ wird der Mensch deshalb auch in Zukunft eine zentrale Stelle im Unternehmen einnehmen. Dabei stehen ihm zusehends modernere und effizientere Werkzeugen zur Seite, der Adaption ihm helfen, das Business bestmöglich zu unterstützen.

ICTkommunikation: Der Vormarsch der Digitalisierung und die Entwicklung der Technologien haben auch auf den IT-Sektor intern gravierende Auswirkungen. Unternehmen beziehen ihre IT-Infrastrukturen immer häufiger aus der Cloud und lagern Daten und Prozesse aus. Damit werden auch grosse Teile der IT-Abteilungen überflüssig. Wie sieht man bei Recruiter Hays diese Veränderungen? Immerhin stellt der IT-Bereich ja ein wichtiges Standbein für Hays dar.

Marc Lutz: IT-Infrastrukturen werden zwar zusehends ausgelagert, aber die Auslagerung erfolgt ja nicht immer ins Ausland. Oftmals sind es regionale Partner, die die Aufgaben übernehmen. Viele dieser Unternehmen sind wiederum unsere Kunden; dort steigt entsprechend der Bedarf an Fachspezialisten. Darüber hinaus müssen auch Cloud-Lösungen implementiert werden. Hier ist von einem höheren Beraterbedarf auszugehen. Allerdings wollen immer mehr Firmen ihr Prozess-Know-how auf keinen Fall ausser Haus geben. Gerade im Mittelstand zeichnet sich ein Trend zum Aufbau von internem Know-how ab.

"Trotz der zunehmenden
Digitalisierung und Vernetzung
wird der Faktor Mensch in vielen
Bereichen entscheidend bleiben!"

(Marc Lutz, Managing Director
Hays (Schweiz) AG

ICTkommunikation: Manches des vorhin Angesprochenen ist ja noch etwas Zukunftsmusik. Aber die Zeit verrinnt und der Wandel schreitet voran. Wenn man das Jetzt in Augenschein nimmt: Inwieweit haben sich die Skills der Anforderungsprofile etwa von CIOs und IT-Fachkräften verändert und was für Anforderungen werden mittelfristig im Vordergrund stehen?

Marc Lutz: Der Trend geht eindeutig in Richtung Beratung und Projektmanagement sowie koordinierender Funktionen und wertschöpfender Tätigkeiten. Diese Skills werden zunehmend geschätzt, da oft in einem international vernetzten Umfeld gearbeitet wird. Ganz allgemein lässt sich sagen, dass die Anforderungen sowohl an IT-Verantwortliche wie auch Fachkräfte heute höher sind als noch vor einem Jahrzehnt. Heute ist nicht mehr in erster Linie nur Expertenwissen gefragt. Die Unternehmen bzw. Personalabteilungen achten vermehrt auf Soft Skills wie Kommunikationsfähigkeit, Kompromissbereitschaft, Problemlösungskompetenz, Belastbarkeit und die Fähigkeit, Prioritäten zu setzen. Die reine Entwicklung verliert in der Schweiz hingegen an Stellenwert und wird oft ausgelagert.

ICTkommunikation: Was nun konkret das Recruitment anbelangt: An welchem Punkt halten aktuell mobile Bewerbungsverfahren und wie sind Schweizer Unternehmen diesbezüglich aufgestellt? Werden eigentliche Bewerbungsprozesse auch schon mobil bewerkstelligt?

Marc Lutz: Die mobile Bewerbung ist ganz klar die Zukunft, und das ist auch vielen Firmen bewusst. Schliesslich sind mobile Endgeräte längst integraler Bestandteil des Alltags und so ein unverzichtbares, da reichweitenstarkes Kommunikationsmedium geworden. Besonders zur gezielten Ansprache jüngerer Zielgruppen wird Mobile Recruiting in Zukunft grosse Bedeutung zukommen. Noch ist man vielerorts aber noch nicht so weit. Will man die mobilen Geräte fürs Recruiting einsetzen, stellen sich aufgrund des geänderten Mediennutzungsverhaltens grosse Herausforderungen. Echtes Mobile Recruiting ist mehr als nur eine Karriereseite im responsive Design. Eine innovative Bewerberansprache ist gefragt. Aber auch an der Anpassung der Infrastruktur, namentlich der Karriere-Websites, der Stellenmärkte und der Tools für das Bewerbermanagement, muss noch gearbeitet werden.

ICTkommunikation: Inwieweit beeinflussen moderne Medien wie etwa Video, Job-Plattformen, Social Media und anderes generell das Recruitment? Und wo steht demgegenüber die klassische Bewerbung? Ist letztere noch existent?

Marc Lutz: Job-Plattformen und Social Media sind aus der Recruitment-Welt nicht mehr wegzudenken. Diese beiden Kanäle dominieren heute ganz klar den Alltag eines Recruiters. Auch Videos sind heute mit Sicherheit schon gefragt, allerdings lediglich in Kreativberufen. Auf dem breiten Markt hat sich dieses Medium noch nicht durchgesetzt. Die klassische Bewerbung hingegen ist heute praktisch nicht mehr existent.

ICTkommunikation: Wie sieht der Recruitingprozess der Zukunft aus?

Marc Lutz: Die Technologie wird sich mit Sicherheit noch weiter entwickeln, und es wird mehr mobile Alternativen geben. Wichtig ist es hier, offen für Neues zu bleiben und seinen eigenen Prozess immer wieder zu hinterfragen, um ihn so aktuell zu halten.

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Marc Lutz, Managing Director Hays (Schweiz) AG (Bild: Hays)