Gastkommentator Tobias Gerlinger, CEO und Managing Director von Owncloud (Bild: zVg)

Vergangene Woche hat Microsoft angekündigt, dass bis Ende 2022 künftig im Rahmen des Programms "EU Data Boundary" die technischen Voraussetzungen geschaffen werden sollen, dass Daten von EU-Unternehmen und -Regierungen nicht mehr die EU verlassen müssen. Doch so lobenswert die Bekenntnisse von Microsoft auch sind, von denen auch die Schweiz betroffen ist, muss man feststellen, dass der Speicherort nie das Problem war. Vielmehr sind US-amerikanische Unternehmen verpflichtet, ihrer Regierung und den Geheimdiensten auf Anfrage Zugriff auf die Daten ihrer Kunden zu gewähren, egal, an welchem Standort sie gehostet werden. Verweigern sie den Zugang, verstossen sie gegen US-Recht – den Cloud Act. Auch die vollmundigsten Versprechen von US-Unternehmen verpuffen also angesichts dieser Gesetzgebung, die mit dem EU-Recht unvereinbar ist.

Gastkommentar von Tobias Gerlinger, CEO und Managing Director von Owncloud

Die Ankündigung des Programms "EU Data Boundary" vermittelt zudem den Anschein, dass Microsoft sich damit für das europäische Cloud-Infrastruktur-Programm Gaia-X in Stellung bringen will. Allerdings gibt der Anbieter gleichzeitig zu, den Abfluss von Nutzer- und Kundendaten nur minimieren, aber nicht abstellen zu wollen, und das auch erst ab Ende 2022. Damit gibt Microsoft indirekt zu, bis die technischen Voraussetzungen Ende 2022 geschaffen sind, in die USA zu transferieren, wohlgemerkt seit dem Fall des Privacy Shield ohne rechtliche Grundlage. Inwiefern sich die Situation danach ändert, darüber lässt sich jetzt noch keine Aussage treffen. Aber selbst wenn danach der Datenfluss in die USA weniger werden oder sogar ganz versiegen sollte, das wesentliche Problem bleibt, denn so sehr sich Microsoft und Co. an EU-Recht halten wollen, am Ende läuft es immer auf dasselbe hinaus: Amerikanische Unternehmen unterliegen der US-Gesetzgebung. Eine Beteiligung an Gaia-X kann aber nur funktionieren, wenn jedes Mitglied sich komplett an die europäischen Spielregeln hält.

Daher sollte sich der Gaia-X-Verband nicht blenden zu lassen, sondern bei der Umsetzung von Gaia-X konsequent und unverrückbar auf die Einhaltung von EU-Recht pochen. Ein Lösungsansatz wäre zum Beispiel, dass US-amerikanische Anbieter, die sich an Gaia-X beteiligen wollen, dies nur über ein Treuhandmodell tun können, das einen wirksamen Schutz gegen das Zugriffsrecht der US-Regierung auf Basis der amerikanischen Überwachungsgesetze wie dem Cloud Act bietet. In diesem Modell wären die Treuhänder der US-Firmen nicht an US-Gesetze gebunden und könnten die notwendige Daten-Souveränität gewährleisten.



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