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Der Marketing-Experte Roger E. Gisi hat mit dem CRM-Finder Schweiz, dem Security-Finder, dem Energie-Finder sowie dem Cloud-Finder und Digitale Schweiz innert kürzester Zeit fünf Experten- und Marktplattformen für Schweizer Anbieter und Anwenderunternehmen entwickelt. ICTkommunikation unterhielt sich mit dem Plattform-Spezialisten über das Thema Cloud-Computing, das sich bei Schweizer Unternehmen mittlerweile in breiter Front und grosser Selbstverständlichkeit einzunisten scheint.

ICTkommunikation: Wenn man sich die Digitalisierung der Unternehmen und den Vormarsch von Cloud- Computing vor Augen hält, - wo halten wir aktuell?

Roger Gisi: Nun, einige Stichworte dazu wären sicherlich Customer Experience, Big Data/ Analytics, Industrie 4.0, Security, Hana, Cloud Governance. In diesem Kontext hat der Technologiemarkt bereits heute die Revolution der „Digitalisierung von Gesellschaft und Wirtschaft“ eingeläutet. Aber die weitere Entwicklung und auch Akzeptanz wird in vielen unterschiedlichen Etappen verlaufen. Und jede dieser Etappen ist in gewisser Hinsicht relativ einseitig und wird seine Besonderheiten haben. Entscheidend dabei ist, dass Cloud-Computing auf Grund seiner eigenenen inneren Dynamik in der Lage ist, revolutionäre Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft vorzunehmen. Und, wenn wir diesen Change aus unterschiedlichen Perspektiven betrachten, wird Cloud-Computing als «Wirtschafts-Relevanz» eine grosse Wirkung zu Gunsten der unternehmerischen Entwicklungen, der Behördenprozesse und und der Schweizer Volkswirtschaft erreichen.

ICTkommunikation: Dann ist Cloud gewissermassen die eigentliche Antriebsfeder für praktisch alle Technologietrends, die man derzeit orten kann?

Roger Gisi: Jedenfalls wird die Vernetzung von Geräten und Maschinen weiter massiv zunehmen. Vernetzte Autos, Computer am Handgelenk, Zahlen per Smartphone, mobile Endgeräte und Apps befinden sich stark im Aufwind, Cloud-Dienste werden vemehrfacht und die Ausgaben für das umfassende Cloud-Ökosystem steigen laufend. Auch Big Data und Analytics werden sich in den nächsten Monaten weiter stark entwickeln. Die Auswertung von Videos, Audios und Bilder beginnt, sich zur wichtigen Triebfeder von Big-Data-Projekten zu entwickeln. Auch wird die Bedeutung der Big-Data-Wertschöpfungskette zunehmen, etwa in Form von Data as a Service. Hier kommen die Angebote der Cloud-Plattform- und Analytics-Dienstleister zum Tragen, die ihren Kunden aufgewertete Informationen aus kommerziellen oder frei verfügbaren Datenquellen bereitstellen.

Daneben sehen etwa die Marktforscher von IDC wichtige Neuerungen bei Analytics im Umfeld des kognitiven/maschinellen Lernens sowie des Internets der Dinge. In der Ära der dritten Plattform ist das Internet der Dinge einer der wichtigsten Innovationstreiber für Wachstum und Expansion des Wertbeitrags der IT.

ICTkommunikation: Wie steht es mit den Schweizer Unternehmen und der Cloud im Jahre 2015?

Roger Gisi: Im Gespräch mit IT-Verantwortlichen in den Unternehmen wie auch beim Umhören bei Providern zeigt sich: An der Cloud kommt kein Unternehmen mehr vorbei. Und auch die Verwaltung hat erkannt, dass die Cloud selbst für Behörden kein Tabu mehr sein sollte, ist dies doch im Aktionsplan 2015 von eGovernment Schweiz explizit so festgeschrieben.

Dass Cloud-Dienste von betriebswirtschaftlichem Vorteil sind, zeigt sich insbesondere bei mittleren und kleineren Unternehmen. Dank IT-Lösungen für KMUs in der Cloud, respektive der Nutzung von Business-Software als Software as a Service-Lösung, können diese Unternehmen mit grösseren Unternehmen gleichziehen. So stehen KMU mit gleich langen Spiessen im Wettbewerb und können ihre traditionellen Trümpfe wie Agilität, Flexibilität und Innovationsfähigkeit noch besser ausspielen.

ICTkommunikation: Wie kann man Cloud-Initiativen im Unternehmen erfolgversprechend steuern?

Roger Gisi: Cloud-Services müssen mithilfe einer zu etablierenden Governance gesteuert werden, um geplante Mehrwerte liefern zu können. Um Cloud-Services im Unternehmen zu bündeln und nachhaltig zentral zu steuern, ist die Implementierung von adäquaten Cloud-Governance-Strukturen unabdingbar. Zu diesen zählen etwa Synchronisierte IT- und Fachbereichsziele und damit klare Zielsetzungen für IT- und Cloud-Lösungen, Nutzenabgleich der Cloud-Services mit den Fachbereichsanforderungen, Nutzung von Skaleneffekten durch Nachfragebündelung der IT-Services, etablierte Prozesse und Fähigkeiten zur Steuerung externer Dienstleister, definierte, Cloud-spezifische SLA zur nachhaltigen Erfüllung der Fachbereichsanforderungen.

ICTkommunikation: Warum ist Cloud-Computing für uns, für die Unternehmen und Organisationen denn so interessant?

Roger Gisi: Cloud-Computing hat sich vom Hype zur alltäglichen Realität gewandelt, die Cloud scheint einfach da zu sein und wird als solche gar nicht mehr wahrgenommen; aber Cloud geht uns alle an, weil uns eben Mobilität, Big Data, Kundenfokussierung, Sicherheitsaspekte wie Datenschutz, Persönlichkeitsrechte, 24-h-Self-Service-Prozesse und alles mit `smart` und `e` den ganzen Tag in irdenwelchen Formen begleiten. Technisch läuft das auf die sogenannte vierte IT-Revolution hinaus und basiert mehr oder weniger auf Cloud-Technologien. Auf der Basis einer in eine `Cloud` auslagelagerte IT-Infrastruktur werden beispielsweise abgelegte Daten, unabhängig vom Endgerät, überall und jederzeit verfügbar. Alle Firmen und Organisationen können heute Cloud-Services nutzen; die Technologie steht für alle offen, egal ob für den Kundenberater, für den Schreiner, für den Steuerberater, den Service-Monteur, den Buchhalter oder für den Firmeninhaber – und dies prozessunabhängig, schnell, agil und in beliebigem Volumen. Dazu kommt die Verhaltensveränderung für den Geschäfts- und Konsumalltag. Immer mehr Nutzer sind ständig erreichbar und kommunizieren nahezu immer. Besonders die Smartphones tragen zu diesem Faktor bei und Cloud-Computing liefert die Grundlagen. Die Nutzer können auf ihre Office-Dokumente, Nachrichten, Kalender, Musik usw. – von jedem beliebigen Endgerät aus zugreifen und ihre Arbeit beziehungsweise ihren Konsum nahtlos fortsetzen.

ICTkommunikation: Wie kann ein Unternehmen eigentlich den richtigen Cloud-Anbieter finden?

Roger Gisi: Die Selektion geschieht nicht anders als bei der Auswahl früherer 'klassischer ITProvider'! Aber – eben – fundiert und seriös angefangen bei den Geschäftsprozessen, deren konkreten Anforderungen bis hin zum exakten Cloud-Service-Management und der Cloud-Governance. Aus der Perspektive Sicherheit sollte bei der Auswahl eines Providers mindestens vorab schon folgende Fragen geklärt werden: Wo liegen die Daten?, Wie werden die Benutzer autorisiert?, Wird die Autorisierung in Echtzeit mit den aktuellen Benutzerrechten abgeglichen?, Gibt es eine strenge Authentisierung?, Werden die Daten beim Cloud-Priovider automatsich verschlüsselt?, Folgt der Cloud-Anbieter den üblichen Stanards? und besitzt er die wichtigen Zertifizierungen, wie ISO 27001 und ISO 27002?

ICTkommunikation: Wie kann ein Unternehmen dann die Dienstleistungen des Cloud-Providers beurteilen

Roger Gisi: Hinweise auf die Qualität der Dienstleistung liefern sicher die Ausformulierungen von einfachen, gut strukturierten SLAs, welche alle wichtigen Details enthalten und für den Kunden leicht verständlich sein sollten. Auch Zertifizierungen der Geschäftsprozesse, Rechenzentren und Mitarbeiter können dem Kunden gegenüber signalisieren, dass in dem Unternehmen qualitativ hochwertig und verlässlich gearbeitet wird.

ICTkommunikation:
Kann man den Nutzen und die Risiken von Cloud-Computing gegeneinander abwägen?

Roger Gisi: Erfahrene Schweizer Unternehmen für Cloud-Governance, wie beispielsweise Glenfis, stellen fest, dass es sich mittlerweile bei vielen entsprechend realisierten Projekten hinsichtlich Risiko und Mehrwert um gut austarierte Cloud-Lösungen vor allem in den Fachbereichen und Geschäftsprozessen handelt, die selbst über alle Industrien und Branchen hinweg einen hohen Standardisierungsgrad aufweisen. Dies senkt die Risiken und erhöht den Nutzen von Geschäftsanwendungen aus der Cloud massiv. Neben den traditionellen IT-Service-«Commodities», wie etwa E-Mail, Document- und Content-Management, sind es vor allem Geschäftsprozesse im Verkauf und Marketing, im HR- und bereits im ERP-Bereich. Den KMU`s werden interessante Alternativen geboten und die Risiken und Kosten einer solchen Migration hin zu Cloud-Angeboten sind überschaubar. Auf Provider-Seite bestehen nunmehr gute Erfahrungen und Standards für Migrationspfade. Zusammengefasst bestehen eindeutig viel mehr Vorteile als Risiken!

ICTkommunikation: Wohin geht die weitere Reise auf und mit der Wolke?

Roger Gisi: Vergleichen wir Cloud mit einem Auto: Das eigene Auto ist die eigene IT-Umgebung. Das Mietauto das klassische IT-Outsourcing. Aber Cloud-Computing ist wie ein Taxi-Service. Man nutzt es bei Bedarf, zahlt eine bestimmte Leistung und muss nichts mehr bezahlen, wenn man aussteigt, also aufhört, es zu benutzen. Und Autos gewissermassen aus der Cloud stellen gewissermassen eine ganz grosse Geschichte dar. Aber Sensoren finden sich auch in Smart-TVs, in Smart-Uhren, Tablets, Smartphones und Haushaltsgeräten bis zum Kühlschrank. Ständig und rund um die Uhr könnten wir mit dem Internet verbunden sein; falls wir das überhaupt zulassen möchten. Schon haben praktisch alle neuen Produkte einen eingebetteten Sensor, der Daten sammelt. Und mit Apple Watch erreicht dieser Trend eine neue Ebene die weit über die Byod-Nutzung der letzten Jahre hinausgeht. Cloud-Computing ist in erster Linie eine Kultur-Form, eben die Cloud-Kultur.

ZUR PERSON:
Roger Eric Gisi ist Founder von SEMPs (Schweizer Experten- und Marktplattformen) zu Themen wie Kundenmanagement, Cloud-Computing, Security und Energie. Der Marketingspezialist ist auch verantwortlich für die Lancierung der „Initiative Digitale Schweiz“.

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Roger Eric Gisi, Founder von SEMPs (Schweizer Experten- und Marktplattformen) (Foto: Karlheinz Pichler)