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Forschern an der University of Exeter ist ein grosser Schritt in Richtung gehirnähnlichen Computern gelungen. Den Schlüssel dazu bilden Phasenwechselmaterialien (phase-change materials, PCM), die bislang vor allem als Nachfolger für Flash-Speicher gehandelt wurden.

Das Team konnte erstmals nachweisen, dass eine PCM-Zelle gleichzeitig Daten verarbeiten und speichern kann - im Unterschied zu heutigen Computern, bei denen Prozessor und Speicher getrennte Einheiten sind. Zudem können PCM-Zellen quasi als Neuronen und Synapsen fungieren. "Wenn es gelingt, ein hochgradig verschaltetes System solcher Synapsen und Neuronen zu konstruieren, ergäbe das ein einfaches phasenwechsel-basierts 'Gehirn'", meint David Wright, Professor für Elektro- und Computertechnik in Exeter. Sein Team plant bereits eine Konzeptdemonstration, wenngleich vorerst in sehr kleinem Massstab.

Rechnender Speicher

In den letzten Jahren haben Phasenwechselmaterialien nicht zuletzt durch die Arbeit von IBM und Intel einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht - allerdings nur als Speichertechnologie. Wie die Forscher aus Exeter im Journal Advanced Materials berichten, konnten sie zeigen, dass mit PCMs zugleich Berechnungen in den vier Grundrechnungsarten möglich sind. Weiters ist ein Hardware-Neuron aus einer PCM-Zelle zu fertigen und eine auch die Funktion einer Synapse nachzubilden. Das nötige Design ist laut Wright viel einfacher, als das mit Silizium-Technologie möglich wäre.

Interessant ist die Entwicklung deshalb, weil das dem Gehirn viel ähnlichere Computer in Aussicht stellt. Denn das Geflecht aus Neuronen und Synapsen im biologischen Vorbild ist sowohl für biologischen als auch Erinnerung zuständig. Bei bisherigen Computern sind die entsprechenden Funktionen physisch klar getrennt. Der Prozessor führt Berechnungen aus, doch müssen Daten laufend im Arbeitsspeicher oder längerfristig auf der Festplatte abgelegt werden, damit sie der Rechner nicht "vergisst".

Im Prinzip sollten sich mittels PCMs Systeme realisieren lassen, die ähnlich wie das biologische Vorbild lernen und sich anpassen können. "Wir planen in Exeter als nächstes einen sehr kleinen Demonstrator, mit vielleicht zehn bis 100 verbundenen Zellen, für einfache Aufgaben wie Objekterkennung oder das Lösen von Labyrinthen", sagt Wright. Wenn die Arbeit wie geplant verläuft, werden kommendes Jahr die Ergebnisse der Experimente vorliegen. "Einige kleine, spezialisierte 'nuromorphe' Computer mit PCM-Zellen könnten schon in naher Zukunft in Laboren entstehen", so der Wissenschaftler. Bis zu gehirnähnlichen Allzweckcomputer ist der Weg aber wohl noch weit. Für den technologischen Ansatz spricht dabei, dass die PCM-Elemente theoretisch sowohl mit elektrischen als auch optischen Signalen funktionieren - also sowohl in Verbindung mit klassischer Elektronik als auch in künftigen optischen Computern.



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