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Am 19. Mai findet in der Schweiz zum zweiten Male der nationale Home Office Day statt. Er wird von Partnern aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Umwelt getragen und soll Unternehmen, Angestellte sowie Selbständigerwerbende zu einem Umdenken veranlassen.

Der Home Office Day ist ein Aufruf, an diesem Tag und darüber hinaus öfter von zu Hause die Geschäftsaufgaben zu erledigen. In der Schweiz zählen 450.000 Arbeitnehmer zu den sogenannten Wissensarbeitern. Sie haben das Potenzial, einmal pro Woche daheim anstatt im Büro zu arbeiten. Wenn es gelingt, dieses Potential zu nutzen, können jährlich 67.000 Tonnen CO₂ eingespart werden. Pro Arbeitstag zu Hause wird im Schnitt die Pendlerzeit um 40 Minuten reduziert, und diese Zeitersparnis wird von Arbeitnehmern mit einer deutlich besseren Work-Life-Balance verbunden. Auch für Unternehmen machen sich flexible Arbeitsplatzmodelle bezahlt. Schweizweit kann die Produktivität durch Home Office um bis zu 30 Prozent gesteigert werden, führen die Initiatoren ins Spiel. Der durchschnittliche Büroarbeiter werde alle elf Minuten unterbrochen und benötige nach jeder Unterbrechung jeweils acht Minuten, bis er wieder die volle Konzentration erreicht hat.

Die Bahn beispielsweise unterstützt den Home Office Day als Trägerin. Rund 7400 SBB-Mitarbeitende haben ausserhalb des Büros Zugang zu ihrem virtuellen Arbeitsplatz, Tendenz steigend. «Mit modernen, flexiblen Arbeitsformen können wir das Potenzial unserer Mitarbeitenden noch besser nutzen und fördern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf», betont SBB Kommunikationsleiter Stefan Nünlist. «Das macht uns als Arbeitgeberin noch attraktiver, gerade auch für Frauen.» Zudem erhofft sich die SBB von flexibleren Präsenzzeiten eine Dämpfung der Pendlerspitzen. Die Bahn transportiert die Hälfte der Reisenden in einem Viertel der Betriebszeit. «Wenn nur fünf Prozent unserer Passagiere ausserhalb der Pendlerzeiten fahren, können SBB und Bund Hunderte von Millionen Franken sparen», erläuterte Nünlist. Die Kapazität von Infrastruktur und Zügen auf einige wenige Spitzenzeiten auszurichten sei äusserst kostspielig.

Das Beispiel SBB zeige, dass sich Home Office auch für Unternehmen eigne, die verschiedene Berufe unter einem Dach vereinen, erläutern die Auguren. Home Office sei nicht als starrer Ansatz zu verstehen, der über das ganze Unternehmen hinweg umgesetzt werden muss. Im Gegenteil, es sei ein Aufruf, flexibel und somit bedürfnisgerecht verschiedene Arbeitsplatzmöglichkeiten anzubieten. Bei Swisscom etwa arbeiten bereits heute 10.000 Mitarbeitende auf der Basis modernster Technologie ortsungebunden und flexibel. Carsten Schloter, CEO Swisscom, ist überzeugt, dass Arbeiten von zu Hause auch in Zukunft an Bedeutung gewinnen wird und sich zu einem immer wichtigeren Bestandteil des modernen Wirtschafts- und Geschäftslebens entwickelt.

Peter Waser, Country General Manager Microsoft Schweiz und Initiant des Home Office Day, fasst zusammen: «Wir lernen täglich mehr über die Herausforderungen und Chancen von Home Office. Die Technologien sind vorhanden und in den Unternehmen weitgehend angekommen. Was es braucht, ist ein Umdenken, sowohl auf Unternehmensseite als auch bei Mitarbeitenden. Führungskräfte sind gefordert und müssen dezentrale Teams auch ohne Augenkontakt motivieren und lenken. Mitarbeitende auf der anderen Seite entwickeln sich zum Unternehmer im Unternehmen, mehr Selbständigkeit setzt mehr Eigenverantwortung voraus. Unsere Erfahrungen in der Schweiz und weltweit zeigen, dass Mitarbeitende damit kein Problem haben. Im Gegenteil, sie fühlen sich aufgrund des grösseren Freiheitsgrades motivierter und sind folglich auch engagierter.»

Bei 75 Prozent der Familien tragen beide Elternteile zum Haushalteinkommen bei. «Wir wissen aus Studien und eigenen Erfahrungen, dass vermehrt auch Männer den Wunsch haben, flexibel auf die Bedürfnisse ihrer Familien einzugehen. Gleichzeitig will man aber auch eine interessante und anspruchsvolle Tätigkeit ausüben. Flexible Arbeitszeiten und Arbeitsplatzmodelle werden diesem Anspruch gerecht. Unternehmen, die entsprechende Angebote bieten, gewinnen eindeutig an Attraktivität», erläutert Lucrezia Meier-Schatz, Nationalrätin und Geschäftsführerin Pro Familia Schweiz. «Die neu gewonnene Freiheit stellt Mitarbeitende auch vor die Herausforderung, fliessende Grenzen zwischen Freizeit und Arbeit eigenverantwortlich zu handhaben. Nur ausgeruhte Mitarbeitende sind produktive Mitarbeitende.»

Die nächste Generation der Wissensarbeiter, die sogenannte Generation Net, ist mit der Kommunikationstechnologie aufgewachsen und nutzt diese simultan für verschiedene Aufgaben. «Bis 2018 wird diese Generation die grösste Arbeitnehmergruppe sein. Für sie ist mobiles Arbeiten eine Selbstverständlichkeit und kein Bonus», erklärte Prof. Jens O. Meissner, Professor für Organisation, Innovation und Risikomanagement sowie Co-Leiter Masterstudiengang Risk Management Hochschule Luzern. Der bisherige «War for Talent» wird zum «Wettbewerb um vertrauensvolle Beziehungen». Sinnautonomie und Lebensqualität sind insbesondere für die hochkreativen und innovativen Professionals genauso wichtig wie monetäre Entschädigungen. Das Prinzip der unbegrenzten Verfügbarkeit hat bei der Generation Net ausgedient, sie messen ihren Erfolg an ihrer Effektivität für die Organisation – den Austausch pflegen sie ganz selbstverständlich auch in einer virtuellen Welt über die Informations- und Kommunikationstechnologie. Intelligentes Führen über Zielvereinbarungen, generöses Vorschussvertrauen durch die Organisation und flexible Arbeitsplatzmodelle wirken bei diesen Personen positiv auf den psychologischen Vertrag. Somit sind auch das Home Office und das mobile Arbeiten erste wichtige Schritte, um diesen Arbeitskräften der Zukunft ein motivierendes Umfeld zu bieten.

In Unternehmen wie Microsoft, SBB, Swisscom oder PWC, aber auch beim WWF und bei manchen Bundesämtern ist Home Office bereits Bestandteil in einem flexiblen Arbeitsplatzmodell. Im Austausch mit der arbeitenden Bevölkerung, dem Patronat und den Trägern zeigen sich aber immer wieder auch Hürden, die genommen werden müssen. Es sind in den letzten Monaten zahlreiche Anfragen bei den Home-Office-Day-Organisatoren eingegangen. Angefangen bei sozialversicherungsrechtlichen Fragen über Kompensationsansprüche bis hin zu Appellen von Arbeitnehmern, deren Unternehmen Home Office verweigern. Es gibt Rechtsunsicherheiten, die bereinigt werden müssen, und Unternehmenskulturen, die sich trotz internen Widerständen der Veränderung nicht verschliessen können. Es braucht aber auch konsequente Aus- und Weiterbildung bei Mitarbeitenden. Patronat und Träger wollen daher die nächsten zwölf Monate bis zum dritten nationalen Home Office Day nutzen, um auf politischer wie unternehmerischer Ebene und im Aus- und Weiterbildungsbereich weitere wichtige Weichen für Home Office zu stellen, wie sie via Aussendung wissen lassen.

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