Logistikexperten der Forschungsstiftung Fraunhofer Austria arbeiten derzeit an der Aufbereitung von Transport- und Handelsdaten, um die Widerstandsfähigkeit der Lieferketten in der Grundversorgung der Bevölkerung während der Corona-Krise zu erhöhen. Derartige Informationen, wann und wie welche Produkte und Warenmengen über die heimischen Geschäfte und somit den Verbraucher erreichen, sind im Normalfall nur dezentral in den jeweiligen Unternehmen verfügbar.

Eine gesamtheitliche wissenschaftliche Analyse unterschiedlicher Szenarien und Risiken ist daher so nicht möglich. Als Unterstützung des Koordinationsstabs des staatlichen Krisen- und Katastrophenschutzmanagements (SKKM) vereinheitlichen die Experten von Fraunhofer Austria alle wesentlichen Logistikdaten der Kooperationspartner und bereiten sie für Berechnungen auf. "Ohne wissenschaftliche Analysen wären wir der Krise blind ausgeliefert. Erst Berechnungen und Simulationen der Lieferketten versetzen uns in die Lage, Risiken in der Logistik zu erkennen und geeignete Maßnahmen zur Sicherung der Grundversorgung abzuleiten," erklärt Wilfried Sihn, TU Wien Institut für Managementwissenschaften und Geschäftsführer von Fraunhofer Austria. "Man muss festhalten, dass die Logistik in Österreich auch trotz der Krise bisher hervorragend funktioniert," fügt Rainer Pascher, Gruppenleiter für Digitale Logistik und Automatisierung bei Fraunhofer Austria, hinzu. "Aber wir müssen dafür sorgen, dass das auch weiterhin so bleibt. Dazu braucht es wissenschaftliche Simulationen, die von unterschiedlichen Szenarien ausgehen. Was im epidemiologischen Bereich bei der Prognose von Erkrankungszahlen und der Krankenhaus-Auslastung schon seit Wochen selbstverständlich ist, muss auch für die Logistik und für unsere Grundversorgung gemacht werden."

So lassen sich verschiedene Szenarien in Simulationen abbilden, wie etwa die Schließung einer Grenze, das Wegfallen von Arbeitskräften durch Erkrankung oder Einreisestopps, Lieferengpässe bei Importen, aber auch erhöhte Nachfrage in bestimmten Produktgruppen. Um Simulationen aber überhaupt erst durchführen zu können, braucht es allerdings Daten – in so guter Qualität und großer Menge wie möglich und zudem in einem einheitlichen Format. Diese Datenbasis zu schaffen, ist aber ein enormer Aufwand. "Da wir in unseren Projekten oft mit Handels- und Logistikunternehmen zusammenarbeiten, wissen wir, dass die Daten von Firma zu Firma anders gepflegt werden. Auch innerhalb eines Unternehmens liegen die Daten oft in unterschiedlichen Formaten vor, da in verschiedenen Bereichen jeweils eine andere Software verwendet wird. Auch die Qualität ist nicht immer gleich," erklärt Philip Ramprecht, der bei Fraunhofer Austria im Bereich Big Data Analytics tätig ist und sich vor allem dem Auffinden von Fehlern in den Datensätzen widmet.

In den nächsten Tagen wollen die Forscher von Fraunhofer Austria verschiedene Handelsunternehmen kontaktieren und in den Wochen darauf einen standardisierten Datenpool erstellen. Parallel dazu arbeiten Forschungspartner bereits an den mathematischen Modellen zur Optimierung der Analysen.