Krypto-Währungen: Viele sind von Landeswährungen oder Goldhinterlegungen abhängig, was von den Banken kontrolliert wird (Bild: Pixabay)

Die Schöpfer der Kryptowährung Dai wollen die Abhängigkeit von Banken umgehen, indem sie als Sicherheit keine Landeswährung nutzen, sondern mit Ethereum die nach Bitcoin weltweit zweiwichtigste Cyberdevise. Dies habe den Vorteil, dass die Nutzer, sobald sie einmal Etherum gegen Dollar oder Euro gekauft haben, komplett unabhängig von staatlichen Stellen oder Banken agieren könnten, argumentieren die Dai-Macher.

Nach dem Willen seiner Erfinder, soll der Dai zu einer globalen Volkswährung werden. Denn weltweit sind fast zwei Milliarden Menschen ohne Zugang zum Banksystem. Mithilfe der Kryptowährung können sie jedoch am Geschäftsleben teilhaben.

Eine grosse Hürde auf dem Weg zum virtuellen weltweiten "Volkszahlungsmittel" sind drohende Kursturbulenzen. Hier erscheint die Wahl von Etherum als Sicherheit zunächst als Widerspruch in sich, da dessen Preis ähnlich stark schwankt wie der von Bitcoin. Daher orientiert sich der Dai-Kurs am Dollar, - ein Dai soll zu jeder Zeit einem Dollar entsprechen. Erreichen wollen sie dieses permanente 1:1-Kursverhältnis über verschiedene Korrektur-Mechanismen. Um an Dai zu gelangen, müssen Nutzer zunächst Ethereum auf eine Art öffentlich einsehbares Konto, die sogenannte Collateralized Debt Position (CDP), einzahlen. Zusätzliche Kursstabilität versprechen sich die Dai-Macher davon, dass der Auszahlungsbetrag stets unterhalb der Einzahlung liegt, um einen Sicherheitspuffer gegen Kursveränderungen bei Ethereum zu haben. Weicht der Dai-Kurs stärker vom Dollar ab, wird zudem die Grösse des Puffers in der CDP automatisch angepasst. Fällt also der Kurs, müssen Nutzer mehr Ethereum einzahlen, um dieselbe Menge Dai zu erhalten. Ausserdem kommen Nutzer erst wieder an die in der CDP geparkten Ethereum, wenn sie die dort abgezogenen Dai zuzüglich einer "Stabilitätsgebühr" zurückgezahlt haben.

Alle diese Transaktionen seien in der Blockchain gespeichert, sagt Rune Christensen, Chef des Dai-Anbieters Maker Foundation. "Jeder kann die Bücher in Echtzeit prüfen." Die Blockchain-Technologie bildet die Basis für sämtliche Kryptowährungen. Langfristig will sich die Maker Foundation, die derzeit an der Technologie feilt, sogar überflüssig machen. Das Ziel sei es, das System so weit zu verfeinern, dass keinerlei Überwachung mehr notwendig sei, betont Mariano Conti, Chef der Abteilung Smart Contracts. Als Smart Contracts bezeichnen Experten Programme innerhalb der Blockchain, die unter bestimmten Bedingungen Zahlungen auslösen.

Die Wohltätigkeitsorganisation Oxfam testet Dai bereits im Südsee-Inselstaat Vanuatu, der regelmässig von Naturkatastrophen heimgesucht wird. Die Kryptowährung erlaube es, in solchen Fällen Opfern schneller und direkter Hilfe zukommen zu lassen, sagt Oxfam-Mitarbeiterin Sandra Hart. Im kommenden Jahr solle der Feldversuch ausgeweitet werden.

Auch im krisengebeutelten Argentinien erfreut sich Dai wachsender Beliebtheit. Der Maker Foundation zufolge verdoppelte sich die Zahl der Mitglieder in einem Gruppen-Chat argentinischer Dai-Nutzer im Messaging-Dienst Telegram binnen weniger Wochen auf 450.

Timothy Stranex, Mitgründer der Kryptobörse Luno, warnt allerdings vor Risiken. Durch fehlerhaft programmierte Smart Contracts könnten digitale Münzen gestohlen werden. Die Dai-Macher wollen dieser Gefahr mit einer "Notabschaltung" begegnen. Dabei werden im Falle eines Hacker-Angriffs den Nutzern automatisch ihre Guthaben ausgezahlt.

Auch ist bislang noch unklar, wie die Gesetzgeber auf Dai reagieren. Facebook bläst bei seinem Libra-Projekt zwar heftiger Gegenwind ins Gesicht, zu einer einheitlichen Linie bei anderen Stablecoins konnten sich die Behörden aber bislang nicht durchringen.



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