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In den letzten Wochen ist viel über Smart Metering geschrieben worden. Im Fokus der Berichterstattung stand die Frage, wieviel Energie mit den intelligenten Stromzählern gespart werden kann. Dass die Technologie dabei weniger gut abschnitt, gründet auf Studien, die besagen, dass ein Haushalt lediglich etwa 3 Prozent respektive 30 Franken Energiekosten pro Jahr einspart. Doch ist Smart Metering deshalb tatsächlich ein Flop?

Gastbeitrag von Roland Dähler, Geschäftsführer Optimatik AG, Teufen

Als „Smart Metering“ werden sogenannte „intelligente“ Energiezähler sowie die damit verbundenen Kommunikations-, Schalt- und Software-Systeme bezeichnet. Im Unterschied zu herkömmlichen Zählern verfügen Smart Meter über eine bidirektionale Kommunikation und über zusätzliche Funktionen, wie beispielsweise die Anbindung weiterer Medien (Gas, Wasser). Sie sind in der Lage, verschiedene Informationen wie Verbrauchs- und Produktionswerte an das Energieversorgungs-Unternehmen und den Kunden zu übertragen.

Nutzen von Smart Metering

Wie bereits mehrfach von verschiedenen Unternehmen in Pilotprojekten und Studien untersucht, ermöglichen Smart Metering-Lösungen dem Kunden die Energieverbrauchswerte komfortabel anzuzeigen. Dies kann über ein Internet-Portal, über Displays oder über spezielle APPs auf Smartphones erfolgen. Dadurch erhalten Kunden jederzeit eine Übersicht der aktuellen und der vergangenen Energieverbrauchswerte und Energiekosten. Ebenfalls können diese Werte mit anderen Haushalten verglichen werden. So werden Haushaltskunden motiviert, die Geräte bewusster zu nutzen und den Energieverbrauch zu senken. Leider verlieren solche Systeme mit der Zeit ihren Reiz und sie werden nur noch wenig gebraucht. Es sind deshalb ausgeklügelte Energie-Business-Portale auf dem Markt, welche den Kunden durch verschiedene Anreize regelmässig motivieren, diese Visualisierungsmöglichkeiten zu nutzen. Aus den durchgeführten Studien hat sich ergeben, dass bei Haushaltskunden im Durchschnitt etwa 3 Prozent Strom eingespart werden kann. Dies entspricht etwa einer jährlichen Einsparung von 30 Franken. Es liegt deshalb nahe, dass Energieversorgungs-Unternehmen nicht alleine aus diesem Grund Smart Metering-Lösungen einführen. Denn der wirkliche Nutzen von Smart Metering liegt in einer Kombination verschiedener Funktionen. Drei Beispiele aus der Praxis dazu:

1. Automatisierung des Zählerablese- und Abrechnungsprozesses
Energieversorgungs-Unternehmen fakturieren ihren Haushaltskunden die Energiekosten in der Regel halbjährlich oder jährlich. Um die Verbrauchswerte zu erfassen, werden oft Personen mit mobilen Ablesegeräten ausgerüstet, welche bei den Kundenobjekten die Zählerwerte erfassen und anschliessend zur Verrechnung an das Energieversorgungs-Unternehmen übertragen. Auf Grund dieser Werte erhält der Kunde seine Abrechnung. Dieser sehr aufwändige, kostenintensive und für die Kunden unangenehme Prozess kann mit Smart Metering komplett automatisiert werden. Die smarten Zähler übertragen ihre Verbrauchswerte automatisch an das Energieversorgungs-Unternehmen, was für alle Medien Strom, Gas, Wasser und Wärme möglich ist. Diese Werte können direkt vom Abrechnungs-System importiert, geprüft und für die Verrechnung verwendet werden. Die Kosten dieses Prozesses werden auf ein Minimum gesenkt und die Verrechnung der Energiekosten kann auf Wunsch des Kunden auch monatlich erfolgen. Dadurch hat der Kunde jeden Monat eine Übersicht seiner Energiekosten und das Energieversorgungs-Unternehmen kommt schneller zu seinem Guthaben. Auffallenden Veränderungen der Energiekosten kann der Kunde sofort auf den Grund gehen.

Ebenfalls entfällt durch die Installation von Smart Metern die Installation von Zähler-Aussenkästen. Diese Kosten oder auch eine Kabelverbindung an die Aussenhülle eines Hauses für eine einfachere Zählerablesung übersteigen oft die Kosten für Smart Meter bei weitem.

2. Automatisierung des Inkassos
Auch in der Energiebranche gibt es Kunden, die ihren Zahlungsverpflichtungen nicht pünktlich nachkommen. Solche Kunden werden in der Regel mehrmals gemahnt. Zeigen diese Mahnungen keine Wirkung, schaltet das Energieversorgungs-Unternehmen die Stromversorgung des entsprechenden Objektes aus. Dies ist eine sehr unangenehme und aufwändige Massnahme. Kunden, welche regelmässig ihre Energierechnung nicht bezahlen, werden oft mit teuren, speziellen Prepayment-Zähler-Systemen ausgerüstet. Auch dieser Prozess kann mit Smart Metering weitgehend automatisiert werden. Der Ablauf ist dann wie folgt: Kunden, die ihre Rechnung nicht pünktlich bezahlen, werden gemahnt. Nützt diese Massnahme nichts, wird im Smart Meter die Prepayment-Funktion aktiviert. Der Kunde muss nun eine Vorauszahlung leisten. Den aktuellen Saldo seines Guthabens kann er jederzeit auf dem Zähler, einer APP oder auf dem Internet-Portal nachschauen. Ist das Guthaben unter einem einstellbaren Wert, erhält der Kunde eine Aufforderung für eine Nachzahlung. Beim kompletten Verbrauch des Guthabens wird die Stromzufuhr automatisch ausgeschaltet oder auf einen minimalen Leistungswert begrenzt. Selbstverständlich können Mitarbeiter des Energieversorgungs-Unternehmens die Stromzufuhr jederzeit kurzfristig wieder einschalten. Das Energieversorgungs-Unternehmen optimiert dadurch einen Prozess, welcher durch säumige Kunden sehr teuer ist und oft die Kosten des eigentlichen Stromverbrauchs übersteigt.

3. Automatisierung des Mieterwechsel-Prozesses
Jedes Jahr wechseln über 400.000 Mieter in der Schweiz ihre Wohnung oder ihr Haus. Dies ist für die Vermieter - aber auch für die betroffenen Energieversorgungs-Unternehmen - ein grosser Aufwand. Der klassische Prozessablauf ist in der Regel folgendermassen: der Mieter meldet telefonisch oder über Internet seinen Objektwechsel. Diese Informationen müssen im Kundenverwaltungs-System des Energieversorgungs-Unternehmens mutiert werden. Auf den Zeitpunkt des Auszugs wird dann eine Rechnung erstellt und nach dem Auszug wird allenfalls die Stromzufuhr ausgeschaltet. Zieht der neue Mieter ein, wird diese wieder eingeschaltet. Auch dieser Prozess kann dank Smart Metering komplett automatisiert werden: Der Kunde meldet über ein Energie-Business-Portal oder persönlich seinen Umzug. Das Smart Metering System überträgt automatisch auf den jeweiligen Auszugstermin die Energieverbrauchswerte, worauf direkt die Endabrechnung erzeugt und die Stromzufuhr automatisch abgeschaltet werden kann.

Smart Metering-Lösungen verfügen noch über weitere interessante Funktionen, wie die Möglichkeit der Lastoptimierung oder das Einrichten von verschiedenen zeitvariablen oder dynamischen Preismodellen. Diese Beispiele zeigen, dass der Nutzen von Smart Metering in verschiedenen Bereichen liegt.

Smart Metering ist keine Modeerscheinung und schon gar kein Flop. Smart Metering ist eine normale technische Entwicklung innovativer Hersteller von Metering-Lösungen. Bestellt heute ein Energieversorgungs-Unternehmen neue Zähler, so sind diese in der Regel bereits „smart“. Es geht also nicht um die Frage, ob sich Smart Metering in der Energiebranche durchsetzt oder nicht. Es geht einzig darum, wann dies geschehen wird. Der technologische Wandel durch Innovation macht auch vor Metering-Lösungen nicht Halt und wird künftig weiter fortschreiten. Entscheidend ist, die Gesamtheit der Vorteile zu erkennen und für die entsprechenden Anspruchsgruppen nutzbar zu machen. So kommen heute nur noch Nostalgiker auf die Idee, analoge Telefone mit Wählscheibe zu installieren. Die Energiebranche ist im Wandel. Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass nicht die kleinen Unternehmen damit Mühe haben. Es sind vielmehr jene Unternehmen, welche mit komplizierten Prozessen arbeiten und sich nicht nach den Wünschen und Anforderungen ihrer Kunden ausrichten. Smart Metering kann dazu einiges beitragen: In jedem Fall mehr, als nur 3 Prozent Energieeinsparung; auch wenn diese Einsparung - gesamtschweizerisch betrachtet - dem jährlichen Elektrizitätsumsatz aller Haushaltskunden in der Stadt Zürich entspricht.

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Energiesparen schont die Umwelt (Bild: Fotolia)
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Smart Metering im Alltag (Bild: Landis+Gyr)
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Gastautor Roland Dähler, Geschäftsführer Optimatik AG, Teufen